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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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»Müttern« hinabsteigen, von denen es im »Faust« tönt, wenn wir Dostojewskis Welt besuchen. Schwachen Seelen kann es gefährlich werden, starken ist es ein gewaltiges Erlebnis.

DOSTOJEWSKI von Dmitri Sergejewitsch Mereschkowski

     
    Im Vergleich zu Leo Tolstoi, der mütterlicherseits vom heiligen Großfürsten Michael von Tschernigow, den die Tataren zu Tode gemartert hatten, abstammte, und väterlicherseits von Pjotr Andrejewitsch Tolstoi, dem Liebling Peters des Großen, dem Vorsteher der Geheimen Kanzlei und dem Häscher des Zarewitsch Alexej, – war Dostojewski, der Sohn eines Stabsarztes und einer Kaufmannstochter, geboren zu Moskau im Armenspital im Stadtteile Boschedomka, am äußersten Ende der Stadt, in der Tat das Mitglied einer »zufälligen Familie«. Der erste Eindruck seiner Kindheit war, wenn nicht direkt Armut, so doch jedenfalls große Beschränkung. Die Familie hauste mit fünf Kindern in einer Wohnung, die außer Flur und Küche eigentlich nur zwei Zimmer hatte. Der hintere Teil des Flurs, der nur von einem Fenster erleuchtet wurde, war durch eine dünne Bretterwand abgeteilt, und der auf diese Weise gewonnene halbfinstere Raum diente den beiden ältesten Brüdern, Michael und Fjodor als Kinderzimmer. Einer der Brüder, Andrej Michailowitsch, berichtet: »Unser Vater wiederholte gerne, daß er ein armer Mann sei, daß seine Kinder, besonders aber die Söhne, sich selbst ihren Weg bahnen müssen und nach seinem Tode an den Bettelstab kommen würden.« Im Jahre 1838 schrieb Dostojewski aus der Ingenieurschule: »Mein lieber guter Vater! Können Sie denn wirklich denken, daß Ihr Sohn zuviel verlangt, wenn er Sie um eine Unterstützung angeht?«
    »Ich will aber Ihre Notlage berücksichtigen und gänzlich auf Tee verzichten,« heißt es in diesem Briefe weiter. Fast zu derselben Zeit schreibt er seinem Bruder: »Du klagst über deine Armut. Auch ich bin nicht reich. Du wirst mir wohl gar nicht glauben wollen, daß ich beim Auszug aus dem Lager nicht eine Kopeke besaß; unterwegs hatte ich mich erkältet (es regnete den ganzen Tag, und wir waren ohne Obdach); ich war krank vor Hunger und hatte dabei kein Geld, um mir die Kehle mit einem Schluck Tee anzufeuchten.«
    So beginnt das Leben Dostojewskis in Armut, mit der ihn sein Schicksal bis an sein Lebensende verfolgte und die weniger auf äußeren Umständen als auf seinen inneren Eigenschaften beruhte. Es gibt Menschen, die kein Geld auszugeben verstehen und denen das Sparen ein natürliches, sogar von ihrem Willen unabhängiges Gesetz ist; es gibt andere Menschen, die nicht zu sparen verstehen und deren ebenso natürliche Eigenschaft die Verschwendungssucht ist.
    Nach dem Zeugnis seines Bruders wußte Fjodor Michailowitsch niemals, »wieviel er von allem besaß«, – von Geld, Kleidern und Wäschestücken. Dr. Riesenkampf, ein Deutscher, der auf Ersuchen eben dieses Bruders im Jahre 1843 mit Dostojewski in Petersburg zusammenwohnte und seinen Wohnungsgenossen an deutsche Genauigkeit zu gewöhnen suchte, »traf Fjodor Michailowitsch in folgendem Zustande an: er besaß keine Kopeke Geld und ernährte sich von Milch und Brot, die er dazu noch auf Pump bezog.« – Dr. Riesenkampf berichtet: »Fjodor Michailowitsch gehörte zu den Menschen, in deren Gesellschaft man gut lebt, die aber selbst ständig Not leiden. Man bestahl ihn ganz ohne Erbarmen, er war aber in seiner Vertrauensseligkeit und Gutmütigkeit nie zu bewegen, der Sache auf die Spur zu kommen und die Dienerschaft und deren Anhang, die alle von seiner Sorglosigkeit profitierten, des Diebstahls zu bezichtigen.« – »Sogar das Zusammenleben mit dem Doktor,« fügt der Biograph hinzu, »wäre für Dostojewski beinahe zu einer ewigen Quelle neuer Auslagen geworden. Er war bereit, jeden Bettler, der zum Doktor als Patient kam, als einen lieben Gast aufzunehmen.«
    Leo Tolstoi erzählt in seinem Bericht von der Volkszählung, daß er im Ljapinschen Nachtasyle vergeblich nach genügend armen und einer Unterstützung würdigen Leuten gesucht hätte, unter die er siebenunddreißig Rubel, den Rest der ihm von reichen Moskauer Wohltätern zu diesem Zweck anvertrauten Summe verteilen könnte. Man darf wohl mit Bestimmtheit behaupten, daß Dostojewski eine ähnliche Aufgabe ohne Schwierigkeiten bewältigt hätte.
    Es ist überhaupt interessant, diese natürliche Freigebigkeit Dostojewskis, seine Fähigkeit, das Geld zum Fenster hinauszuwerfen, mit der ebenso natürlichen, wenn nicht Sparsamkeit,

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