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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Handschuh, konnte sich manchmal ausglätten zu hellem Sonnenschein, und er hatte dann den gewissen gnädigen Blick, mit dem hohe Herrschaften öfters ein ganzes Rudel armer Leute satt füttern lange Zeit hindurch, und mit den Goldstücken, die er in Hülle und Fülle besaß, hatte es auch eine ganz eigne Bewandtnis. Das Gepräge war nämlich von der Art, daß die Stücke durchaus in keine Rubrik alles nur erdenklichen fremden Geldes zu bringen. Auf der einen Seite stand eine Inschrift, die beinahe chinesisch schien. Auf der Kehrseite befand sich aber in dem mit einer turbanähnlichen Krone bedeckten Wappenschilde ein kleiner, niedlicher geflügelter Esel. – Der Wirt des Hauses wollte daher auch diese gänzlich unbekannte Münze nicht eher in Zahlung nehmen, bis auf Befragen der General-Münz-Wardein Loos ihm versichert, wie das Gold besagter Stücke so überaus fein sei, daß es ordentlicher Übermut gewesen, daraus Geld zu prägen.
    Wollte man aber nun auch wirklich ahnen, daß der wunderliche Kleine ein inkognito reisender asiatischer Potentat, so stand damit wieder manches in seinem Betragen in dem grellsten Widerspruch. Mit hoher kreischender Stimme pflegte er nämlich öfters Lieder zu singen, die eben nicht in der vornehmen Welt vorzukommen pflegen, wie z.B. »Am Sonnabend, am Sonnabend, da ist die Woch’ zu Ende« oder: »In Berlin, in Berlin, wo die schönen Linden blühn« oder: »Der Schneider muß nach Pankow schnell hinaus« etc. etc.
    Dann hatte er auch einen unwiderstehlichen Drang, gewisse Tanzböden zu besuchen, wo sich das Handwerk zu vergnügen pflegt mit sattsam geputzten Mägden. Gewöhnlich wurde er mit Schimpf und Schande herausgeworfen, weil er im Dreher nicht in den Takt kommen konnte und der gewandtesten Köchin den eiergelben Schnürstiefel aus der Fasson trat. Was aber eigentlich jeder guten Meinung von ihm den Hals brach, war, daß er auf dem Gensdarmesmarkt, gerade an einem Marktmorgen, plötzlich wie vom bösen Teufel erfaßt, in eine Heringstonne griff und den ergriffenen Salzmann, auf einem Beine tanzend, verzehrte. Half’s, daß er das tobende Weib mit einem geflügelten Esel großartig belohnte? – Jeder schalt ihn einen sittenlosen Menschen, der Gott nicht vor Augen. Hin war die gute Meinung, und die rettet kein Esel. –
    Wenige Tage darauf hatte auch der wunderliche Fremdling Berlin verlassen. Zu nicht geringem Erstaunen der Wirtsleute und aller derer, die gerade aus den Fenstern guckten, war er in einer ganz und gar silbernen Kutsche davongefahren im brausenden Trott.
    Vor wenigen Tagen war an der Wirtstafel im »Hôtel de Brandenbourg« die Rede von diesem seltsamen Manne, und Herr Krause erwähnte, daß man auf dem Sekretär in der Stube, die er bewohnt, ein Röllchen beschriebenes Papier gefunden, das er aufbewahre. Auf Verlangen erhielt ich dieses Röllchen. Wer schildert aber mein Erstaunen, meine Freude, mein Entzücken, als ich auf den ersten Blick ins Manuskript wahrnahm, daß der Fremde niemand anders gewesen als der berühmte, zum Kaiser von Aromata avancierte Schneidergeselle Abraham Tonelli, dessen merkwürdige Lebensgeschichte vor mehreren Jahren in dem achten Bande der »Straußfedern« der Lesewelt mitgeteilt wurde. – Merkwürdig genug scheint es, daß gegenwärtige Memoires gerade da, wo jene Lebensgeschichte schließt, anfangen und sich daher derselben ziemlich genau anreihen. Es ist möglich, daß Tonelli in Berlin den Redakteur seiner früheren Lebensgeschichte (Ludwig Tieck) suchte und nicht fand. Hat mir aber nun einmal das Schicksal Tonellis ferneres Manuskript in die Hände gespielt, so finde ich darin einen Beruf, mich sogleich der Redaktion desselben zu unterziehen, und weder Herr Abraham Tonelli noch Herr Ludwig Tieck können dies ungütig aufnehmen. (*7)
    Hier ist also die
Fortsetzung von Abraham Tonellis merkwürdiger Lebensgeschichte
    Vierte Abteilung
    1
    Lügen ist ein großes Laster, hauptsächlich deshalb, weil es der Wahrheit entgegen, die eine große Tugend. Hab’ auch nimmer gelogen, als wenn’s mein Vorteil. Possedier’ überhaupt ein passabel starkes Gewissen, das mich zuweilen derb in den Rücken stößt. Treibt auch jetzt mich an, zu gestehen, daß gelogen, als der Welt schrieb, wie ich alt und grau und doch immer glücklich, und wie die idealischen Träume meiner Jugend in Erfüllung gegangen. War, als das schrieb, noch ein junger hübscher Mann mit roten Backen, hatte mich aber stark pudern lassen. Aß gerade einen böhmischen

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