Werwolf-Hölle
mehr auf der Hut. Sein Gefühl sagte ihm, daß die Dinge noch nicht vorbei waren. Die Wölfe waren nicht grundlos durch den Wald gestreift, und er hatte auch keinen Anführer ausmachen können. Wobei er annahm, daß dieses Leittier dann ein Werwolf war.
Über ihm malte sich ein Scherenschnitt aus kahlen Ästen und Zweigen ab. Hoch darüber lag der Himmel, und dort schimmerte auch das gelbe Auge des Mondes.
Kein Nachtvogel wischte durch den Wald. Nicht einmal eine Maus bekam er zu Gesicht.
Diesmal hatte ihn sein Sinn getrogen. Es kam nichts mehr nach. Suko wollte auch nicht im Wald bleiben. Der Rover war sein Ausgangspunkt. Auf ihn ging er zu.
Suko blieb rechts neben dem Fahrzeug stehen. Er stieg nicht ein, weil ihn etwas daran hinderte. Es war ein Gefühl, und das gefiel ihm gar nicht. Obwohl sich äußerlich nichts verändert hatte, traute er dem Frieden nicht.
Hinter seinem Rücken hörte er plötzlich ein Geräusch. Er wußte nicht, ob es leise Schritte waren oder sich nur Blätter bewegt hatten. Jedenfalls paßte es nicht in die Stille. Suko wollte herumfahren, als er die Stimme hörte.
Sie klang leise, aber verdammt gefährlich. »Wenn du dich rührst, bist du tot!«
***
Die Erfahrung hatte Suko gelehrt, zu erkennen, wann es jemand ernst meinte und wann er nur bluffte. In diesem Fall war es kein Bluff, und deshalb tat er genau das, was man ihm geraten hatte. Er blieb stocksteif stehen und verdrehte nur die Augen, um in den Außenspiegel zu schauen. Vielleicht konnte er erkennen, was sich hinter ihm abspielte, aber er hatte Pech.
Trotzdem bewegte sich etwas auf ihn zu. Er hörte das leise Rascheln, überlegte genau und kam zu dem Entschluß, daß es keine Wölfe waren, die hinter seinem Rücken standen. Die Laute stammten von einem Menschen, und ein Mensch hatte ihn auch angesprochen.
Er konnte ihn riechen, wahrnehmen. Er merkte auch, daß von dem anderen eine gewisse Wärme abströmte, und der Geruch erinnerte ihn an Wald und feuchte Erde.
»Die Arme hoch und hinter dem Nacken verschränken!« vernahm er den geflüsterten Befehl.
»Gut.« Suko tat, was ihm befohlen worden war. In dieser Haltung war er relativ wehrlos. Der Typ hinter ihm wußte genau, was er tat.
»Du kannst dich drehen!«
»Wie gütig.«
Er hörte nur ein Lachen.
Die Sekunden verstrichen langsam, wie es Suko vorkam. Zudem ließ er sich Zeit, und wenig später starrte er dem Kerl ins Gesicht. Es war dunkel, aber das dem Boden entgegensickernde Mondlicht reichte aus, um ihn recht gut erkennen zu können.
Der Mann war ihm unbekannt. In der Hand hielt er einen Revolver mit sehr langem Lauf, denn er hatte einen Schalldämpfer auf die Mündung geschraubt.
Es war schwer für Suko, diesen Typen in einen Zusammenhang mit den Werwölfen oder überhaupt den Wölfen zu bringen, weil er eben so anders aussah und auch nicht den Eindruck machte, als gehörte er hier in den Wald hinein. Vom Aussehen und auch vom Outfit her hätte er besser in die nächtliche Großstadt gepaßt.
Er trug eine lange Lederjacke und dazu eine Lederhose. Die Jacke war in Höhe der Taille zugeknöpft und lag eng am Körper. Darunter malte sich ein graues T-Shirt oder Hemd ab. Für die Kälte der Nacht war der Typ viel zu dünn angezogen, aber der Begriff frieren schien für ihn ein Fremdwort zu sein.
Das Gesicht war recht blaß. Das dunkle Haar glänzte wie gegelt, und es war sorgfältig frisiert. Die gesamte Masse hatte er nach vorn gekämmt. Über der Stirn wellte sich das Haar von einem Ohr zum anderen als Tolle hoch.
Der Mann war ungefähr 30. Auf keinen Fall älter. Er sah Suko aus seinen dunklen Augen an, ohne etwas zu sagen. Es war nur dieses Taxieren und Abwarten, als suchte er nach einer Schwachstelle des regungslosen Inspektors.
»Wer sind Sie?« fragte Suko.
Als Antwort erntete er ein glucksendes Lachen. »Warum fragst du? Ich bin derjenige, der dir den Tod und das Leben bringt. Allein im Wald zu sein ist zu gefährlich.«
»Allmählich glaube ich das auch. Wo ich doch die Wölfe gesehen habe. Gehören sie zu dir?«
»Sie sind nett, nicht?«
»Darüber kann man streiten.«
»Ich heiße übrigens Tony Hogan. Das nur, damit du weißt, wem du dein Schicksal zu verdanken hast. Wir werden uns sicherlich in anderer Form wiedertreffen.«
Suko blieb gelassen. »Als Wolf?« fragte er.
»Nein, nicht direkt. Mehr als Werwolf, verstehst du? Es ist heute die perfekte Nacht. Wenn du nach oben schaust, siehst du den Mond, und du glaubst gar nicht, wie stark er
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