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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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nicht gespürt habe, von großer Schärfe. Es ist wieder Nacht. Sogleich sende ich meinen Raumsinn aus, um nach Leben zu suchen und nach der Quelle der Radiostimme. Ein Automobil hat ein paar hundert Meter entfernt abseits von der Straße unter den ersten Bäumen halt gemacht. Ich spüre zwei Menschen in ihm, und auch das Radio gehört zu dem Auto. Die Stimme überschlägt sich noch immer in künstlicher Hysterie über die beiden Boxer, während ich nach einer Erklärung für die Anwesenheit der Menschen im Wäldchen suche. Sind sie meiner gewahr? Warum parken sie dort, wo doch nirgends Häuser in der Nähe sind? Das heisere Geschrei aus dem Radio ignorierend, spanne ich mein Gehör bis zum äußersten in dem Bemühen, Worte der Menschen aufzufangen.
    »Bitte …«
    »Nein. Fahr mich jetzt nach Hause!«
    »Ich liebe dich, Barbara. Wenn du mich wirklich lieben würdest …«
    Wenn ich nicht solche Schmerzen hätte, würde ich lachen. Aber ein Lachen würde mir wahrscheinlich sämtliche gebrochenen Rippen wieder auseinanderreißen. Ein Liebespärchen. Junge Leute, in täppischem Bemühen, mit ihrer Leidenschaft umzugehen. Eine Zeitlang lausche ich ihren keuchenden Anstrengungen, die Tabus ihrer Gesellschaft zu überwinden, doch dann bin ich das Spiel leid und werde mir des gewaltigen Hungers bewußt, der in meinem Magen liegt. Ich dränge das Pärchen, so gut es geht, an den Rand meiner Wahrnehmung und mache mich auf die Suche nach kleinem Wild. Das Lärmen des Radios hat so ziemlich alles in der näheren und weiteren Umgebung verscheucht, doch am Waldrand spüre ich ein lebendes Wesen auf, das dort herumschnüffelt. Ich konzentriere mich darauf, es näher zu mir her zu ziehen. Als es anspricht, erkenne ich, daß es ein kleiner Hund ist. Nun, besser als nichts, wenn es mir auch besonders zuwider ist, allzu viel von dem schrecklichen Konservenfutter zu mir zu nehmen, das die Menschen ihren Hunden geben. Ich spüre, wie das Tier in der Dunkelheit näher herantrottet, doch die Geräusche, die aus der anderen Richtung kommen, höre ich nicht, vielleicht, weil mein Hunger so mächtig ist. Erst als sie ganz in der Nähe sind, werde ich auf sie aufmerksam. Ein Rascheln im Laub erschreckt mich so sehr, daß ich den Hund aus den Fängen meiner Konzentration lasse, und er schießt von Angst gejagt davon.
    Die Füße, die raschelnd durch das Laub streifen, sind nahe bei meiner Schulter. Hastig werfe ich einen Blick in diese Richtung. Die beiden jungen Leute kommen direkt auf mich zu!
    Ich liege still wie ein Stein. Sie haben im selben Moment angehalten, als der Hund wegrannte. Jetzt stehen sie schweigend unter den Bäumen, nicht mehr als zwei Manneslängen von meinem Versteck entfernt. Für sie ist es sehr dunkel, so daß sie mich wahrscheinlich nicht sehen können. Allerdings habe ich in diesen vergangenen Tagen der Qual nicht so sehr auf Sauberkeit geachtet wie sonst, und über meinem Bau hängt ein unverwechselbarer Geruch.
    »Was willst du denn hier, Stan? Hier sind massenhaft Moskitos«, sagt das Mädchen leise.
    »Ich weiß auch nicht«, antwortet ihr Freund, und in seiner Stimme liegt Verwunderung. »Ich hatte nur Lust, ein bißchen rumzugehen.«
    »Komm, kehren wir um. Die Biester beißen mich ja überall.«
    »Ja. Okay. Ich wollt’ nur ein bißchen rumgehen«, sagte der Junge wieder.
    Ich höre, wie einer der beiden davongeht, während der andere still in der Dunkelheit stehen bleibt, so daß ich das plötzliche Aussetzen seines Atems hören kann, als er meine Witterung aufnimmt. Im selben Moment trifft mich der erste Hauch seiner Angstausdünstung.
    »He, Barbara«, ruft der Junge leise und aufgeregt. »Hier riecht’s, als ob sich irgendwo ein Bär versteckt hätte.«
    »Stan! Komm doch! Die Mücken!«
    »Nein. Komm her und riech mal. Hier in dem Wald ist ein Bär, todsicher.«
    Ich höre, wie das Mädchen durch das welke Laub zurückläuft. Ihre Ausdünstung ist überdeckt von irgendeinem widerlichen Parfüm, das metallisch riecht, wie eine angemalte Blechblume. Sie und der Junge stehen jetzt noch näher an meiner Höhle. Ich atme ganz leise, während ich überlege, ob ich es schaffen würde, herauszuschießen und beide zu packen, ehe sie weglaufen. Nein, das hätte keinen Sinn. So rasch könnte ich mich nicht bewegen, ohne die eben erst verheilten Wunden wieder aufzureißen. Nur direkte Gefahr könnte mich jetzt zu blitzartiger Bewegung veranlassen. Ich werde einfach abwarten.
    »Ja, das stinkt wirklich«, sagt das

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