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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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sagte Dietwin.
    »Und das hast du geheim getan«, sprach der Oheim.
    »Es ist eine grüne Mauer um das Feld, und das Gitter war immer gesperrt, damit die Überraschung gelinge«, sagte der Neffe.
    »Bei mir ist sie dir gelungen«, antwortete der Oheim. »Bei mir auch«, sagte die Tante.
    »Bei allen, bei allen«, riefen fast die sämtlichen Anwesenden.
    Und man konnte der Bewunderung kein Ende finden.
    Dietwin führte die Tante durch alle Gänge, und zeigte ihr und erklärte ihr alle vorzüglichen Blumen. Die Gäste zerstreuten sich, und betrachteten, was jedem der Betrachtung am würdigsten erschien. Es durfte aber keine Blume abgeschnitten werden. Nur der Tante band Dietwin einen Strauß der schönsten Rosen zusammen.
    »Wenn mein schönes Mühmchen Gerlint den einen oder den andern Stamm für ihre Sammlung bedarf und wünscht, so gebiete sie nur darüber«, sagte er.
    »Wenn ich Stämmchen bedarf, so werde ich meinen guten Vetter darum ersuchen«, antwortete Gerlint.
    Außer den Rosen wurde von den Gästen darauf der ganze Garten besehen, dann auch die Wirtschaftsgebäude, selbst nahegelegene Felder, und endlich das Schloß. Große Bewunderung erregten zwei herrlich gebildete schneeweiße Kühe, an denen kein anderes Härchen war, und ein Feld mit so schönem Weizen, wie man noch nie einen in der Gegend gesehen hatte.
    »Ich hoffe, endlich alle meine Rinder in allen Farben in der trefflichsten Zucht und alle meine Getreide so schön und schöner als diesen Weizen hier zu haben«, sagte Dietwin.
    Ein ausgesuchtes Mahl folgte auf die Beschauung, und nach demselben verließen die Gäste das Schloß. Nur die von Biberau und der Oheim blieben über die Nacht in Weidenbach, und fuhren des andern Tages nach Hause.
    Der Sommer verging, wie der vorige vergangen war, und der Winter verging auch so, nur daß in demselben schon die Zuchten des Paares schwarzer Pferde des Oheims und des Paares brauner Pferde des Neffen vor Schlitten wetteifern konnten. Die Tante hatte wirklich aus den Marderfellen nicht früher einen Pelz machen lassen, als bis die Pferde erzogen waren, und nun saß sie in dem untadeligsten weitfaltigen Marderpelze bald in dem Schlitten ihres Bruders, bald in dem ihres Neffen, und der außerordentlichste Pferdekenner hätte nicht unterscheiden können, welchem Paare der Vorzug gebühre, so fein und ebenmäßig und kraftvoll waren die Körper, und so feurig und ehrgeizig und sanft waren die Geister der Tiere. Der Oheim und der Neffe waren so gerecht, selber keinen Unterschied in den Tieren finden zu können; aber jeder suchte die Vorzüge der seinigen, wenn er einen edlen Gast in dem Schlitten hatte, in das rechte Licht zu stellen.
    Bei der nächsten Rosenblüte waren die Rosenwälder Gerlints und Dietwins noch größer geworden, besonders Gerlints; sie hatten sich an Arten und Schönheit vermehrt, aber man konnte, wie bei den Pferden des Oheims und des Neffen, nicht unterscheiden, welchem man den Vorzug geben sollte.
    »Dem muß gesteuert werden,« sagte der Oheim, »wenn es so fortgeht, so sind bald die Gründe von Weidenbach und Biberau ein einziger Rosenstrauch.«
    »Die Grenze wird sich wohl finden«, sagte der Neffe.
    Aber zwei Dinge waren es, in denen Gerlint heuer Dietwin übertraf: in einer eigenen Abteilung des Stalles von Biberau standen zwei Kühe von dem alleredelsten Baue, von milchweißer Farbe, mit rabenschwarzen Köpfen und schwarzen Wedeln, beide ganz gleich, und auf Feldern neben dem Schlosse war Weizen und Korn, so schön, wie es noch nie erlebt worden war, und wie es im vorigen Jahre und heuer bei Dietwin nicht gesehen wurde.
    Die Festlichkeiten und Zusammenkünfte waren wie sonst, und eher noch mehr, und wie sich die Aufmerksamkeiten von jungen Männern gegen Gerlint steigerten, so blieb ihr Anstand gegen jeden derselbe, und ihre Kälte blieb dieselbe. Dietwin ritt jetzt sehr oft nach Biberau, wie er früher gefahren war, und man bemerkte, daß er meistens sehr schnell ritt. Auch an Gerlint bemerkte man, daß ihr Reiten jetzt etwas viel Schnelleres und Hastigeres habe als früher.
    Um diese Zeit näherte sich der junge Graf von Steinheim auf zarte Weise Augusten, und Auguste schien ihm nicht abgeneigt.
    Gegen den Herbst ereignete es sich, daß der Sohn des Herrn vom Schlosse Wengern an seinem rechten Arme verwundet wurde. Er lag eine Zeit im Bette, und trug den Arm dann in der Schlinge. Es hieß, daß er sich mit seinem eigenen Gewehre, als er in dem Walde ging, verwundet habe. Allein es

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