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Werwelt 03 - Der Nachkomme

Werwelt 03 - Der Nachkomme

Titel: Werwelt 03 - Der Nachkomme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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die mir einfach so über die Lippen geko m men sind. Ich bin keine Lügnerin. Ich war nie eine …«
    »Na schön, dann hast du eben dein Gedächtnis verloren oder hast sonst eine von diesen psychologischen Störu n gen«, meinte Bo.
    »Nein, das ist es nicht. Das Tier benützt mich für irgend etwas, das es braucht. Ich habe keinen Zorn gegen sie, weil sie gut ist und weil sie dich geheilt hat, und dies ist nicht das erste Mal, daß sie einen Menschen gerettet hat. Im let z ten Sommer fiel hinter dem Theater ein kleiner italienischer Ju n ge von der Feuerleiter, und sie hat ihn wieder zum A t men gebracht, sie hat ihn ins Leben zurückgeholt. Er war tot, Bo.«
    Sie sah ihn an, als ginge ihr irgend etwas durch den Kopf, das sie nicht artikulieren konnte.
    »Sie hat ein Kind wieder zum Leben erweckt?«
    »Der Kopf des Jungen war auf der einen Seite, da, wo er auf das Pflaster aufgeschlagen war, ganz plattgedrückt, und als ich den Kleinen berührte, war er schlaff.« Sie schaude r te, zog sich das Leintuch enger um den Hals. »Er war wie ein – wie ein Lumpenbündel. Es war schrecklich. Ich wu ß te, daß er tot war. Und dann kam sie heraus und trug den Jungen zu der Höhle unter der Kapelle auf dem Friedhof, wo sie sich früher oft verkroch, und dort heilte sie ihn, brachte ihn wieder ins Leben zurück. Er lebt jetzt. Er wohnt nur ein paar Straßen von Dan und Polly entfernt.«
    »Und mich hat sie auch wieder ins Leben zurückgeholt«, sagte Bo, während er an seine Träume zurückdachte. »Ich hab ’ oft geträumt, sie wäre in meinem Zimmer bei Mrs. Peavey und –«
    »Das waren keine Träume«, fiel ihm Lilly ins Wort. »Ich erinnere mich an jedes einzelne Mal, aber ich weiß nicht, was sie getan hat oder wie sie es getan hat. Alles, was ich dir immer sagte, was für Übungen du machen sol l test, wie du essen solltest, was für Worte du sagen solltest, das alles hatte ich von ihr. Ich habe es nur an dich weite r gegeben.«
    »Aber du hast doch die ganze Arbeit gemacht«, wandte er ein, verzweifelt bemüht, diesen fernen Blick von Lillys Gesicht zu nehmen. »Du hast mich zurückgeholt, als ich beinahe gestorben wäre, weißt du noch? Damals, als ich meinen Sohn sah.«
    »Ach, eigentlich weiß ich gar nichts«, erwiderte sie. »Manchmal glaube ich mich erinnern zu können, daß auch ich das getan habe, daß ich meinen Körper verlassen habe, und irgendwo hingekommen bin, wo es wunderschön war, wo ich mitten in einem herrlichen Licht stand und alles ganz friedlich war.«
    »Ja, ja!« rief Bo. »Genauso war es. Du warst auch dort. Du mußt ein Mensch sein, denn das ist der Himmel, ich weiß es, weil mein Sohn dort ist.«
    Er war sich nicht bewußt, ob er ungereimtes Zeug sprach oder nicht, er gewahrte nur, daß sie wieder mehr die Lilly wurde, die er immer gekannt hatte, während sie versuchte, sich zu erinnern.
    »Meine Geburtstagsfeier«, murmelte sie geistesabw e send.
    »Wie?«
    »Das Auto – wir haben alle › Alouette ‹ gesungen und Rudy saß am Steuer«, fuhr sie fort, als erzählte sie eine Geschichte von jemand anderem. Ihre Stimme wurde fe s ter, als sie weitersprach. »Es war mein Geburtstag.« Sie runzelte die Stirn. »Ich wurde einundzwanzig, und wir h a ben getrunken, aus einer Flasche ohne Etikett – weil ich nicht trinken durfte –, obwohl ich schon einundzwanzig war – wegen – wegen der Prohibition.«
    Aus runden Augen blickte sie zu Bo auf.
    Er begriff sogleich.
    »Bo! Wann wurde die Prohibition aufgehoben?«
    »Warte mal, laß mich mal überlegen, vor ein paar Jahren schon. Neunzehnhundertdreiunddreißig, oder nicht?« U n gläubig sah er Lilly an. »Aber ein paar Staaten gibt es noch, wo der Alkohol immer noch verboten ist.«
    »Bo, ich hab ’ in diesem einen Jahr meines Lebens nicht einen Tropfen Alkohol getrunken. Das ist eine Erinnerung. Ich weiß, daß es eine Erinnerung ist!« Sie klatschte in die Hände, dann packte sie ihn bei den Schultern und küßte ihn. »Es ist eine Erinnerung, die mindestens vier Jahre alt ist. Hältst du es für möglich, daß das Tier mich wirklich in Besitz genommen hat, daß ich ein richtiger Mensch mit einem richtigen Leben bin? Daß ich nur gekidnappt worden bin?«
    Er war so glücklich, daß diese trostlose Ausdrucksleere aus ihrem Gesicht verschwunden war, daß er allem zuge s timmt hätte. Doch er fand die Vorstellung, daß sie ihr G e dächtnis verloren hatte, ganz natürlich. Daß das Tier sie geschaffen haben sollte, ein solcher Gedanke ging

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