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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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alles überlege und erwäge, so sehe ich, daß es von nichts anderem herkommt als von der Sittenlosigkeit. Man hätte dieses Mädchen von klein auf, hm ... und hätte ihr auch manchmal die Rute zu kosten geben sollen; aber statt dessen haben sie sie mit Konfekt und allerlei Süßigkeiten vollgestopft, und der Alte selbst hat ihr immer vorgesungen: ›Du mein Engelskind, einem Grafen werden wir dich zur Frau geben!‹; ... Aber nun sieht man, zu was für einem Pflänzchen sie sich bei dieser Erziehung entwickelt hat; jetzt hat sie sich dekuvriert; nun wissen wir, wie es steht! Statt sie von klein auf zu Hause zu behalten, haben sie sie in ein Pensionat gegeben, zu einer französischen Emigrantin, einer Madame Falbala, und da hat sie nichts Gutes gelernt, bei dieser Emigrantin Falbala; nun sieht man, was dabei herausgekommen ist. Nun freut euch! Jetzt heißt es nun: ›Sei mit einem Wagen um die und die Stunde vor den Fenstern und singe ein gefühlvolles spanisches Liedchen; ich erwarte dich und weiß, daß du mich liebst, und will mit dir fliehen, und wir wollen zusammen in einer Hütte leben.‹; Aber das geht schließlich doch nicht; wenn die Sache so weit gediehen ist, mein gnädiges Fräulein, so geht das denn doch nicht; es ist durch die Gesetze verboten, ein ehrenhaftes, unschuldiges Mädchen aus dem Elternhause ohne Einwilligung der Eltern wegzuführen! Und schließlich: warum auch? Wozu? Was liegt für eine Nötigung vor? Mag sie doch denjenigen heiraten, den zu heiraten ihr gebührt und ihr vom Schicksal bestimmt ist; dann ist die Sache erledigt. Ich aber bin ein Mann in amtlicher Stellung und kann für eine solche Tat meine Stellung verlieren; vor Gericht kann ich deswegen kommen, mein gnädiges Fräulein! So steht die Sache, wenn Sie es noch nicht gewußt haben! Aber das ist alles das Werk dieses deutschen Frauenzimmers. Alles geht von dieser Hexe aus; sie hat diesen ganzen Wirrwarr angestiftet. Da wurde ein unschuldiger Mensch verleumdet, und Weiberklatschereien und erlogene Geschichten über ihn in Umlauf gesetzt, und zwar auf Andrei Filippowitschs Rat; daher ist alles gekommen. Warum hätte sonst Petruschka Anlaß, sich hineinzumischen? Was geht ihn die Sache an? Was braucht der Halunke sich damit abzugeben? Nein, ich kann das nicht tun, gnädiges Fräulein, schlechterdings nicht, um keinen Preis ... Sie müssen mich diesmal schon entschuldigen, gnädiges Fräulein. Das kommt alles von Ihnen her, gnädiges Fräulein; das kommt alles nicht von der Deutschen her, ganz und gar nicht von der Hexe, sondern einfach von Ihnen; denn die Hexe ist eine gute Person und ist an nichts schuld; aber Sie, mein gnädiges Fräulein, sind daran schuld, – so ist das! Sie, gnädiges Fräulein, bringen mich fälschlich in schlechten Ruf ... Da geht ein Mensch zugrunde, da verschwindet ein Mensch vollständig und vermag sich nicht zu behaupten, – wie kann da von Hochzeit die Rede sein! Und wie wird das alles enden? Und wie soll ich das alles jetzt einrichten? Ich würde viel darum geben, wenn ich das wüßte!«
    So überlegte unser Held in seiner Verzweiflung. Als er auf einmal zur Besinnung kam, bemerkte er, daß er irgendwo in der Liteinaja-Straße stand. Es war schauderhaftes Wetter, Tauwetter mit Schnee und Regen, genau so wie in jenem unvergeßlichen Augenblicke, als in der furchtbaren mitternächtlichen Stunde alle Leiden des Herrn Goljadkin begannen. »Wie kann man jetzt reisen?« dachte Herr Goljadkin im Hinblick auf das Wetter; »da holt sich ja jeder Mensch den Tod ... Herr du mein Gott! Na, und wo soll ich jetzt z. B. einen Wagen herbekommen? Da an der Ecke ist, wie es scheint, etwas Schwärzliches zu sehen. Wir wollen mal zusehen und es untersuchen ... Herr du mein Gott!« fuhr unser Held fort, indem er seine schwachen, wankenden Schritte nach der Seite hin lenkte, wo er etwas Wagenähnliches sah. »Nein, ich werde es so machen: ich werde hingehen, ihm, wenn es möglich ist, zu Füßen fallen und ihn untertänigst bitten: ›So und so‹, werde ich sagen; ›in Ihre Hände lege ich mein Schicksal, in die Hände meiner vorgesetzten Behörde. Exzellenz, beschützen Sie einen Unglücklichen, und erweisen Sie ihm eine Wohltat! So und so, und dies und das, es ist eine gesetzwidrige Handlung; richten Sie mich nicht zugrunde; ich nehme Sie zu meinem Vater an; verlassen Sie mich nicht ... retten Sie meine Ehre und meinen guten Namen ... retten Sie mich vor diesem Bösewicht, diesem verworfenen Menschen ... Er ist ein

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