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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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nicht hinzunehmen als unser Ideal ...
    Nun, das ist Unsinn, werden Sie sagen, krankhafter Unsinn, Nerven, Übertreibung. Dabei wird doch niemand stehen bleiben und ebenso wird niemand das für sein verwirklichtes Ideal halten. Zudem sind doch Hunger und Sklaverei nicht jedermanns Sache und werden am besten Verneinung einflüstern und Skepsis zeugen. Satte Dilettanten aber, die zu ihrem Vergnügen umherspazieren, die können natürlich Bilder aus der Apokalypse zu sehen sich einbilden und ihre Nerven hätscheln, indem sie, um sich selbst anzuregen, aus jeder Erscheinung durch Übertreibung starke Empfindungen zu erpressen suchen ...
    Schön, antworte ich, nehmen wir an, daß ich mich von der Dekoration habe hinreißen lassen, mag es so sein. Noch wenn Sie gesehen hätten, wie stolz jener mächtige Geist ist, der diese kolossale Dekoration geschaffen hat, und wie stolz dieser Geist von seinem Sieg und seinem Triumph überzeugt ist, Sie wären erschauert ob seines Stolzes, seines Starrsinns und seiner Blindheit, und Sie wären erschauert auch für jene, über denen dieser stolze Geist schwebt und die er regiert. Angesichts dieser Kolossalheit, dieses riesenhaften Stolzes des alle beherrschenden Geistes, angesichts dieser feierlichen Vollendung der Schöpfungen dieses Geistes verstummt nicht selten auch die hungrige Seele, ergibt sich, unterwirft sich, sucht Rettung im Gin und in der Ausschweifung, und beginnt zu glauben, daß alles gerade so sein müsse. Die Tatsache drückt, die Masse verholzt und eignet sich alsbald Chinesentum an, oder wenn sich auch Skepsis einstellt, so sucht sie schließlich doch finster und mit einem Fluch Rettung in irgend so etwas von der Art des Mormonentums. Und in London kann man die Masse in einem Maßstabe und in einer Umgebung sehen, wie sie sonst nirgendwo in der Welt leibhaftig zu sehen ist. Man erzählte mir z. B., daß jeden Samstagabend eine halbe Million Arbeiter und Arbeiterinnen mit ihren Kindern sich wie ein Meer in die Straßen der Stadt ergießt, sich besonders in gewisse Stadtteile drängend, um dann die ganze Nacht bis fünf Uhr morgens Feiertag zu feiern, das heißt, sich viehisch satt zu essen und voll zu trinken nach der ganzen durchhungerten Woche. Diese Millionenmasse trägt ihren gesamten Wochenlohn bei sich, alles, was sie mit schwerer Arbeit fluchend verdient hat. In den Fleisch- und Eßwarenläden brennt das Gas in dicksten Flammenbüscheln, die grell die Straßen erhellen. Es ist geradezu, als werde für diese weißen Neger ein Ball veranstaltet. In den offenen Tavernen und in den Straßen überall ein Volksgedränge. Hier wird auch gegessen und getrunken. Die Trinkstuben sind aufgeputzt wie Paläste. Alles ist betrunken, doch ohne Fröhlichkeit, ist vielmehr finster, schwer, und alles ist irgendwie eigentümlich stumm. Nur hin und wieder wird diese verdächtige und auf Sie traurig wirkende Schweigsamkeit von Schimpfwörtern und blutigen Prügeleien gestört. Alles das beeilt sich, zu trinken, sich bis zur Bewußtlosigkeit zu betrinken ... Die Frauen stehen den Männern nicht nach und betrinken sich gleich diesen; die Kinder laufen und kriechen zwischen ihnen umher. In einer solchen Nacht, es war gegen zwei Uhr, verirrte ich mich einmal und trieb mich lange in den Straßen umher inmitten der unzählbaren Menge dieses finsteren Volkes, fast nur mit Zeichen den Weg erfragend, da ich kein Wort Englisch kann. Ich fand schließlich den Weg, aber der Eindruck dessen, was ich gesehen, quälte mich nachher noch drei Tage. Volk ist überall Volk, hier aber war alles so kolossal, so grell, daß man gleichsam körperlich fühlte, was man sich bislang nur geistig vorgestellt hatte. Ja, hier sieht man nicht einmal mehr Volk, sondern Verlust des Bewußtseins, systematischen, gehorsamen, geförderten. Und man fühlt, wenn man alle diese Parias der Gesellschaft sieht, daß für sie die Prophezeiung noch lange nicht in Erfüllung gehen wird, daß sie noch lange keine Palmenzweige und weißen Gewänder erhalten werden und immer noch vergeblich zum Throne des Höchsten emporseufzen müssen: »Wie lange noch, Herr?« Und sie wissen das selbst und inzwischen nehmen sie für sich Rache an der Gesellschaft mit irgend welchen unterirdischen Mormonen, Sekten, Wanderpredigern ... Wir wundern uns über die Dummheit, sich solchen Sekten anzuschließen, und erraten nicht, daß es – eine Absonderung von unserer gesellschaftlichen Formel ist, eine hartnäckige, unbewußte Absonderung: eine

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