Werwolfkind (German Edition)
vorzubereiten.«
Weil sie durch ihren Gatten davon betroffen war, hatte sich Francesca über die Mondphasen informiert. Astronomisch gesehen stand der Mond nur in einer einzigen Nacht des Monats mit maximaler Helligkeit am Himmel. Ganz exakt gesehen sogar nur maximal 3,5 Stunden. Jedoch mussten bei der Lykanthropie die Phasen des fast vollen und dann wieder abnehmenden Monds dazugerechnet werden.
Die Helligkeit des Vollmonds schwankte aufgrund der elliptischen Umlaufbahnen von Erde und Mond. Wenn die Erde der Sonne am nächsten war und sich der Mond zugleich an seinem erdnächsten Punkt befand, war der Vollmond um 22 Prozent heller als im umgekehrten Fall.
Im Vergleich zu einem sternklaren Nachthimmel bei Neumond war der Vollmond um das 250fache heller. Es handelte sich hier um eine Wissenschaft für sich. Die Vollmondphase war weltweit gleich, jedoch entsprach sie wegen der Zeitzonen verschiedenen Uhrzeiten. Wenn es also auf Sumatra Werwölfe gab, würden diese exakt zur selben Zeit wie in Kalabrien die Wirkung des Vollmonds spüren.
Doch die Uhr zeigte in den jeweiligen Breiten verschiedene Zeiten an. Der Mond bestimmte auch Ebbe und Flut. Er hatte durchaus Einwirkungen auf die Menschen und auf die Erde. So zog er das Wasser an, was die Gezeiten, also die Tide, verursachte. Der menschliche Körper bestand zu einem Großteil aus Wasser.
Beim Neugeborenen betrug der Flüssigkeitsanteil mit Wasser im Körper 75 Prozent, beim Erwachsenen sank er auf 55 Prozent ab. Der Gesamtwassergehalt betrug beim Erwachsenen 65 Prozent des Körpergewichts, wobei er bei Frauen um 5 -10 Prozent niedriger lag.
Das Vollmondlicht entfaltete seine Wirkung und magischen Einflüsse in jedem Fall, auch wenn der Himmel vollständig bewölkt war. Ebbe und Flut fanden dann genauso statt, und der lykanthropische Keim brach bei den Werwölfen aus. Francesca hatte viel über dieses Thema gelesen und sich schlau gemacht. Im Internet konnte sie das nicht, das war zu der Zeit noch im Entstehen, was die Telekommunikation betraf.
In der Schlossbibliothek gab es viel Literatur über Werwölfe und Lykanthropie, teils bibliophile, okkulte und auch obskure Werke. Am meisten hatte Francesca jedoch von ihrem Gatten Ricardo erfahren, obwohl er sehr ungern über dieses für ihn unangenehme Thema sprach.
Er wusste nicht, ob es anderswo auf der Welt weitere Werwölfe gab. Ricardo ging jedoch davon aus. Die Lampedusas waren nie mit solchen in Berührung gekommen und hatten auf einen Kontakt auch keinen Wert gelegt. Von anderen Horrorwesen wie Vampiren, Ghulen und Zombies wusste Ricardo nichts und wollte er nichts wissen.
»Mein Ururgroßvater wurde in Transsylvanien von einem Werwolf gebissen. Ich kann nicht glauben, dass das der weltweit einzige war.«
Francesca verspürte jeweils Angst, wenn sie an diese Wesen der Nacht dachte. Es gab Dinge jenseits der Erfahrungen des Alltags und der Erkenntnisse der Naturwissenschaften. Der Mensch in seiner Hybris hatte die Welt nicht für sich, noch hatte er all ihre Geheimnisse erkannt und gelöst.
Es gab dunkle Bereiche, aus denen Gefahrvolles hervorbrechen konnte, und die man besser mied. Wohl dem, der nie damit in Berührung geriet.
Man musste, das wusste Francesca inzwischen, bei einem Werwolf von der Art Ricardos und seiner Väter mit einer Verwandlung in zwei bis drei Nächten in der akuten hellsten Mondphase rechnen. Dann gab es noch Bestien von der Art Benitos, die sich durch Blutdurst und Mordtaten fast völlig ins Animalische verwandelt hatten und deren menschliche Gestalt umgekehrt nur an zwei bis drei Tagen im Monat auftrat.
Ob es noch weitere, andere Sorten von Werwölfen gab, war ungewiss. Ricardo glaubte das nicht. Was die Herkunft, das Entstehen der Lykanthropen anging, tappte er im Dunklen. Professor Cascia vertrat die Theorie, dass die Lykanthropen aus einer prähistorischen Rasse von Tiermenschen hervorgegangen seien.
Wie viele Werwölfe es weltweit gab, wo solche existierten, wusste der gute Professor nicht.
Auch was die Vererbung der Lykanthropie betraf, kannte Francesca nur das, was in Ricardos Familie bekannt war. Sie wollte daraus keine Wissenschaft machen, ihr ging es um den geliebten Mann und den Erhalt ihrer Familie.
Ein Werwolf konnte durch Silber getötet werden, weshalb, darüber stritten sich die Gelehrten, so sie sich damit befassten. Auch das Enthaupten – Abschlagen des Kopfs – und wenn er völlig verbrannt wurde töteten ihn. Im Tod nahm er wieder seine menschliche
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