Werwelt 03 - Der Nachkomme
öffneten sich weit und verengten sich zu Schlitzen, während es sich seiner eigenen Wonne hingab.
Und dann war es vorbei. Das Tier war verschwunden, und Lillys weicher, weiblicher Körper lag neben dem se i nen. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Atem kam in la n gen, unregelmäßigen Stößen, die sich jetzt verlangsamten. Bo lag neben ihr, und langsam kehrte sein Verstand zurück. Es war wieder so ein Traum gewesen. Doch er spürte ein kleines Rinnsal von Blut und blickte an seiner Seite hinu n ter, wo ein langer Kratzer in einem kleinen tiefen Loch e n dete, aus dem langsam Blut quoll. Kein Fingernagel konnte ihm diese Wunde beigebracht haben, und er spürte jetzt auch die langen Kratzer auf seinem Rücken. Er sah wah r scheinlich aus, als hätte er mit einem Tiger gekämpft, dac h te er, überrascht darüber, mit welcher Selbstverständlic h keit er dieses unnatürliche Geschehen hinnehmen konnte. Dann schien es ihm auf einmal so absurd, daß es komisch wurde – aus der sexuellen Inbesitznahme, dem, was man › die Eroberung ‹ nannte, war genau das Gegenteil gewo r den, der, der in Besitz zu nehmen glaubte, war in Besitz genommen worden. Das war zuviel für den Verstand. Bo drückte sein Gesicht neben Lillys Kopf ins Kissen, um sein plötzlich unkontrollierbares Lachen zu ersticken. Wie, zum Teufel, kann es komisch sein, ging es ihm durch den Kopf. Es ist verrückt. Doch das tiefe Glücksgefühl, das er em p fand, ließ sich nicht erschüttern, nicht einmal durch die Gewißheit, daß sie zu dritt in diesem Bett lagen.
Lilly drehte den Kopf, um Bo anzusehen. Sie sah, daß er zitterte.
»Bo?«
Sie versuchte, seinen Kopf vom Kissen zu heben und zog ihn schließlich einfach am Haar hoch.
Er hob sein rotes, lachendes Gesicht zu ihr auf.
»Entschuldige, aber plötzlich kam mir das alles schrec k lich komisch vor.«
Sie lachte leise und drückte seinen Kopf wieder ins Ki s sen.
»Mein Gott, und ich dachte, du weinst.«
Wie herrlich, dachte sie, darüber lachen zu können. Es war ja wirklich komisch. Die Verwandlung hatte sie genau in dem Moment überrumpelt, als sie selbst ihren eigenen Höhepunkt erreicht hatte. Sekundenlang hatte der Wechsel sie ausgeblendet, obwohl sie auf eine gewisse Weise noch immer zugegen gewesen war und Bos Reaktion auf seine plötzlich bepelzte Geliebte hatte wahrnehmen können. Vielleicht war es das, was die Franzosen meinten, wenn sie von Menage a trois sprachen, dachte sie in der Gewißheit, daß sie zu dritt waren, daß sie immer zu dritt waren, wenn sie und Bo zusammen waren, weil Sie ihm das Leben gere t tet hatte und ständig gegenwärtig war, dicht unter der Oberfläche.
Der Mann und die Frau sind jetzt ruhig und sprechen leise von ihrer Liebe, während ich selbst mich als ein Teil von beiden fühle. Es ist eine komplizierte mehrstimmige Ha r monie dreier bewußter Leben, deren Entstehen ich in di e sem Augenblick fühle; der Gesang der verschiedenen Schwingungsfolgen stimmt in der Tonart, aber nicht in der Tonhöhe überein. Schon früher ist mir sexuelle Lust aus der menschlichen Gestalt zuteil geworden, doch jetzt erfüllt mich ein neues Gefühl. Es ist eine Erweiterung, die aus der Verflechtung dreier Seelen geboren ist; so als würden drei Steine zugleich ins Wasser geworfen, und ihre Wellen gri f fen ineinander, vereinigten ihre Kraft, anstatt sie auszulö s chen. Der explosionsartige Energiestoß, der mich in di e sem Moment der Leidenschaft aus meiner angenommenen Form herausgeschleudert hat, ist jetzt etwas anderes g e worden, etwas viel größeres, etwas, das mehr mir zugeh ö rig ist. Ich habe das Gefühl, als dehnte sich mein ganzes Universum aus.
Das Platzen einer Schale. Funkelndes Licht umhüllt mein versenktes Selbst, als tauchte ich aus dunklem Meer empor. Das Begreifen, das mich überwältigt, macht aus allen anderen Ereignissen nur Beiwerk dieses einen M o ments. So. Jetzt verstehe ich. Ich ziehe mich in die Dunke l heit meiner selbst z u rück, um diese Veränderung näher zu betrachten.
Lange Zeit später hörte er sie seufzen.
»Wir sind nicht allein, Bo«, sagte sie.
»Ja, das spüre ich.«
»Wußtest du es vorher?«
»Nein. Das heißt, es kann schon sein, daß ich vielleicht so was gedacht habe, als ich noch krank war«, erwiderte er, während er sich zu erinnern suchte, ob er je zu diesem Schluß gekommen war.
»Oh! Sie hat dich gekratzt«, sagte Lilly und berührte die Wunde an seiner Seite, die jetzt aufgehört hatte zu bluten.
»So ein
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