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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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»ich bin von meiner Heimat aus zu dir geritten.«
    »Zu mir?« fragte der Herzog.
    »Ja«, sagte Dimut, »in dem Walde im Mittage des Landes steht in einem gereuteten Tale ein Turm, in welchem mein Bruder Rowno herrscht. Er ist der Wladyk seines Stammes, und sein Stamm wohnt um ihn. Ich bin in dem Turme. Als noch der Schnee lag, kam die Kunde, daß reiche und mächtige Herren und Fürsten wider dich in Waffen wären, und das Land Böhmen nehmen wollen. Da beschloß Rowno, und es beschlossen Leute aus unserer Zupe, auszuziehen, um zu sehen, was sich ergäbe. Ich sagte damals: ihr werdet alle ins Feld gehen, die ihr könnt, ihr werdet ergründen, wo das Recht ist, und dafür mit euerm Leben streiten, und, wenn es sein muß, sterben. Ich will tun, was ein Weib vermag. Das Rechte muß geschehen, wie es auf Erden und im Himmel gilt. So sagte ich, und Rowno und Osel und Diet von Wettern und Witiko zogen fort. Und darauf meldete Rowno, daß das Recht bei dir sei, daß die reichen Herren noch reicher werden und noch mehr Zupaneien haben wollen, und daß du die kleineren Männer gegen sie schützest. Und weil die Knaben des Waldes auf Kundschaft liefen, brachten sie die Nachricht, daß eine große Schlacht gewesen sei, in der Herren und Fürsten und niedere Männer und Knechte erschlagen worden sind, und weil ich solche Dinge, so lange ich lebe, nicht gehört habe, so konnte ich nicht mehr bleiben, ich nahm die vier Männer, und ritt fort, und da erfuhren wir, daß die Schlacht erst jetzt gewesen ist, daß du nach Prag gezogen bist, und da ritt ich nach Prag zu dir.«
    »Wenn alles so ist, schöne Jungfrau, ich muß dich wieder schön nennen«, antwortete der Herzog, »was ist in Prag bei mir dein Begehren?«
    »Zu sehen, wie die Sache ist«, antwortete Dimut.
    »Nun, so siehe, wie die Sache ist«, erwiderte der Herzog; »aber beeile dich, es könnte bald alles anders werden, und wenn draußen Gefahr ist, könnten wir dir kein großes Rückgeleite geben, weil wir die Männer brauchen.«
    »Dann würde ich ja nur wissen, wie die Sache jetzt ist, nicht wie sie immer wieder ist«, entgegnete Dimut.
    »Und das willst du wissen, Dimut?« fragte der Herzog.
    »Ja, hoher Herr«, antwortete Dimut.
    »Was sagt meine erlauchte Herzogin dazu?« fragte der Herzog.
    »Lasse das Mädchen heute abends zu mir in meinen Hof kommen, damit ich mit ihm spreche«, antwortete die Herzogin.
    »So machet die Sache nach Euerm Sinne in das Reine«, sagte der Herzog, »die Jungfrau wird uns von unsern Vorräten hier wenig wegzehren. Aber Rownos Wille muß gehört werden, und seinen Rechten muß Genüge geschehen.«
    »Wenn das Gespräch zu Ende ist«, sagte Dimut, »so werde ich jetzt mit meinem Bruder reden.«
    »Es ist zu Ende«, sprach der Herzog, »rede mit ihm.«
    »Ich aber rede nicht mit ihr«, rief Rowno von seinem Platze, »ich bitte den erlauchten Herzog um ein Wort meiner Stimme zu ihm.«
    »Du hast jederzeit die Erlaubnis, mit mir zu reden«, sagte der Herzog.
    »Hoher Herr«, rief Rowno, »ich bin kein Krieger deiner Zupe Daudleb, was wir gegen die Zupanei schuldig sind, haben wir erfüllt, und Lubomir ist mit allen Zupenkriegern zu dir gegangen, ich bin ein freier Mann in Rowna, dem Eigen unserer Sippen, ich bin freiwillig mit den Rownakriegern in die Schlacht auf dem Berge Wysoka gegangen, bin dir freiwillig nach Prag gefolgt, und bleibe freiwillig bei dir. Ich bitte dich, erlauchter Herzog, um die Vergunst, daß ich vor der ganzen Versammlung reden darf.«
    »Wenn es notwendig ist, so rede«, sagte der Herzog.
    »Du wirst selber sehen, daß es notwendig war, wenn ich gesprochen habe«, entgegnete Rowno.
    »So komme hervor, und sprich«, sagte der Herzog.
    Rowno ließ seinem Pferde den Stachel spüren, es setzte sich in Bewegung, die Männer machten eine Gasse, und er ritt durch dieselbe vorwärts bis zu dem Herzoge. Dort stellte er sich den vier Männern gegenüber, die mit Dimut gekommen waren. Er war wie einer von ihnen. Er hatte wie sie ein dunkelwollenes weites gegürtetes Gewand an, trug ein Schwert, und hatte auf dem Haupte eine rauhe Wolfshaube. Er richtete sich aber hoch empor, sah die Männer an, und rief mit lauter Stimme: »Du, Wentimir, und du, Dis, und du, Menes, und du, Walchun, reitet ungesäumt über diesen Berg hinab, und reitet ohne einen andern Aufenthalt fort, als zu eurer und eurer Pferde Erquickung notwendig ist, reitet immer fort, bis ihr in Rowna angekommen seid. Dort stellt euch unter die Herrschaft Bustins,

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