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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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ihm abzuwehren; aber ich werde alles anwenden, zu verhüten, daß er um des Himmels willen nicht schlafe. Wie leicht könnte dieser Schlaf einen feindseligen Charakter annehmen und dem Alten alles, was er sah und empfand, wiederum als Traum verschwimmen lassen.«
    Einige Zeit nachher hatte sich im Hause des Geheimenrats von S... eine große Veränderung zugetragen. Onkel Siegfried war völlig von seiner Krankheit genesen, und seltsam genug schien es, daß er zu gleicher Zeit weicher und kräftiger geworden.
    Er verließ die Residenz zur Freude des liebenden Bruders und bezog seine schönen Güter, deren Verwaltung der Doktor O..., seinen Doktorhut an den Nagel hängend, übernahm. Die dringende Fürsprache einer edlen Prinzessin bewirkte es, daß der stolze Geheimerat von S... die Hand seiner Tochter Wilhelmine dem Doktor O... nicht länger verweigerte.
    [ Δ ]
Neueste Schicksale eines abenteuerlichen Mannes
Vorwort
    Nicht gar zu lange ist es her, als in dem hiesigen Gasthofe, das »Hôtel de Brandenbourg« geheißen, ein Fremder eingekehrt war, der, rücksichts seines Äußern, seines ganzen Betragens, mit Recht ein wenig seltsam zu nennen. – Sehr klein und dabei beinahe magerer als mager, die Knie merklich einwärts gebogen, ging oder hüpfte er vielmehr mit einer kuriosen, man möchte sagen unangenehmen, Geschwindigkeit durch die Straßen und trug Kleider von auffallender Farbe wie keiner; z.B. Lilas, Zeisiggrün etc., die aber, seiner Magerkeit unerachtet, ihm viel zu knapp zugeschnitten, und dazu saß ihm ein kleines rundes Hütchen mit einer blinkenden Stahlschnalle ganz schief nach dem linken Ohr zu auf der Frisur. Frisieren und pudern ließ sich der Kleine nämlich jeden Tag auf das schönste und einen amönen Studentenzopf aus den neunziger Jahren einbinden von dem Genre, das aufstrebende Genies bezeichnet (man sehe: Lichtenberg über Studentenzöpfe und etc.). Der Kleine war ferner ein ganz außerordentlicher Schmecker; er ließ sich die leckersten Schüsseln bereiten und aß und trank mit dem ungemessensten Appetit. Hatte er sich dann satt gegessen und getrunken, so ging ihm der Mund wie eine Windmühle oder wie ein Feuerrad. In einem Atem schwatzte er von Naturphilosophie, seltnen Affen, Theater, Magnetismus, neu erfundnen Haubenstöcken, Poesie, KompressionsMaschinen, Politik und tausend andern Dingen, so daß man wohl bald merkte, wie er ein sattsam gebildeter Mann sein und in literarisch-ästhetischen Tees hinlänglich geglänzt haben müsse. – Überhaupt verstand sich der Fremde ungemein auf das, was man feine Konversation nennt, und hatte er ein Gläschen Muskat (ein Wein, den er allen übrigen vorzog) mehr getrunken als dienlich, so ließ er ein liebes herrliches Gemüt verspüren und auch erstaunlich viel deutschen Sinn, wiewohl er versicherte, sich deswegen etwas kaschieren zu müssen, wegen China, wo er voriges Jahr ein Paar Stiefeln stehen lassen, das er mit Artigkeit wiederzuerlangen hoffe. Wollte er auch sonst nicht recht mit der Sprache heraus, wes Glaubens, Namens und Standes er eigentlich sei, so entschlüpfte ihm doch in solch gemütlicher Laune manch bedeutsames Wort, das freilich nun wieder unauflöslichen Rätseln anzugehören schien. Er gab nämlich zu verstehen, daß er sonst als bedeutender Künstler sich reichlich genährt, dann aber auf geheimnisvolle Weise zu einem sehr hohen Stande gelangt, der jedem weit mehr gewähre als das liebe tägliche Brot. – Dabei fuhr er mit beiden Ärmen auseinander, welche Pantomime, die beinahe anzusehen, als wolle er jemanden das Maß nehmen, er überhaupt sehr liebte und öfters wiederholte, und zeigte dann mit geheimnisvollem Lächeln in die Mohrenstraße hinein, meinend, wenn man da so hinabginge und so immer fort und fort, so würde man doch wohl endlich in den kleinen, von beiden Seiten mit Brombeerstrauch eingefaßten Feldweg kommen, der gleich hinter Kochinchina, links ab weiter auf die große Wiese führe, über die hinweg man in ein großes, ganz propres Reich gelange. Und er wisse wohl, wer dort zu seiner Zeit als ein berühmter Kaiser geherrscht und prächtige Goldstücke habe schlagen lassen. Dabei klapperte der Fremde mit Goldstücken in der Tasche und sah so ganz besonders pfiffig aus, daß man auf den Gedanken geraten mußte, jener Kaiser hinter der großen Wiese sei am Ende niemand anders gewesen als er, der kleine Fremde selbst.
    Wahr ist es, sein Gesicht, das sonst gewöhnlich zusammengeschrumpft wie ein naß gewordener

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