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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Majestät? –
    Die Königin
. O, ganz gewiß! – Sage ihm – Es ist kein Zweifel mehr! – Geh, unterhalte ihn einen Augenblick, – Weh mir! Bis ich selbst zu ihm herauskomme. Geh, laß mich!
    Blanca
, Was ist das? – Ich gehe.
    Essex
. Blanca ist weg. Ich kann nun wieder fortfahren, –
    Die Königin
. Ha, Eifersucht!
    Essex
. Mich zu erklären. – Was ich wage, wage ich auf ihre eigene Überredung.
    Die Königin
. Mein Geschenk in fremden Händen! Bei Gott! – Aber ich muß mich schämen, daß eine Leidenschaft so viel über mich vermag!
    Essex
. Wenn denn also, – wie Ihre Majestät gesagt, – und wie ich einräumen muß, – das Glück, welches man durch Furcht erkauft, – sehr teuer zu stehen kömmt; – wenn man viel edler stirbt: – so will auch ich, –
    Die Königin
. Warum sagen Sie das, Graf?
    Essex
. Weil ich hoffe, daß, wann ich – Warum fürchte ich mich noch? – wann ich Ihro Majestät meine Leidenschaft bekennte, – daß einige Liebe –
    Die Königin
. Was sagen Sie da, Graf? An mich richtet sich das? Wie? Tor! Unsinniger! Kennen Sie mich auch? Wissen Sie, wer ich bin? Und wer Sie sind? Ich muß glauben, daß Sie den Verstand verloren. –
    Und so fahren Ihro Majestät fort, den armen Grafen auszufenstern, daß es eine Art hat! Sie fragt ihn, ob er nicht wisse, wie weit der Himmel über alle menschliche Erfrechungen erhaben sei? Ob er nicht wisse, daß der Sturmwind, der in den Olymp dringen wolle, auf halbem Wege zurückbrausen müsse? Ob er nicht wisse, daß die Dünste, welche sich zur Sonne erhieben, von ihren Strahlen zerstreuet würden? – Wer vom Himmel gefallen zu sein glaubt, ist Essex. Er zieht sich beschämt zurück, und bittet um Verzeihung. Die Königin befiehlt ihm, ihr Angesicht zu meiden, nie ihren Palast wieder zu betreten, und sich glücklich zu schätzen, daß sie ihm den Kopf lasse, in welchem sich so eitle Gedanken erzeugen können. (92) Er entfernt sich; und die Königin geht gleichfalls ab, nicht ohne uns merken zu lassen, wie wenig ihr Herz mit ihren Reden übereinstimme.
    Blanca und der Herzog kommen an ihrer Statt, die Bühne zu füllen. Blanca hat dem Herzoge es frei gestanden, auf welchem Fuße sie mit dem Grafen stehe; daß er notwendig ihr Gemahl werden müsse, oder ihre Ehre sei verloren. Der Herzog faßt den Entschluß, den er wohl fassen muß; er will sich seiner Liebe entschlagen: und ihr Vertrauen zu vergelten, verspricht er sogar, sich bei der Königin ihrer anzunehmen, wenn sie ihr die Verbindlichkeit, die der Graf gegen sie habe, entdecken wolle.
    Die Königin kömmt bald, in tiefen Gedanken, wieder zurück. Sie ist mit sich selbst im Streit, ob der Graf auch wohl so schuldig sei, als er scheine. Vielleicht, daß es eine andere Schärpe war, die der ihrigen nur so ähnlich ist. – Der Herzog tritt sie an. Er sagt, er komme, sie um eine Gnade zu bitten, um welche sie auch zugleich Blanca bitte. Blanca werde sich näher darüber erklären; er wolle sie zusammen allein lassen: und so läßt er sie.
    Die Königin wird neugierig, und Blanca verwirrt. Endlich entschließt sich Blanca, zu reden. Sie will nicht länger von dem veränderlichen Willen eines Mannes abhangen; sie will es seiner Rechtschaffenheit nicht länger anheim stellen, was sie durch Gewalt erhalten kann. Sie flehet die Elisabeth um Mitleid an: die Elisabeth, die Frau; nicht die Königin. Denn da sie eine Schwachheit ihres Geschlechts bekennen müsse: so suche sie in ihr nicht die Königin, sondern nur die Frau. (93)
    { ‡ }
Fünf und sechzigstes Stück
    Den 15ten Dezember, 1767
    Du? mir eine Schwachheit? fragt die Königin.
    Blanca
. Schmeicheleien, Seufzer, Liebkosungen, und besonders Tränen, sind vermögend, auch die reinste Tugend zu untergraben. Wie teuer kömmt mir diese Erfahrung zu stehen! Der Graf –
    Die Königin
. Der Graf? Was für ein Graf? –
    Blanca
. Von Essex.
    Die Königin
. Was höre ich?
    Blanca
. Seine verführerische Zärtlichkeit –
    Die Königin
. Der Graf von Essex?
    Blanca
. Er selbst, Königin. –
    Die Königin
bei Seite. Ich bin des Todes! – Nun? weiter!
    Blanca
. Ich zittere. – Nein, ich darf es nicht wagen –
    Die Königin macht ihr Mut, und lockt ihr nach und nach mehr ab, als Blanca zu sagen brauchte; weit mehr, als sie selbst zu hören wünscht. Sie höret, wo und wie der Graf glücklich gewesen; (94) und als sie endlich auch höret, daß er ihr die Ehe versprochen, und daß Blanca auf die Erfüllung dieses Versprechens dringe: so bricht der

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