Werke
ich, »und der Segen Gottes bald umschweben, was wir wünschen, wenn wir es verdienen. Ich bitte Sie in diesem Augenblicke, hochverehrte Frau, um die Erlaubnis, zum ersten Male Ihre mütterliche Hand küssen zu dürfen.«
Sie reichte mir ihre weiße, feine und milde Hand, ließ sich aber dieselbe nicht küssen, sondern drückte die meine freundlich, und sah mich mit den großen braunen Augen an, von denen mir Roderer erzählt hatte, daß sie ihn beglückten, und in denen ich Susannas Augen erkannte, die mich beglücken werden.
»Wenn Sie Roderer heißen,« sagte sie, »so ist es gut, die Roderer sind fast immer gut, und Susanna ist sehr gut.«
»Das wußte ich, als ich ihre Augen gesehen hatte,« sagte ich, »und ich werde ewig gut und mild mit ihr sein.«
»Amen«, sagte sie.
Wir sprachen nun von gleichgültigeren Dingen. Susanna setzte sich zu mir, und legte ihre Hand auf die meine. Ich glaubte dann, daß dieser erste feierliche Besuch abzubrechen sei, und erhob mich. Ich verabschiedete mich von Mathilde, von Roderer und Susanna. Roderer geleitete mich zu dem Wagen, der mich wieder an den Lüpfhügel zurückbrachte.
Nun begann ein eigenes Leben. Des frühen Morgens schon malte ich, und malte den größten Teil des Tages mit einem Eifer und mit einem Feuer, die ich früher gar nicht gekannt hatte, alles gelang besser, und oft, oft war es mir schon deutlich, als müsse ich es erfassen können, daß der unnachahmliche Duft und die unerreichbare Farbe der Natur auf meine Leinwand käme. Die Waldspaziergänge waren eingestellt. Wenn es aber Nachmittag wurde, dann legte ich alles weg, kleidete mich um, und ging zu Roderer. Und wenn ich nicht dorthin ging, so ging ich weit und breit spazieren, selbst in Ortschaften hinaus, und saß abends mit ihm am Apfelbaume oder in der Stube des Wirtes.
Die Wirtin sagte zu mir: »Es ist doch gut, daß Ihr mir gefolgt habt. Wäret Ihr auch zu dem Jubelfest nach Lüpfing gegangen, so hättet Ihr Euch sehr erheitert. Es war prachtvoll auf den Wiesen und Stoppelfeldern an dem Wührholze. Der hochgeborne Herr Roderer und seine hochgeborne Frau Gemahlin und Susanna und ihr Bräutigam und andere vornehme junge Leute und Fräulein waren zugegen und ergötzten sich sehr. Ich habe es Euch ja gesagt, daß es Euch in dem Schlosse Firnberg sehr gefallen wird. Jetzt geht Ihr hin. Geht nur auch öfter hinaus, und geht nur auch recht unter die Leute. Ihr seid schon jünger und viel schöner seit der Zeit geworden, und Eure Augen sind ganz lustig. Und wenn Susanna Hochzeit macht, müßt Ihr zugegen sein, müßt fröhlich sein und einen Segen trinken, wenn Euch dann auch der Herr Roderer zu Hause fahren lassen müßte. Einmal ist keinmal. Folgt mir in Zukunft nun in allen Dingen recht ordentlich.«
Ich sagte, daß ich sehr bestrebt sein werde, es zu tun.
Ich kam bei Roderer mit dem Grafen Sternberg und mit anderen jungen Männern zusammen. Was Susanna vorausgesagt hatte, traf ein. Ich behandelte sie, wie in großen Städten sich die besseren Stände behandeln, und sie zeigten mir Ehrerbietung.
Roderer hatte nicht viele, aber außerordentliche Gemälde. Von den besten Niederländern und Italienern war etwas da. Deutsches war noch weniger: alles war von der alten Schule. Ich brachte viele Zeit im Anschauen dieser Dinge zu. In seiner Büchersammlung war das Beste fast aller Sprachen, besonders Dichter. Die Heldendichter waren alle vorhanden. Und so wurde viel und sehr gut vorgelesen. Sein Forstwart las ausgezeichnet; am besten aber immer Herr Roderer selbst. Es dürften da noch Erinnerungen aus seinen Jugendbestrebungen hereingespielt haben. Sehr oft gingen wir in den Liegenschaften und Anstalten herum und betrachteten, was eben geschah. Auch mich besuchten sie zuweilen, und ich zeigte Mathilden und Susannen meine Malereien bereitwillig. Anderen Menschen aber nie. Die Zeit unseres Zusammenseins schien zu entsprechen. Immer schöner wurde Susanna, sie schaute mich immer freundlicher an, und ich liebte sie immer mehr.
So war endlich der Winter gekommen, nachdem uns ein ungewöhnlich langer und schöner Herbst beglückt hatte. Erst acht Tage vor der heiligen Weihnacht fiel der erste Schnee. Er stellte mir das Malen ein. Das große Bild war bis auf die letzten Feilen fertig. Eine unsägliche Zeit und Glut hatte ich in dieses Bild hinein gemalt.
Als harter Schnee auf den Fluren lag, und Schlittenbahn war, verabschiedete ich mich, um nach Wien zu gehen und meinen Eltern genaueren Bericht über meine
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