Werwelt 03 - Der Nachkomme
Flattern in seinem M a gen. Vielleicht war es auch in seinem Herzen. Es fühlte sich jedenfalls gut an.
»Spielen Sie Schach?« erkundigte sich Dan in beinahe entschuldigendem Ton.
»Nicht besonders.«
»Ach ja, das sagen sie alle«, meinte Dan und lachte. »Und dann schlagen sie mich in Sonne, Mond und Sterne.«
Die Männer setzten sich ans Feuer und spielten, wä h rend die Frauen in der Küche rumorten und später ins Woh n zimmer kamen, um die Geschenke für die Nachba r jungen einzupacken, die zum Abendessen eingeladen w a ren.
Der gefüllte Truthahn schmorte den ganzen Morgen lan g sam vor sich hin, und würzige Düfte zogen durch das kleine Haus, die sich mit dem Tannenduft des Weihnacht s baums und der Kränze und dem Wachsgeruch der Kerzen ve r mischten, die in den beiden vorderen Fenstern brannten. Draußen verdunkelte sich der Himmel, als neue Schneewo l ken aufzogen, während der Wind leise seufzend ums Haus strich und an den Telefondrähten auf der Straße rü t telte. Das Feuer knackte und knisterte, und die Frauen lac h ten hin und wieder amüsiert, während die Männer grübelnd über ihrem Spiel saßen. Dan zog seine Pfeife heraus und steckte sie zwischen die Lippen, doch er zündete sie nicht an.
Als die Jungen kurz nach Mittag eintrafen, wurde es laut und stürmisch im Haus. Päckchen wurden ausgepackt, und es gab Gelächter und Tränen der Rührung. Der Stapel von Päckchen unter dem Baum wurde zusehends kleiner, wä h rend der Haufen von Papier und Bändern wuchs. Dan ging immer wieder in die Knie, um das Papier einzusammeln und in den Kamin zu stopfen, und Polly rief aufgeregt, er würde bestimmt die Weihnachtskarte von Tante Cathy mit wegwerfen oder die Gebrauchsanweisung für ihren neuen Mixer. Die Jungen, acht und neun Jahre alt, hatten von zu Hause etwas eigenes Spielzeug mitgebracht, doch bei den Carrothers erwartete sie neues Spielzeug; ein Doppeldecker mit einem Propeller, den man drehen konnte, und einem Piloten im Cockpit, und einen Sulky mit Pferd und Fahrer, den man aufziehen und dann in einem Höllentempo durch das Einwickelpapier sausen lassen konnte.
Bo sah zu, wie Lilly ihren Ring auspackte, und wurde durch ein strahlendes Lächeln belohnt. Das Lächeln in i h ren Augen zerschmolz in Tränen, als sie sich den Ring an den Finger steckte und sah, daß er genau paßte. Sie hielt ihn hoch, um ihn bewundern zu lassen, dann kam sie zu Bo, der mit den beiden Jungen auf dem Boden hockte, und kniete neben ihm nieder. Vor aller Augen gab sie ihm einen langen, festen Kuß.
»Jetzt mußt du mein Geschenk aufmachen«, sagte sie und reichte ihm ein kleines, flaches Kästchen.
Darin lag eine prächtige Brieftasche aus teurem Leder, in das mit kleinen Buchstaben sein Name eingeprägt war. Er klappte sie auf und fand drinnen eine Fotografie von Lilly, die sie mit diesem wunderbaren Lächeln auf dem Gesicht zeigte.
»Schaut euch das an«, sagte er und hielt das Foto hoch. »Und in Farbe ist es auch noch.« Er zog Lilly an sich und küßte sie wieder. »Ich bin ganz verliebt in das Bild«, flü s terte er ihr ins Ohr. »Ich werd ’ mich nie davon trennen.«
»Sie hat es extra für Sie machen lassen«, bemerkte Dan und sah Bo mit einem, wie es schien, sinnend wehmütigen Ausdruck an. Dann wurde das Essen aufgetragen, und der Tisch bog sich beinahe unter den üppigen Speisen und G e tränken. Als sie sich alle setzten, bemerkte Bo, daß sie e r wartungsvoll auf Dan blickten, also tat er es ihnen nach und faltete seine Hände im Schoß. Als der alte Mann zu sprechen begann, neigten sie die Köpfe.
»Lieber Gott im Himmel, wir danken dir von ganzem Herzen für das, was wir von dir empfangen dürfen, und wir danken dir auch für dieses Weihnachten, das uns in Liebe und Gesundheit vereint. Lieber Gott, wir sind froh und dankbar, daß Bo und Lilly heute bei uns sein können, und wir sind auch dankbar um die Jungen, Eugene und Dale, die die Zukunft in sich tragen und von dir in deiner Güte geliebt werden. Herr, an diesem Geburtstag deines Sohnes Jesus Christus bitten wir dich, uns weiterhin Gesundheit und Kraft und die Gemeinschaft mit unseren Lieben zu schenken.«
Lilly blickte auf. »Amen.«
Das Mahl erwies sich als so gut wie es aussah, und wenn auch Bo immer nur kleine Portionen vertragen konnte, aß er mehr, als er seit Monaten gegessen hatte, und nahm sich sogar etwas von dem Eis, das es zum Nachtisch gab.
Später, nachdem die Jungen nach Hause gegangen wa r en, saßen sie im
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