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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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und zu mir gebracht am frühen Morgen – er liegt noch bei mir – wird aber wohl genesen, denn die Pflege bei mir – und der fremde Herr Graf – ja, der Herr Graf Hektor von Zelies« –
    »Was? wer?« rief der Fürst auf, daß das silberne Lämmlein ein paar Schritte zurückprallte. »Genug,« sprach dann der Fürst weiter mit rauhem gebieterischen Ton, »genug! packt euch beide fort augenblicklich. – Der wird den mehrsten Zuspruch haben, der seine Gäste am besten bedient! – Hör’ ich noch das mindeste von einem Gezänk unter euch, so soll der Rat euch die Schilder von den Häusern reißen und euch fortbringen lassen aus den Toren von Hohenflüh!«
    Nach diesem kurzen kräftigen Bescheid ließ der Fürst die beiden Wirte stehen und verlor sich schnell ins Gebüsch.
    Der Zorn des Fürsten hatte die aufgebrachten Gemüter besänftigt. Im Innersten zerknirscht schauten sich beide, das silberne Lämmlein und der goldne Bock, wehmütig an, Tränen entquollen den verdüsterten Augen, und mit dem gleichzeitigen Ausruf: »O Gevatter!« fielen sie sich in die Arme. Während der goldne Bock, das silberne Lamm fest einklammernd und über dasselbe weggebeugt, häufige Schmerzestropfen ins Gras fallen ließ, schluchzte dieses vor herber Wehmut leise an der Brust des versöhnten Gegners. Es war ein erhabener Moment!
    Die zwei herbeieilenden fürstlichen Jäger schienen aber dergleichen pathetische Szenen nicht sonderlich zu lieben, denn ohne weiteres packten sie den goldnen Bock sowohl als das silberne Lamm, wie man zu sagen pflegt, beim Fittich und warfen beide ziemlich unsanft zum Gattertor hinaus.
Drittes Kapitel
    »Bin ich hin und her gezogen
    Über Wiese, Flur und Feld,
    Hat manch Hoffen mich betrogen,
    Ist mir manche Lust entflogen
    In der bunten lauten Welt.
    Was nur stillt dies bange Sehnen,
    Was den Schmerz in dieser Brust!
    Bittre Qualen! herbe Tränen!
    Leeres Trachten! – falsches Wähnen!
    Flieht mich ewig jede Lust?
    Darf ich noch zu hoffen wagen,
    Dämmert noch mein Lebensstern?
    Soll ich’s länger dulden, tragen,
    Wird mein Schmerz mir selbst nicht sagen,
    Ob sie nah ist, ob sie fern?
    Sie, die ist mein innig Leben,
    Sie, die ist mein ganzes Glück.
    Süßen Träumen hingegeben,
    Schaut mit wonnigem Erbeben
    Sie mein liebetrunkner Blick.
    Doch in Nacht ist bald verschwunden
    Der Geliebten Lichtgestalt!
    Kann ich nimmermehr gesunden?
    Freundes Trost, Balsam den Wunden,
    Ist auch der für mich verhallt?«
    Der Kupferstecher Berthold hatte sich, während er dies Lied, das sein Freund, der Maler George Haberland gedichtet, leise vor sich sang, auf einer Anhöhe unter einem großen Baum gelagert und war bemüht, eine Partie des Dorfs, das vor ihm im Tale lag, getreu nach der Natur in sein Malerbuch hineinzuzeichnen.
    Bei den letzten Versen schossen ihm aber die Tränen aus den Augen. Er gedachte lebhaft seines Freundes, den er oft durch ein lustiges Wort oder durch ein heitres Kunstgespräch aus der düstren trostlosen Stimmung gerissen, in die er seit einiger Zeit versunken, und den nun ein unerklärliches Unheil von ihm getrennt. »Nein,« rief er endlich, indem er schnell seine Gerätschaften zusammenpackte und hastig aufsprang, »nein, noch ist Freundes Trost nicht verhallt für dich, mein George! – Fort, dich aufzusuchen und nicht eher dich zu verlassen, bis ich dich im Schoße der Ruhe sehe und des Glücks.« –
    Er eilte zurück in das Dorf, das er vor wenigen Stunden verlassen, und wollte dann weiter fort nach Hohenflüh.
    Es war gerade Sonntag, der Abend fing an einzubrechen, die Landleute eilten nach der Schenke. Da zog ein seltsam gekleideter Mensch durchs Dorf, einen lustigen Marsch auf der Papagenopfeife blasend, die ihm aus dem Busen hervorragte, und dazu derb die Trommel schlagend, die er umgehängt. Ihm folgte ein altes Zigeunerweib, die tapfer auf dem Triangel klingelte. Hinterher schritt langsam und bedächtig ein stattlicher Esel mit zwei vollgepackten Körben belastet, auf denen zwei kleine possierliche Äffchen hin und her hüpften und sich herumbalgten. Zuweilen ließ der Mensch vom Blasen ab und begann einen seltsamen kreischenden Gesang, in den das Zigeunerweib, sich aus ihrer niedergebeugten Stellung ein wenig aufrichtend, mit gellenden Tönen einstimmte. Begleitete nun der Esel den Gesang mit seinen klagenden Naturlauten, quiekten die Äffchen dazu, so gab es einen angenehmen lustigen Chor, wie man sich ihn wohl genügend denken mag.
    Bertholds ganze Aufmerksamkeit fesselte

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