Werwolf-Hölle
Götterwolf...
***
Genau diese Tatsache gab dem Fall eine völlig neue Dimension.
Fenris war für die Werwölfe der Allergrößte. Der Wolf der Wölfe, wenn man so wollte. Das Götterbild, der Helfer aus einer Welt, die aus Mythen und Sagen bestand.
Auch er war nicht unbedingt allein, denn zu ihm gehörte ein Pendant. Der Name kam mir automatisch in den Sinn, denn zu dieser zweiten Gestalt besaß ich eine besondere Beziehung. Es war Morgana Layton, die Menschwölfin, die ich vor Jahren schon zu den Ahnen hätte schicken können. Damals war es mir nicht möglich gewesen, mich dazu zu überwinden. Von diesem Zeitpunkt an hatte ich eine Feindin mehr gehabt.
Wenn Fenris erschien, dann mußte auch sie mitmischen, und mir würden verdammt harte Zeiten bevorstehen.
Ich sah sie nicht. Sie mußte auch nicht unbedingt in der Nähe lauern. Eine wie sie hielt sich zumeist im Hintergrund verborgen und tauchte nur dann auf, wenn sie es für richtig hielt. Aber ich mußte damit rechnen, ihr ebenfalls zu begegnen.
Noch sah ich nur den gewaltigen Schatten. Der Körper war gestreckt. Er sah aus wie zum Sprung bereit oder wie schon im Sprung, der unterbrochen war, ohne das Ziel zu erreichen. Er hatte sich mit der Hälfte des Oberkörpers in den kreisrunden Mond hineingeschoben, der Kopf malte sich besonders deutlich ab, wobei er seine Schnauze weit geöffnet hatte und ich sogar die Zunge entdeckte, die daraus hervorhing.
Vergessen für mich waren die vier normalen Wölfe, die tot auf der Lichtung lagen. Allerdings stand Fenris auch für sie ein, und so ging ich davon aus, daß er sich rächen würde. Vielleicht nicht selbst, denn er hatte auf dieser Welt seine Botin. Es war die schon erwähnte Morgana Layton. Versehen mit einem wahnsinnigen Machthunger und immer darauf bedacht, ihre Macht auszudehnen, wobei sie auch unter den dämonischen Ihresgleichen Feinde hatte. Dazu zählte ich im besonderen die Vampire, denn sie und auch die Werwölfe hatten sich schon manchen Machtkampf geliefert, bei dem ich nicht mehr als ein Zeuge gewesen war.
Ich stand auf der Lichtung, schaute zum Himmel und hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Es gibt einfach Situationen, da denkt man, man schwimmt weg, und hat das Gefühl, mit allem nichts mehr zu tun haben zu wollen.
Für mich stand allerdings fest, daß sich Fenris nicht grundlos gezeigt hatte. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, daß ich der Grund gewesen sein sollte. Hier war etwas passiert, das ihm nicht gefallen konnte. Jedes Töten eines Wolfes mußte er als persönliche Niederlage betrachten. Der verstorbene Zeuge hatte von einem Werwolf gesprochen, und genau den hatte ich noch nicht gefunden. Deshalb vermutete ich, daß es zwischen Fenris und ihm einen besonderen Zusammenhang gab und der Götterwolf die Verbindung nicht so ohne weiteres lösen würde.
Ich hatte die Beretta noch nicht weggesteckt. Mein rechter Arm hing nach unten. Das Gewicht der Waffe zog an meiner Hand.
Abgesehen davon, daß die Lichtung aussah wie ein Kampfplatz, hatte sich nichts verändert. Es gab noch keinen unmittelbaren Angreifer. Die Wölfe lagen tot im Gras, wie auch mein Begleiter. Er war nicht durch einen Wolf ums Leben gekommen, sondern durch eine Kugel. Deshalb mußte auch ich mich als Zielobjekt fühlen, obwohl es auf der Lichtung nicht mehr so hell war. Aber auch Winston Taylor hatte ein Gewehr mit Infrarot-Zieloptik benutzt. Eine derartige Waffe hätten sich auch meine Gegner besorgen können.
Es wurde nicht geschossen. Die andere Seite schien das Interesse an mir verloren zu haben. Ich hörte auch kein fremdes Geräusch, und Suko meldete sich ebenfalls nicht.
Ihm galt meine zweite Sorge. Ich wollte es noch einmal versuchen und Kontakt mit ihm aufnehmen. Dazu kam es nicht mehr, denn plötzlich wehte mir das Geheul entgegen.
Obwohl ich hatte damit rechnen müssen, zuckte ich zusammen. Das Heulen war von vorn erklungen. Wer immer es ausgestoßen hatte, verbarg sich im dichten Unterholz des Waldes. Für mich war er nicht sichtbar. Fenris stand auch weiterhin als Schatten gegen den dunklen Himmel gedrückt. Er hatte das Heulen nicht ausgestoßen.
Es waren klagende Laute. Wer immer sie von sich gab, mußte sich dabei sehr quälen. Es schienen die akustischen Folgen eines Kampfes zu sein, den er ausfocht.
Es blieb nicht beim Heulen. Ich hörte auch andere Laute. Dann bewegten sich Büsche am Waldrand, als hätten sie von der anderen Seite Druck bekommen.
So war es auch.
Einen Moment später
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