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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Stück am Abflußgraben entlang. In einer erstarrten Woge von blendendem Weiß bedeckte die Wächte den Seitenteil der Brücke, füllte das dreieinhalb Meter tiefe Bett des Bachs und schwang sich hinter der Ecke eines langgezogenen, niedrigen Geräteschuppens zu einem anmutig gebogenen Wellenkamm empor. Charles hatte als erster die Möglichkeiten erkannt, die sich hier boten, und hatte am harten, bläulich schimmernden Eis des Baches entlang, dort, wo der Rand der Schneewehe an der Brücke endete, einen kleinen Tunnel angefangen. Bald hatten sie an einem halben Dutzend verschiedener Stellen Tunnels gegraben und eine große Höhle gebuddelt, die so hoch war, daß Douglas in ihr aufrecht stehen konnte. Nun machten sie sich an die feineren Arbeiten, wollten Simse und Luftschächte einbauen.
    Charles setzte sich keuchend einen Moment nieder. Seine Hände waren blaugefroren vom unermüdlichen Graben, und sein Atem hing wie Nebel im Weiß des Tunnels. Licht strömte von oben in die Höhle herein, die in frostigem Weiß schimmerte wie Zirrhuswolken an einem schönen Sommertag. Weiter weg, an den Seiten, ging das harte Weiß in ein mattes Blaugrau über und drinnen in den Tunnels in ein dunkleres Grau. Doch überall da, wo eine Lichtquelle war, leuchteten die Wände und Decken der Gänge in einem reinen zuckrigen Weiß; weißer als Salz, weißer als Wolken, dachte Charles. Nur unten, nahe beim Boden, war ein dunklerer Streifen, die Schicht aus altem Schnee.
    Ein lauter Schrei von draußen erschreckte ihn, ein Schrei der Wut. Das klang wie Rudy. Dann kam ein dumpfes Krachen, so, als schlüge eine Riesenfaust in ein dickes Kissen. Etwas Schnee rieselte ihm den Hals hinunter. Er blickte zur hellsten Stelle hinauf, zur Decke der großen Höhle, als wieder das dumpfe Geräusch ertönte. Noch mehr Schnee fiel herunter, und er kroch durch den Tunnel hinaus, der am Bachbett endete.
    Draußen war es viel heller, und er kniff blinzelnd die Augen zusammen, während er dem Geschrei und Geschimpfe der Bent-Jungen lauschte. Sie waren oben auf der Brücke. Er blickte grade noch rechtzeitig hinauf, um eine zusammengezogene Gestalt vom Brückengeländer segeln zu sehen, die genau in der Schneeburg landete, so daß der Tunnel, aus dem Charles soeben herausgekrochen war, in einer Wolke aufstiebenden Schnees einstürzte. Charles brüllte zornig auf. Sie sprangen von der Brücke herunter und demolierten alles. Er stapfte in die Schneewehe hinein, um sich den Jungen zu schnappen, der krampfhaft versuchte, sich aus dem Schnee herauszuwühlen, um davonzulaufen. Es war Paul Holton, von Kopf bis Fuß mit Schnee bedeckt und lachend.
    »He, du Blödian, du machst unsere ganzen Tunnels kaputt«, schrie Charles und versuchte, an den im Schnee rudernden Jungen heranzukommen.
    Wieder kam einer von der Brücke herunter, sauste genau auf das Dach der großen Höhle, die mit einem Plumps einbrach, während aus den Tunnels Schneewolken herausgeschossen kamen. Charles brüllte jetzt vor Wut und hätte Paul beinahe gehabt.
    »Jetzt hör auf, Paul«, sagte Charles und haschte nach dem Jungen, erwischte aber nur seine Mütze.
    Paul entkam ihm und rannte zur Brücke hinauf. Als Charles sich umdrehte, sah er Kick Jones aus der Schneewehe auftauchen.
    »Hör mal, wir haben da eine Ewigkeit geschuftet«, begann Charles, doch da sah er eine neue Gestalt auf dem Brückengeländer, den hochaufgeschossenen Carl Bent, der sich dunkel vor dem Himmel abhob. Mit einem Juchzer sprang er ab und landete bäuchlings, Arme und Beine gespreizt, dort, wo eben noch Charles gestanden hatte. Wieder stürzte ein Tunnel ein.
    Stumm kletterte Charles zur Straße hinauf, wo Douglas hilflos zusah, wie die anderen Jungen vom Brückengeländer sprangen, um die Tunnels und Höhlen zu zerstören, an denen sie den ganzen Morgen gebaut hatten. Charles war zornig, aber er dachte schon daran, auch zu springen, als er sah, daß Doug die Tränen in den Augen standen, während er auf Rudy starrte, der aufs Geländer kletterte. Als Douglas hinter ihm zu schreien anfing, zuckte er überrascht zusammen.
    »Rudy, blödes Schwein! Du blödes Schwein!« schrie Douglas, dem jetzt die Tränen aus den Augen liefen.
    Rudy drehte sich auf der Höhe des Geländers um und fuhr seinen Bruder an: »Halt die Schnauze, Krüppel.« Dann wandte er sich ab, um zu springen.
    Douglas rannte drei hastige Schritte. Sein steifes Bein schnitt rechts von ihm zwei weite Bögen in den Schnee. Als Rudy absprang, packte Douglas ihn

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