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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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da ich sie rief. Du bist gekommen. Diepold, ich bitte dich, gehe zu dem Heiligen Vater, tue Buße, leiste Genugtuung, und löse dich von dem Banne. Du bist mein geliebter Bruder.«
    Der Herzog öffnete die Arme, Diepold auch, die Brüder umfaßten sich.
    Die Herzogin ging hinzu, und küßte Diepold auf die Stirne.
    »Ja, ich gehe nach Rom und nach Viterbo, und werde Buße tun und Genugtuung leisten«, sagte Diepold. »Es ist so der Ehre gemäß.«
    »So ist es«, antwortete Wladislaw.
    Und so ging Diepold von Prag fort, und dann zu dem Heiligen Vater nach Viterbo, und dann nach Rom, tat Buße, leistete Genugtuung, wurde des Bannes ledig, und kam wieder nach Prag zurück.
    Gegen die Sommerszeit ritt ein Eilbote von Mähren gegen Prag zu dem Herzoge Wladislaw. Als er zu dem Herzoge kam, sagte er: »Ich komme von Brünn, der Herzog Wratislaw ist schwer krank, er bittet dich, hocherlauchter Herzog, wenn du einst vom Himmel Gnade hoffest, daß du ihm Gnade gebest, und an sein Sterbebette kommest, damit er an dir Buße tue, und die letzte Verzeihung erlange. Er hat auch den hochehrwürdigen Bischof Zdik um die Erbarmnis bitten lassen.«
    Der Herzog gewährte das Verlangen Wratislaws. Er zog nach Brünn, und kam mit dem Bischof Zdik an das Krankenbette des Herzogs.
    Wratislaw streckte einen Arm empor, und rief matt und schwer verständlich: »Nehmt Stühle.«
    Wladislaw und Zdik taten es.
    Dann sprach er mit ungelenker Zunge: »Guido hat recht gesagt. Ich wäre nicht zu Grunde gegangen und in die Erde versunken. Aber ich habe wieder gesündigt, und da ist der Zornesengel auf dieser Welt über mich gekommen. Mich hat der Schlag gerührt, und eine Hand und ein Fuß sind fremd. Er ist gekommen, der rächet. Wladislaw, du gerechter Mann, Zdik, du heiliger Mann, schützet mich.«
    »Denke an die Reue«, sagte Zdik, »und Gott schützt dich.«
    »Denke an Genugtuung, und der Bann wird von dir weichen«, sagte der Herzog.
    »Ich wollte, daß er verbrenne«, sprach Wratislaw, »ich wollte, daß er erschlagen werde. Der andere Fuß wird auch fremd werden, und das Haupt auch, und dann werde ich ewig verdammt sein. Guido hat es gesagt.«
    »Wratislaw«, sagte Zdik, »und wenn du mich wirklich erschlagen hättest, und ich könnte in der andern Welt bei dem allmächtigen Gotte für dich bitten, so würde ich es deiner Reue willen tun, und ich würde dir vergeben, so wie ich hier an deinem Bette Gott für dich bitte, dir verzeihe, und bei dem Heiligen Vater für dich bitten werde.«
    »Daß der Bann geht, ehe ich verdammt werde«, sagte Wratislaw.
    »Daß er sogleich geht«, antwortete Zdik.
    »So tue es, so tue es«, sagte Wratislaw, »nehmt Genugtuung, Genugtuung.«
    »Ich schreibe sogleich an dieser Stelle auf dem Pergamente und mit den Werkzeugen eines meiner Männer«, sagte Zdik, »und sende Boten an den Heiligen Vater.«
    »Tue es«, sprach Wratislaw.
    Und Zdik rief einen Mann herein, und ließ sich aus einer ledernen Tasche ein Pergament und Schreibgeräte reichen. Und er setzte sich an einen Tisch und begann zu schreiben.
    »Hast du deine Hand für mich?« fragte Wratislaw den Herzog.
    Der Herzog reichte ihm die rechte Hand, und er tastete mit einer seiner Hände darnach.
    Dann hob er den Arm dieser Hand auf, und lallte: »Ich habe dich in der Schlacht töten wollen, ich habe dich ermorden wollen. Rette mich.«
    »Ich rette dich«, sagte Wladislaw. »Ich bitte Gott für dich, ich verzeihe dir, gib Genugtuung.«
    »Es ist alles fremd«, sagte Wratislaw, »ich kann es nicht mehr in Gebrauch setzen, nehmt Genugtuung, nehmt alle Genugtuung.«
    »Wir werden dir helfen«, sagte Wladislaw.
    »Wir helfen dir«, rief Zdik.
    Wratislaw sprach nicht mehr. Und nach einer Zeit verließen die Männer das Krankenbett.
    Zdik sendete die Botschaft an den Heiligen Vater, und Wratislaw wurde von dem Banne erlöset. Er starb aber nicht, sondern genas, und wurde seiner Glieder wieder mächtig.
    Jetzt forderten Wladislaw und Zdik Konrad auf, Buße zu tun, und Genugtuung zu leisten.
    Konrad verweigerte es.
    Es waren Priester in seinem Gebiete, welche den Gottesdienst verrichteten, und er beharrte im Widerstande gegen den Herzog und gegen den Papst.
    Da rief Wladislaw seine Männer auf, die in Bereitschaft waren. Sie kamen in allen Richtungen herbei. Von dem Walde im Mittage kam Witiko mit mehr Leuten, als in dem mährischen Kriege bei ihm gewesen waren. Auch der alte Bolemil kam noch, und alle die jungen Krieger und die jungen Führer ritten in Eile

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