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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Mädchen. »Ist das ein Bär? Ich find’, das riecht mehr wie der Kuhstall von meinem Großvater, wenn er ihn nicht saubergemacht hat.«
    »Das ist keine Kuh. Das ist ein Bär«, erklärt der Junge aufgeregt, während er nicht weit von meinem umgestürzten Baumstamm hin und her tänzelt. »Ich hab’ schon mal einen gerochen, als Fred und Onkel Jake und ich auf der Pumajagd in Wyoming waren. Da war eine Höhle, und wir hätten den Bären beinahe erwischt, aber dann hat er uns doch noch gewittert und kam aus dem Canyon raus, ehe wir bei den Pferden waren.«
    »Also, ich will jedenfalls nicht im Dunkeln auf einen Bären stoßen, und du auch nicht«, sagt das Mädchen sehr vernünftig, wie ich finde.
    »Wetten, daß Onkel Jake den Bären erwischen würde, wenn er mit seiner Büchse hier rauskäme«, meint der Junge, während er im Laub herumtrampelt wie ein Büffel.
    Nur langsam dämmert mir die Gefahr. Mein Hirn ist zu benommen vom Schmerz und dem ständigen Bemühen, all die verschiedenen Muskelstränge in einem Zustand der Spannung zu halten. Was, wenn der Junge tatsächlich mit Gewehren und Hunden hier in den Wald herauskommt? Dann werde ich bestimmt entdeckt, vielleicht getötet, schwach wie ich bin. Ich werde flüchten müssen, und ich kenne die Gegend nicht. Ich weiß nicht einmal, ob ich mich hier noch in der Nähe derselben Stadt oder im selben Staat befinde. Bill Hegel kann weiß der Himmel wohin gefahren sein, um mich in die Todesfalle zu locken. Bei seinem Namen flammt in mir ein Gefühl auf, das ich niederkämpfe, weil es völlig unangemessen ist, doch es enthält Zorn und Wut auf den Mann, der beinahe meinen Tod herbeigeführt hätte. Es ist ihm immerhin gelungen, mich für lange Zeit zum Krüppel zu machen, mich letztlich vielleicht sogar zu töten. Ich bedenke das Gefühl und stecke es zu späterer Betrachtung weg.
    Der Junge stampft noch immer im Laub herum. Ich muß dem ein Ende machen, sonst stolpert er noch direkt in meine Höhle hinein. Ich verspüre Zorn auf ihn und wünsche, er würde aufhören. Und plötzlich werden seine Füße ruhig. Auch die Füße des Mädchens werden ruhig. Da wird mir klar, was geschehen ist. In meinem glühenden Verlangen nach Nahrung habe ich sie zu mir her gezogen wie den Hund. Auf meinen Befehl sind sie aus ihrem Wagen gestiegen und durch den Wald zu mir gekommen. Und jetzt sitzen wir alle in der Falle. Der Junge hat mich gewittert, und wenn er die Wahrheit spricht, dann wird er vielleicht mit Männern und Hunden zurückkehren, um mich zu töten. Ich kann es ihm also nicht gestatten, das Wäldchen zu verlassen. Ich könnte sie beide töten, doch ihr Automobil ist nicht weit entfernt, und sobald es aufgefunden wäre, würde eine noch gründlichere Jagd veranstaltet werden, um Hinweise auf den Mörder der beiden zu finden. Flüchtig erwäge ich, sie alle beide zu fressen und die Überreste zu verscharren. Aber auch in diesem Fall, was soll aus dem Automobil werden? Ich kann nicht aufrecht stehen, geschweige denn ein Automobil die Straße hinunterschieben. Und selbst wenn ich es schieben könnte? Könnte ich es auf die Geleise hinauf bugsieren und es vom Zug überrollen lassen, so wie man das mit mir versuchte? Ausgeschlossen. Ich bin wahrscheinlich zu schwach, auch nur einen von ihnen zu überwältigen; das alles, was mir da durch den Kopf geht, könnte ich nie schaffen. Selbst wenn ich gesund wäre, wäre es harte Arbeit, besonders, da ich Menschen mindestens genauso ungern verspeise wie ihre Hunde. Sie sind ganz einfach keine Geschöpfe, die zu fressen Genuß bereitet, und meine wachsende Neigung, mich mit ihnen zu identifizieren, würde es zusätzlich schwierig machen; es wäre beinahe Kannibalismus. Ich kann es tun, denke ich, während ich die beiden mit meinem Willen reglos im dunklen Wald festhalte, aber ich will es nicht. Es ist der Mühe nicht wert. Ich entlasse sie versuchsweise aus meinem Bann, um zu sehen, was sie tun werden.
    »Oh, Stan, was machen wir denn hier draußen?« schreit das Mädchen auf. »Ich hab’ Angst. Komm doch!« Und schon stürzt sie davon zum Auto.
    »Okay, okay, ich komm’ ja schon«, ruft der Junge ihr nach und läuft hinterher.
    Halt!
    Ich höre, wie sie unweit des Wagens abrupt anhalten. Sie stehen reglos. Ich kann sie noch immer lenken, selbst auf diese Entfernung. Vielleicht verstärkt die Verzweiflung um einiges die Macht, die ich über ihren Willen habe. Jetzt weiß ich, daß sie Angst haben und daß sie, wenn ich sie auch nur

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