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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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beim Hosenbein, so daß er das Gleichgewicht verlor. Er kreischte und stürzte kopfüber in die Schneewehe hinunter. Douglas beugte sich über das Geländer und sah zu, wie Rudy wieder aus dem Loch herauskroch, in das er gefallen war. Rudys Gesicht war von Schnee verklebt, der ihm in Mund, Nase und Augen gedrungen war. Er sah aus, als trüge er einen Gipsverband um den Kopf.
    Rudy wischte sich heftig das Gesicht, während er wieder zur Brücke hinaufkletterte. Mord stand in seinen Augen. Charles stellte sich neben Douglas, weil er hoffte, die Brüder würden sich nicht prügeln, wenn sie sahen, daß er bereit war, sich einzumischen.
    Doch Rudy nahm sich überhaupt keine Zeit, etwas zu sagen oder auch nur zu überlegen. Er kletterte die Böschung herauf, erreichte die Straße und stürzte sich sofort auf Douglas. Charles wich instinktiv zur Seite, dann jedoch packte er Rudy beim Mantel, als dieser mit beiden Fäusten auf seinen Bruder einzuschlagen begann. Keuchend und prustend prügelte und fluchte er. Douglas hob die Arme über den Kopf und versuchte, die Hiebe abzuwehren, doch noch ehe Charles überlegen konnte, was er tun sollte, hatte Rudy seine Faust unter Dougs Arm hindurchgeschwungen und traf seinen Bruder genau auf der Nase. Douglas schrie auf und krümmte sich zusammen.
    Charles zog Rudy weg, versetzte ihm ein paar kräftige Püffe, bis Rudy begriff, daß er es mit Charles würde aufnehmen müssen, wenn er weitermachte.
    »Das ist nicht deine Sache, du Superheld«, stieß Rudy keuchend hervor. »Das ist nicht dein Bruder.«
    »Laß ihn in Ruh«, versetzte Charles.
    »Du bist gar nichts«, rief Rudy hochrot. »Ein Findling bist du und sonst gar nichts.« Er trat ein paar Schritte zurück, und ein freches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Und gescheit bist du in Wirklichkeit auch nicht. Du treibst’s ja nur mit Miss Wrigley.«
    Im ersten Moment begriff Charles nicht, was er meinte. Aber dann hörte er das Gelächter von Kick Jones und Carl Bent, die am Geländer lehnten, und wurde brennendrot im Gesicht.
    »Das weiß doch jeder, daß er der Liebling ist«, rief Kick.
    »Drum bleibt er nach der Schule immer da. Da kann er noch’n bißchen schmusen«, setzte Carl grinsend hinzu.
    Charles stand völlig verdattert da, während ihm aufging, was die Jungen da behaupteten. Im ersten Moment wollte er es nicht glauben, daß sie überhaupt so etwas sagen konnten, und dann konnte er nicht glauben, daß sie sich so rasch gegen ihn gewendet hatten. Wie die meisten Menschen glaubte Charles, alle Leute hätten ihn gern, zumindest jene, die nichts gegen ihn hatten. Jetzt mußte er feststellen, daß die Jungen einen geheimen Groll gegen ihn hegten, weil er in der Schule so schnell vorwärtskam. Er konnte das nicht alles auf einmal begreifen und stand mit blöde geöffnetem Mund da, während sie ihn hänselten und auslachten. Hinter ihm schnüffelte Douglas, dem hellrotes Blut aus der Nase lief und in den Schnee tropfte.
    »O ja, er ist ein ganz toller Liebhaber«, sagte Paul Holton, der von der Stelle zurückkam, wo er hingelaufen war, als Charles hinter ihm hergewesen war. »Flossie hat mir erzählt, daß er ein ganz Scharfer ist. Er wollt’s mit ihr machen.«
    »Das ist gelogen«, knirschte Charles und hatte ein schlechtes Gewissen wegen seiner Phantasien. »Und wenn ihr blöd seid, dann ist das nicht Miss Wrigleys Schuld.«
    Er fühlte sich hilflos und verwirrt angesichts der vier Jungen, die am Brückengeländer lehnten und ihn angrinsten. Auf ihre Hänseleien schien es keine Erwiderung zu geben, die ihnen Eindruck gemacht hätte. Ganz lässig standen sie da, Geschworene, die sich ihr Urteil bereits gebildet hatten. Charles fühlte sich verurteilt. Und er konnte nichts tun. Höchstens hätte er sich auf alle vier zugleich stürzen können, doch da hätte er nur die Tracht seines Lebens bezogen.
    »Charles wird einmal ein großer Mann«, sagte Douglas plötzlich. Er hörte sich an, als hätte er eine schlimme Erkältung. Seine Nase war immer noch voller Blut. »Er ist gescheiter als ihr dämlichen Bauerntrottel alle zusammen.«
    Die vier Jungen am Geländer lachten grölend und zeigten mit den Fingern auf Charles und Doug. Charles wußte, daß es hoffnungslos war. Er drehte sich um und wollte Doug wegziehen, doch der war blind vor Wut. Sein Gesicht war von Blut verschmiert, und an jedem Nasenloch blubberte eine große rote Blase. Er sah aus wie ein Kriegsverletzter, schoß es Charles durch den Kopf.
    »Ihr

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