Werke
Beide konnten nicht anders als miteinander entstehen – Wenn nicht gar die bürgerliche Gesellschaft nur ein Sprößling der Freimäurerei ist. Denn die Flamme im Brennpunkte, ist auch Ausfluß der Sonne.
Ernst
. Auch mir schimmert das so vor –
Falk
. Es sei aber Mutter und Tochter, oder Schwester und Schwester; ihr beiderseitiges Schicksal hat immer wechselseitig in einander gewürkt. Wie sich die bürgerliche Gesellschaft befand, befand sich aller Orten auch die Freimäurerei, und so umgekehrt. Es war immer das sicherste Kennzeichen einer gesunden, nervösen Staatsverfassung, wenn sie die Freimäurerei neben sich blühen ließ; so wie es noch jetzt das ohnfehlbare Merkmal eines schwachen, furchtsamen Staats ist, wenn er das nicht öffentlich dulden will, was er in Geheim doch dulden muß, er mag wollen oder nicht.
Ernst
. Zu verstehen: die Freimäurerei!
Falk
. Sicherlich! – Denn die beruht im Grunde nicht auf äußerlichen Verbindungen, die so leicht in bürgerliche Anordnungen ausarten; sondern auf dem gemeinschaftlichen Gefühl sympathisierender Geister.
Ernst
. Und wer unterfängt sich dem zu gebieten?
Falk
. Indes hat freilich die Freimäurerei immer und aller Orten sich nach der bürgerlichen Gesellschaft schmiegen und biegen müssen, denn diese war stets die stärkere. So mancherlei die bürgerliche Gesellschaft gewesen, so mancherlei Formen hat auch die Freimäurerei anzunehmen sich nicht entbrechen können, und hatte jede neue Form, wie natürlich, ihren neuen Namen. Wie kannst Du glauben, daß der Name Freimäurerei älter sein werde, als diejenige herrschende Denkungsart der Staaten, nach der sie genau abgewogen worden?
Ernst
. Und welches ist diese herrschende Denkungsart?
Falk
. Das bleibt Deiner eigenen Nachforschung überlassen – Genug, wenn ich Dir sage, daß der Name Freimäurer, ein Glied unserer geheimen Verbrüderung anzuzeigen, vor dem Anfange dieses laufenden Jahrhunderts nie gehört worden. Er kömmt zuverlässig vor dieser Zeit in keinem gedruckten Buche vor, und den will ich sehen, der mir ihn auch nur in einer geschriebenen älteren Urkunde zeigen will.
Ernst
. Das heißt: den deutschen Namen.
Falk
. Nein, nein! auch das ursprüngliche Free- Mason, so wie alle darnach gemodelte Übersetzungen, in welcher Sprache es auch sein mag.
Ernst
. Nicht doch! – Besinne Dich – In keinem gedruckten Buche vor dem Anfange des laufenden Jahrhunderts? In keinem?
Falk
. In keinem.
Ernst
. Gleichwohl habe ich selbst –
Falk
. So? – Ist auch Dir von dem Staube etwas in die Augen geflogen, den man um sich zu werfen noch nicht aufhört?
Ernst
. Aber doch die Stelle in –
Falk
. In der Londinopolis? Nicht wahr? – Staub!
Ernst
. Und die Parlaments-Akte unter Heinrich dem sechsten?
Falk
. Staub!
Ernst
. Und die großen Privilegia, die Karl der elfte, König von Schweden, der Loge von Gothenburg erteilte?
Falk
. Staub!
Ernst
. Und Locke?
Falk
. Was für eine Locke?
Ernst
. Der Philosoph – Sein Schreiben an den Grafen von Pembrock; seine Anmerkungen über ein Verhör, von Heinrich des sechsten eigener Hand geschrieben?
Falk
. Das muß ja wohl ein ganz neuer Fund sein; den kenne ich nicht – Aber wieder Heinrich der Sechste? – Staub! und nichts als Staub!
Ernst
. Nimmermehr!
Falk
. Weißt Du einen gelinderen Namen für Wort- Verdrehungen, für untergeschobene Urkunden?
Ernst
. Und das hätten sie so lange vor den Augen der Welt ungerügt treiben dürfen?
Falk
. Warum nicht? der Klugen sind viel zu wenig, als daß sie allen Geckereien, gleich bei ihrem Entstehen, widersprechen könnten. Genug, daß bei ihnen keine Verjährung Statt findet – Freilich wäre es besser, wenn man vor dem Publico ganz und gar keine Geckereien unternähme. Denn gerade die Verächtlichste kann eben dadurch, daß sie die verächtlichste ist, daß sich niemand die Mühe nimmt, sich ihr entgegen zu stellen, mit dem Laufe der Zeit das Ansehn einer sehr ernsthaften, heiligen Sache gewinnen. Da heißt es dann über tausend Jahren: »würde man das so in die Welt haben schreiben dürfen, wenn es nicht wahr gewesen wäre? Man hat diesen glaubwürdigen Männern damals nicht widersprochen, und ihr wollt ihnen jetzt widersprechen?«
Ernst
. O Geschichte! O Geschichte! Was bist du?
Falk
. Andersons kahle Rhapsodie, in welcher die Historie der Baukunst für die Historie des Ordens untergeschoben wird, mögte noch hingehen! Für einmal, und für damals mögte das gut sein – Dazu war die Gaukelei so
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