Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
Vom Netzwerk:
von Vormittag bis Mittag: es ist, als sei sie zugemauert; kein Tor, kein Schlupfpförtlein hat sich aufgetan; ich hab nichts wahrgenommen. Doch – was soll Euch die Hochzeit? – – Der Schloßhauptmann wird einen dänischen Junker sich geholet haben und mit dem das arme Kind zusammenschmieden lassen. Euch aber wird man aus den Hochzeitsbechern Hohn und Weh zu trinken geben! Wer weiß, Ihr trinket wohl den Tod daraus! Bleibt, geht nicht, lieber Herr!«
    Er wollte ihm zu Füßen fallen; aber Rolf ergiff ihn bei den Schultern und sah mit blitzenden Augen in die seinen: »Da du es ehrlich meinst, so hör mich, Gaspard!« Er schrie es, daß es in dem weiten Raume von den Wänden hallte: »Und wenn auch in den Tod, ich muß! Dies Kind hat mir die Seele ausgetrunken!«
    »Ruf mir den Junker!« fuhr er nach einer Weile fort. »Er soll mein schwarzes Gewand bringen; das ziemt mir bei dieser Hochzeit! Und auch – mein allerschärfstes Schwert! – Ihr beide, wenn’s euch gelüstet, dürfe mich begleiten!«
    – – Um ein paar Stunden später ritten sie dahin, und schon trabten die Pferde in dem Sandweg und im Schutz des dunkeln Waldes. Ein leichter Wind hatte sich aufgemacht, und Wolken zogen über den Mond; über ihnen rauschte es in den Wipfeln. Rolf Lembeck, der voranritt, hatte auf dem Weg kein Wort verloren; als sie der Burg sich nahten, drückte er die linke Faust auf seine Brust, als müsse er dem Blute wehren, sie zu sprengen. Auch Gaspard hatte genug an Sorg und Neubegier und ließ die Zunge ruhen; nur Junker Gehrt stieß mitunter seiner Stute die Sporen in die Weichen, daß sie wild emporstieg; er mußte seinem innern Jauchzen Luft geben, denn er dachte an den Reigentanz mit hold geschmückten Jungfräulein, dem er entgegenreite.
    »Gaspard!« rief er; »mir ist – hört Ihr die Flöten und Geigen von der Burg herunter?«
    Doch Gaspard lachte verdrossen: »Euch Jungen ist leicht gepfiffen; ich hör die Wetterfahnen auf den kleinen Türmchen kreischen.«
    »Ei was! Ihr habt doch feine Ohren!«
    Aber er blieb ohne Antwort. Sie wandten die Pferde in den finsteren Baumgang und trabten den Anberg zu der Burg hinauf. Ein heller Schein drang durch zwei offene Tore und über der Ringmauer ihnen entgegen. »Joseph und heilige Jungfrau!« rief der Junker; »da brennt das Wachs von einem ganzen Sommer!«
    »Ja, Junker«, sagte Gaspard, »Euere Jugend wird nicht verborgen bleiben.«
    So ritten sie über die Brücke durch die Torfahrt in den innern Hof, wo der gewaltige Bau vor ihnen aufstieg; aus seinen vielen kleinen Fensterhöhlen schoß eine Flut von Kerzenstrahlen auf sie zu; nur links am Flügel ragte der stumpfe Turm lichtlos in die Sternennacht. Ihren geblendeten Augen war der Hof bis an die Mauern voll von Menschen; aber ein hochzeitliches Treiben schien es nicht; es war, als ob sie nur die Köpfe wandten und leise zueinander raunten.
    Als die Reiter von ihren Rossen gesprungen und Diener vorgetreten waren, die ihnen die Tiere fortführten, stand ein großer Mann mit todblassem Antlitz unter grauem Haupthaar vor dem Ritter; zwei Diener mit Windlichtern, deren Flammen im Nachtwind wehten, waren ihm zur Seite. Da die Herren sich im Fackelscheine sahen, stutzten sie einen Augenblick, ein jeder über des andern schwarze Tracht; dann sprach der graue Mann: »Nehmt Dank, Herr Ritter, von mir und für mein Kind! Ihr durftet hier heut nicht fehlen!«
    »So dacht ich auch«, erwiderte der andere beklommen. »Doch wollet mich nun führen, Herr Schloßhauptmann, auf daß ich Wunsch und Ehrerbietung der Braut zu Füßen lege!«
    Der alte Ritter, der seinen Gast mit starrem Aug gemustert hatte, neigte das Haupt und faßte dessen Hand; die Diener mit den Lichtern schritten ihnen voran, durch die schweigenden Menschen dem Treppenturm im Hochbau zu. Als sie hineintraten, blickte Gaspard, der mit dem Junker folgte, durch eine offene Tür, die seitwärts in die untere Halle ging; es brannten viele Kerzen dort, sonst war es leer; nur mitten auf den Fliesen schlief ein großer Hund.
    Aber der Hausherr führte sie die Wendelstiege zum oberen Stock hinan. Da sprach Rolf Lembeck im Emporsteigen: »Der Hof ist voll Menschen, Herr; was ist es so totenstille hier?«
    Der Schloßhauptmann aber warf das Haupt zurück. »Mein Kind hat viel Leid gelitten«, sprach er; »es bedarf der Ruhe.«
    Sie waren in eine große Halle eingetreten, an deren einer Seite sich viele Türen, im Grunde ein geschlossenes Doppeltor befand; vor diesem war ein

Weitere Kostenlose Bücher