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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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unter einem Stall. Die beiden Balken über meinem Kopf sind schon so viele Male weiß getüncht worden, daß sie jetzt aussehen, als wären sie aus einem weichen, weißen Gestein herausgehauen. Überall wimmelt es von Spinnennetzen, und ein angenehmer Geruch nach Kuh und Heu weht zu mir herunter, während ich auf meiner blutbefleckten Matratze liege, die jetzt an mehreren Stellen aufgeplatzt ist. Es hat ihr nicht gut getan, von meinem Gewicht belastet, treppauf, treppab geschleift zu werden. Insgesamt ist es keine schlechte Zelle. Sie hat sogar ein kleines Fenster, wo in Abständen Gesichter auftauchen und wieder verschwinden. Die große Holztür sieht recht stabil aus. Neben einem Eimer Wasser liegt ein großer Haufen Stroh. Ich verspüre Hunger, doch bis jetzt hat keiner daran gedacht, mich zu füttern. Ich frage mich, was nach ihrer Meinung ein seltener russischer Tanzbär frißt.
    Wenn ich nicht von ständigen Schmerzen gequält würde, könnte ich dieses ganze Spiel bis zu einem gewissen Grad erheiternd finden. Ruhe brauche ich noch dringender als Nahrung. Ich hoffe, es wird mir gelingen, irgendwann richtig zu schlafen, doch im Augenblick herrscht draußen noch große Betriebsamkeit. Schließlich kommt vom winzigen Fenster her eine blendende Stichflamme. Ein Fotograf. Jetzt wird also ein Bild in die Zeitung kommen. Ich hoffe, das Wesen darauf hat hinreichend Ähnlichkeit mit einem russischen Tanzbären, um allen weiteren Spekulationen den Boden zu entziehen. Ich überlege – oder Barry überlegt –, ob wohl Renee das Bild sehen wird. Er ist jetzt sehr tief in meinem Inneren, nachdem er nur einmal an die Oberfläche getaucht ist, um beinahe seinen Tod zu erleben. Aufgrund dieses Erlebnisses befindet er sich jetzt in einem Zustand, den man als Koma bezeichnen könnte. Ich suche nach ihm, doch sein Geist hat sich wieder zurückgezogen, weit in die Tiefe. Sein seelisches Verlangen nach der Frau ist eine interessante Sache, seiner Natur nach etwas ganz anderes als die körperlichen Bedürfnisse, die Charles hatte, eher Roberts Liebe zu Tante Cat und Martin ähnlich. In gewisser Weise ist es auch mir teuer. Ich grüble darüber nach, doch es kostet zu große Willensanstrengung, den Schmerz wegzudrängen, und endlich sinke ich in tiefen Schlaf.
    Den Gesprächen, die ich außerhalb meines Kerkers hören kann, habe ich entnommen, daß die jungen Leute mich nicht verraten haben. Man verfolgte sie, als sie mir Nahrung brachten, und so mußten sie schließlich gestehen, daß sie ein ›Tier‹ versorgten, das im Keller des alten McKinley-Hauses Zuflucht gefunden hatte. Nachdem der Dickwanst einen Blick in den Keller geworfen hatte, als ich noch schlief, brachte man die beiden schleunigst fort, um sie ja keiner Gefahr auszusetzen. Der Dickwanst trommelte dann die Leute zusammen, die mich gefangennehmen sollten. Der Polizist, der sich unter den Leuten befand, war nicht in seiner amtlichen Eigenschaft gekommen, sondern als Freund des Bauern, der mich jetzt gefangen hält. Zu Fressen gibt man mir Hundefutter aus der Büchse und Maisbrei. Ich hab’ einen solchen Hunger, daß ich meinen Bewacher auffressen könnte, und wenn das Essen nicht besser wird, werde ich das vielleicht auch tun. Immerhin würge ich das meiste davon mit großen Schlucken aus dem Wassereimer hinunter. Ich würde mir ein paar Hühner anlocken, wenn es irgendwo in der Zelle einen Spalt gäbe, der groß genug wäre, ein Huhn durchzulassen. Heute Abend werde ich es mit ein paar Ratten versuchen, die ich in verschiedenen Ecken des Stalls aufgespürt habe. Ratten zu fressen ist mir etwas Gräßliches, wenn auch die draußen auf dem Land nicht so übel sind, wie die von den Müllhalden der Stadt. Ich hoffe, daß sie besser schmecken werden als das Konservenfutter mit seinen drei köstlichen Geschmacksrichtungen. Es muß furchtbar sein, als Hund zu leben.
    Meiner Schätzung nach sind jetzt drei Tage und drei Nächte vergangen, ich befinde mich jetzt also den vierten Tag in meinem Verlies. Solange das Tageslicht anhält, wandert ein nicht versiegender Strom von Gesichtern an dem kleinen Fenster vorbei, und alle zwei Stunden, stelle ich fest, wischt jemand die Abdrücke von Nasen und Fingern von den Scheiben. Bestimmt verlangen sie Eintritt. Ein- oder zweimal wurde einem bevorzugten Besucher ein Blick durch den Türspalt gestattet. Anfangs haben mich die diversen Kommentare amüsiert, doch jetzt schirme ich mich gegen sie ab und kann mich auf die Heilung meines

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