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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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Anscheinend interessierte sich Herr Goljadkin der jüngere außerordentlich lebhaft für das Gespräch, bei dem er zunächst den wohlgesitteten Zuhörer spielte, indem er mit dem Kopfe nickte, mit den Füßen trippelte, lächelte und alle Augenblicke Seine Exzellenz ansah, wie wenn er mit seinem Blicke um die Erlaubnis bitten wollte, ebenfalls ein Wörtchen dazugeben zu dürfen. »Du Schurke!« dachte Herr Goljadkin und trat unwillkürlich einen Schritt weiter vor. In diesem Augenblicke wandte sich der Chef um und trat selbst in ziemlich unentschlossener Haltung auf Herrn Goljadkin zu.
    »Nun gut, gut; gehen Sie in Gottes Namen! Ich werde Ihre Angelegenheit untersuchen; ich werde Ihnen jetzt einen Begleiter mitgeben ...« Hier blickte der Chef den Unbekannten mit dem starken Backenbarte an. Dieser nickte zum Zeichen der Beistimmung mit dem Kopfe.
    Herr Goljadkin fühlte und verstand deutlich, daß man von seiner Person ganz und gar nicht die Meinung hatte, die man von ihr hätte haben sollen. »Auf die eine oder die andere Weise muß ich mich jedenfalls aussprechen,« dachte er; »›so und so;‹ werde ich sagen, ›Exzellenz‹.« Hier schlug er in seiner Ratlosigkeit die Augen zu Boden und sah zu seinem äußersten Erstaunen auf den Stiefeln Seiner Exzellenz einen weißen Fleck von beträchtlicher Größe. »Sind sie wirklich geplatzt?« dachte Herr Goljadkin. Bald indes kam er zu der Erkenntnis, daß die Stiefel Seiner Exzellenz keineswegs geplatzt waren, sondern nur das Licht stark zurückwarfen, ein Phänomen, das sich vollständig daraus erklärte, daß es stark glänzende Lackstiefel waren. »Das nennt man einen ›Blick‹,« dachte unser Held; »besonders hat sich diese Bezeichnung in den Ateliers der Künstler gehalten; an andern Stellen nennt man diesen Widerschein Lichtreflex.« Hier schlug Herr Goljadkin die Augen in die Höhe und sah, daß es Zeit war zu reden, weil die Sache sonst sehr leicht einen schlimmen Ausgang nehmen konnte... Unser Held trat einen Schritt vor.
    »Also ... ja ... Exzellenz,« sagte er, »durch Annahme eines fremden Namens kann man in unserm Zeitalter nicht mehr obenauf kommen.«
    Der Chef antwortete nichts, sondern zog stark an der Klingelschnur. Unser Held trat noch einen Schritt vor.
    »Er ist ein gemeiner, verworfener Mensch, Exzellenz,« sagte unser Held; er wußte nicht von sich selbst, war halbtot vor Angst, wies aber dabei doch kühn und entschlossen auf seinen unwürdigen Zwillingsbruder, der in diesem Augenblicke neben Seiner Exzellenz herumtrippelte. »Nämlich... ja... ich deute auf eine bestimmte Person hin.«
    Herrn Goljadkins Worten folgte eine allgemeine Bewegung. Andrei Filippowitsch und der Unbekannte nickten mit den Köpfen; Seine Exzellenz riß ungeduldig aus Leibeskräften am Klingelzuge, um seine Leute herbeizurufen. Jetzt trat Herr Goljadkin der jüngere seinerseits vor.
    »Exzellenz,« sagte er, »ich bitte untertänigst um Ihre Erlaubnis, reden zu dürfen.« In der Stimme des jüngeren Herrn Goljadkin lag eine außerordentliche Entschlossenheit; sein ganzes Benehmen zeigte, daß er sich vollständig in seinem Rechte fühlte.
    »Gestatten Sie mir die Frage,« begann er von neuem, indem er in seinem Eifer der Antwort Seiner Exzellenz zuvorkam und sich diesmal an Herrn Goljadkin wandte, »gestatten Sie mir die Frage, ob Sie wohl auch wissen, in wessen Gegenwart Sie solche Ausdrücke gebrauchen. Vor wem stehen Sie, und in wessen Arbeitszimmer befinden Sie sich? ...« Herr Goljadkin der jüngere war in höchster Erregung, ganz rot und heiß vor Empörung und Zorn; es wurden sogar Tränen in seinen Augen sichtbar.
    »Die Herren Bassawrjukow!« schrie der Diener, der in der Tür des Arbeitszimmers erschien, aus voller Kehle. »Das ist eine gute Adelsfamilie, die aus Kleinrußland stammt,« dachte Herr Goljadkin und fühlte gleichzeitig, daß ihm jemand in sehr freundschaftlicher Weise die Hand auf den Rücken legte; dann legte sich ihm noch eine andere Hand auf den Rücken; Herrn Goljadkins nichtswürdiger Zwillingsbruder lief geschäftig voran und zeigte den Weg, und unser Held sah klar, daß man ihn nach der großen Tür des Arbeitszimmers hinführte. »Genau so wie bei Olsufi Iwanowitsch,« dachte er und fand sich schon im Vorzimmer. Um sich blickend, sah er neben sich zwei Diener Seiner Exzellenz und seinen Zwillingsbruder.
    »Den Mantel, den Mantel, den Mantel, den Mantel meines Freundes! Den Mantel meines besten Freundes!« schnatterte der verworfene

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