Werke
Auftritt
Lisette . Leander.
Lisette
. Ein klein bißgen eher, so hätten Sie ihn angetroffen.
Leander
. So? Ist Damon schon hier gewesen?
Lisette
. Ja. Und er wird auch gleich wieder da sein. Sie sollen sich nur ein klein wenig gedulden. Herr Leander, wie sehen Sie mir denn aber heute einmal so verdrießlich aus? Ach! das Gesichte steht einem Freier gar nicht! Pfui! fein munter! hübsch lustig!
Leander
. Wer so viel Ursache zum Verdrusse hat, wie ich – – – –
Lisette
. Ach! ach! Reden Sie doch. Sie mögen wohl viel auf dem Herzen haben, das Sie bekümmert. Ich merke zwar bald, was es sein kann? Hui! daß Sie die Liebe quält. Sind Sie es einmal satt, sie der Freundschaft nachzusetzen. O Sie täten nicht mehr, als billig. Frisch gewagt! Schade auf einen Freund. Halten Sie bei meiner Frau wieder aufs neue an. Ich gebe Ihnen mein Wort, Sie bekommen sie weg. Wenn Sie aber noch länger tändeln, so bin ich Ihnen für nichts gut. Wählen kann meine Frau nicht. Wenn nicht bald einer von beiden kömmt, und sie so holt, so hat sie alles schon dem blinden Zufalle überlassen. Wer von Ihnen bei dem Handel nach Ostindien am glücklichsten wird gewesen sein, dem will sie Hand, Herz und Vermögen schenken – – – Was fehlt Ihnen? – – Was fehlt Ihnen? – –
Leander
. Lisette, um des Himmels willen, dem Glücklichsten? Nun ist mein Unglück vollkommen.
Lisette
. Vollkommen? Was will das sagen? Erklären Sie sich.
Leander
. Wohl, ich will mich Euch vertrauen. Wisset denn, daß ich nur gestern Abends Briefe erhalten habe, daß mein Schiff in einem Sturme verunglücket sei. Grausamer Himmel! so war es nicht genug, mir mein Vermögen zu nehmen, du mußtest mir auch noch den Gegenstand meiner so zärtlichen Liebe entreißen?
Lisette
. Jener schimpfte auf meine Frau, und der schimpft auf den Himmel. Und beide sind wohl unschuldig. Herr Leander, Ihr Unglück geht mir nahe. Ich will es Ihnen schon glauben, daß es einem Verdruß genug verursachen muß, wenn man sein Vermögen verliert. Ich habe diese traurige Erfahrung noch nicht machen können; denn, Gott sei Dank, ich habe keins. Wenn aber der Verdruß, Reichtümer zu verlieren, so groß ist, als die Begierde, sie zu gewinnen, so muß er unerträglich sein. Ich gesteh es. Aber auf den andern Punkt zu kommen. Den Gegenstand Ihrer so zärtlichen Liebe – – Sie meinen doch meine Frau – – nicht? hören Sie nur – – um den haben Sie sich selbst gebracht. Doch wenn Sie mir folgen wollen, Herr Leander, so verloren als er scheint, so ist er doch noch nicht ganz verloren.
Leander
. O ich bitte Euch, redet frei. Ich will Euch in allem folgen, was mir nützlich sein kann.
Lisette
. Aber ich zweifle, daß Sie es tun werden.
Leander
. Zweifelt nicht, ich bitte Euch.
Lisette
. Ich kenne Ihre Hartnäckigkeit allzu wohl. Sie sind von den erhabenen Begriffen der Freundschaft zu sehr eingenommen. Damon, Ihr liebster Freund auf der Welt, das kostbarste Geschenk des Himmels, ohne welches Ihnen alle Güter, alle Ehre, alles Vergnügen, nur verachtungswert, nur eitel, nur unschmackhaft vorkommen würden, Damon, Ihr andres Ich, dessen Glück Ihr Glück, dessen Unglück Ihr Unglück ist; Damon, der edle Damon, der – – – –
Leander
. Ja, allerdings Lisette. Du wirst ihn nie genug loben können. Der ist noch der einzige, der mir mein Unglück wird tragen helfen. Ich habe allezeit die vorteilhaftesten Gedanken und die zärtlichsten Empfindungen für ihn gehabt. Ich zweifle nicht, er wird itzo zeigen, wie würdig er meiner Freundschaft sei. Hätte er sein Vermögen verloren, so würde das meinige das seinige gewesen sein. Ich würde die Hand der liebenswürdigsten Person seinetwegen ausschlagen. Damon, ja Damon – – – – o hätte er mein Herz – – – – Aber, aber – – ich weiß, das wahre Zärtliche in der Freundschaft hat er nie recht empfinden wollen – –
Lisette
. Ja, Herr Leander, wenn Sie glücklich sein wollen, so müssen Sie diesen Damon einige Zeit aus den Augen setzen. Erschrecken Sie über diesen Vorschlag nicht.
Leander
. Wie versteht Ihr das?
Lisette
. Nun, ich sehe doch, daß Sie mit einem ziemlich unerschrocknen Gesichte meine Erklärungen verlangen. Befürchten Sie nur nichts, ich rate Ihnen keine Verräterei an Ihrem Freunde. Weder er wird Ihnen, noch Sie werden sich selbst dabei was vorzuwerfen haben. Kurz, gehen Sie zu meiner Frau. Tun Sie ihr eine aufrichtige Liebeserklärung. Versichern Sie sie, daß sie Damon nicht mehr
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