Wes - Wächter der Nacht
setzte sich ihr gegenüber an den Tisch, kaute und schluckte, bevor er antwortete: „Von überall und nirgends. Mein Vater war in der Navy, ein Master Chief. Aber gleich nach meinem Eintritt in die Navy wurde er pensioniert und zog mit der Familie nach Oklahoma. Die Eltern meiner Mutter lebten dort. Wenn ich heutzutage nach Hause fahre, dann fahre ich dorthin, aber es fühlt sich komisch an, weil ich nie mit meiner Familie dort gelebt habe. Verstehst du das?“
„Ich kann’s mir vorstellen.“
„Mein Dad war eine Zeit lang auf Hawaii stationiert. Das war einfach toll. Mir hat es dort am besten gefallen. Ich habe surfen gelernt und meine, wie sagt man so schön, prägenden Jahre dort verbracht. Wenn ich an zu Hause denke, dann denke ich an O’ahu. Leider bin ich seit Jahren nicht mehr dort gewesen.“
Brittany musste lachen. „Als Teenager hab ich die April- Filme unglaublich gern gesehen. Ich wollte sogar nach Kalifornien oder Hawaii ziehen, um meinen eigenen Moondoggie zu finden …“
„Ach ja?“, fragte Wes. „Nun, hier bin ich, Babe!“ Er zwinkerte ihr zu. „Leibhaftig und in Lebensgröße. Dein ganz persönlicher Meistersurfer.“
„Surfst du immer noch?“
„Ja, gelegentlich. Im Moment habe ich nicht sehr viel Zeit, an den Strand zu gehen, aber wenn ich es tue … Mit den Jugendlichen kann ich immer noch mithalten.“
Mithalten. Brittany hätte sonst was darauf gewettet, dass Wes sie in Grund und Boden surfen würde. Sie lächelte ihn an. „Nicht schlecht.“
Er lächelte zurück. „Oh, oh, ich hätte nicht gedacht, dass du so leicht zu beeindrucken bist. Ich kann übrigens auch Rad fahren. Und auf den Händen stehen und …“
„Hör auf! Von wegen leicht. Ich habe versucht zu surfen. Ich weiß, wie schwer das ist.“
„Ach wo, man muss nur gut das Gleichgewicht halten können.“
„Richtig. Und ich war diejenige im Sportunterricht, die keine zehn Zentimeter auf dem Schwebebalken gehen konnte, ohne herunterzufallen.“
„Das glaube ich nicht. Du bewegst dich sehr graziös.“
„Ich schätze, ich habe irgendwelche Probleme mit dem Innenohr.“
Wes grinste. „Das ist immer eine gute Ausrede. Stolpere über deine eigenen Füße und falle auf die Nase – hoppla, mein Innenohr hat mir mal wieder einen Streich gespielt.“
Sie musste erneut lächeln. Erzähl mir von Ethan, dei- nem kleinen Bruder. Stattdessen sagte sie: „Erzähl mir von Amber. Hast du sie überzeugen können, dass sie einen Bodyguard braucht?“
Er verdrehte die Augen, schob das letzte Stück Sandwich in den Mund und nahm sich eine Serviette, um sich die Lippen abzutupfen, bevor er antwortete: „Sie sagt, sie nimmt sich einen Bodyguard – aber nur, wenn ich den Job übernehme.“
„I will always love you!“, trällerte Brittany.
„Pfff. Ja, ich schätze, sie versucht die Situation in eine Liebesschnulze umzumünzen. Dumm, dass Männer diesbezüglich ganz andere Vorstellungen haben als Frauen.“
Brittany krümmte sich vor Lachen. Sein Humor gefiel ihr, und sie konnte einfach nicht aufhören, in sich hineinzukichern. Er grinste. Jetzt wusste er, wo und wie er sie packen konnte. Gott sei Dank war Andy nicht zu Hause.
„Offen gesagt: Für sie steht das Drehbuch offenbar fest. Du weißt schon: ‚Hallo, ich bin dein Bodyguard. Um dich noch umfassender zu beschützen, muss ich mit dir unter die Dusche gehen …‘“ Er rollte mit den Augen. „Sie hat mich den ganzen Abend ständig angemacht.“
„Oh, mein armer Junge! Was musst du gelitten haben.“
Wes nahm seinen Teller und räumte ihn in den Geschirrspüler. Du liebe Güte – ein Mann, der seinen Kram selbst wegräumte!
Er drehte sich zu ihr um. „Weißt du, ich bin mit dem Gedanken hingefahren: warum eigentlich nicht? Da habe ich all die Jahre darauf gewartet, dass Lana die Wahrheit über Wizard erfährt, und Himmel noch mal, gestern erfahre ich, dass sie es schon lange weiß, und … Worauf zum Teufel warte ich eigentlich noch? Die Hölle wird offenbar nicht gefrieren, oder? Also kann ich entweder denRest meiner Tage damit verbringen, zu jammern und mich elend zu fühlen, oder mich befreien und das Leben endlich genießen. Ich kam zu dem Schluss, jetzt sei es an der Zeit, zu genießen. Ich meine, Amber Tierney! Warum denn eigentlich nicht? Also fuhr ich heute Abend zu Amber und habe auf dem Weg dorthin in der Drogerie … du weißt schon … etwas Bestimmtes gekauft. Aber, Britt …“ Er schüttelte den Kopf. „Es funktioniert nicht. Amber
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