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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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liebte. Wenn es sein muß, nehmen Sie noch ein Paar Notlügen dazu, wodurch er ihr desto gehässiger wird. Sie werden sehen, es wird alles gut gehen.
    Leander
. Wenn sie aber nun darauf beruht, erst abzuwarten, wer am glücklichsten bei dem bewußten Handel gewesen, so wird mich ja alles nichts helfen.
    Lisette
. Hui! ist das der standhafte Freund? So leicht läßt er sich bereden? – – – Herr Leander, darauf wird sie wohl schwerlich bestehen. Doch gesetzt. Es schadet uns nichts. Wissen Sie was? Ich weiß, daß Sie und Herr Damon einige mal Lust hatten, mit Ihren Kapitalen zu tauschen. Sie sind von gleicher Summe. Ich dächte, Sie versuchten den Herrn Damon noch dazu zu bereden. Er weiß doch noch nichts, daß Ihr Schiff soll unglücklich gewesen sein?
    Leander
. Nein.
    Lisette
. Nun, sehen Sie, so geht es vollkommen gut an. Versuchen Sie sein Kapital zu bekommen, und treten Sie ihm das Ihrige mit allem Wucher ab. Sie können es leicht tun; und werden auch leicht eine scheinbare Ursache dazu ausfündig machen können. Wie, wenn Sie zu ihm sagten? Liebster Damon, die Freundschaft hat uns genau genug verbunden. Wie wär es aber, wenn wir auch unsre Glücksgüter dazu anwendeten, daß einer dem andern noch mehr verbunden würde? Lassen Sie uns derohalben einen Tausch mit den bewußten Geldern, die wir in die ostindische Handlung gegeben haben, treffen. Haben sich die Ihrigen mehr verinteressiert, als die meinigen, so werde ich Ihnen alsdenn einen Teil meines Vermögens zu danken haben. Sollten die meinigen mehr gewuchert haben, so werde ich das Vergnügen haben, dasjenige in Ihren Händen zu sehen, was das Glück mir eigentlich beschieden hatte. Und werden wir dadurch nicht desto mehr verpflichtet werden, einer dem andern mit seinem Vermögen, bei vorfallender Notwendigkeit, beizustehen?
    Leander
. Euer Rat ist gut. Und auch der Vorwand scheinet mir scheinbar genug zu sein. Aber ich besorge, mein Freund möchte einmal einen Verdacht auf mich werfen. Drum möchte ich selbst ihm diesen Vorschlag nicht gern tun. Könntet Ihr nicht etwa Eure Frau auf den Einfall bringen? Wenn diese täte, als ob sie es gern sähe, – – so – – –
    Lisette
. Ich verstehe Sie. Ich verstehe Sie. Verlassen Sie sich auf mich, und machen Sie nur, daß Sie bald zu meiner Frau kommen.
    Leander
. So bald als ich mit meinem Freunde werde gesprochen haben. Gott ist mein Zeuge, daß ich bei allem dem redliche Absichten habe. Ich weiß es gewiß, mein Freund würde, wenn ich mein Vermögen verlöre, nicht großmütig genug sein können, die Pflichten, die er mir alsdenn, vermöge unsers Bundes, schuldig wäre, auszuüben. Ich will ihn derohalben von dem gewissen Schimpfe, von der Nachwelt ein ungetreuer Freund genennet zu werden, befreien. Meiner Seits aber will ich ihm zeigen, daß meine Reden vollkommen mit meinen Taten übereinstimmen. Er soll die Hälfte meines Vermögens haben. – – –
    Lisette
. In Ansehung dessen, daß ihm von Rechts wegen das ganze gehöret – – Das ist ein aufrichtiger Freund!
    Leander
. Ich will alles anwenden, ihm wieder aufzuhelfen. Vielleicht ist er ein andermal glücklich. Vielleicht – – –
    Lisette
. St! St! Herr Damon kömmt ohne Zweifel wieder. Ich will gehen. Er möchte denken, wer weiß was wir mit einander zu reden gehabt hätten. Ich geh zu meiner Frau. Kommen Sie bald nach. – – – – Nun, das hätte ich mir nicht vermutet.
    { ‡ }
Fünfter Auftritt
    Leander. Damon.
    Leander
. Ich darf ihm also nichts von meinem Unglücke sagen; weswegen ich ihn doch herbestellet hatte. – – – Was werde ich also mit ihm zu reden haben? – – Es wird sich schon geben.
    Damon
. O wertester Leander, verzeihen Sie mir, daß Sie auf mich haben warten müssen.
    Leander
. Ich Ihnen verzeihen? Womit haben Sie mich beleidiget? Legen Sie doch endlich einmal, allerliebster Freund, das mir so nachteilige Vorurteil ab, daß Sie im Stande wären, mich zu beleidigen. Ein Freund wird über den andern nie verdrießlich. Der Pöbel, dem die süße Vereinigung der Gemüter unbekannt ist, und ewig zu seinem unersetzlichen Schaden, unbekannt bleiben wird, der Pöbel, die Schande des menschlichen Geschlechts, mag untereinander zürnen. Die Freundschaft bewaffnet eine edle Seele mit einer unüberwindlichen Sanftmut. Was ihr Freund tut, was von ihrem Freunde kömmt, ist ihr billig und angenehm. Die Beleidigungen werden nur durch die bösen Absichten dessen, der beleidiget, und durch die Empfindlichkeit dessen, der

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