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Wesen der Nacht

Wesen der Nacht

Titel: Wesen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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starr und ausdruckslos. »D as war ein Bär. Ein richtiger, echter Bär. Und er hat sich…«
    »… in einen Mann verwandelt.«
    Pepper sah aus, als müsse sie sich jeden Moment übergeben. Aus ihrem Mund drang ein Laut, der sich mit viel Fantasie wie ein »M hm« anhörte.
    Und plötzlich begriff ich es. »D u hast mir nicht geglaubt?! Nach allem, was ich dir über das Jenseits erzählt habe? Oh Mann, Pepper, du arbeitest in einem Zauberbedarfsladen!«
    »A ber ich bin noch nie einer Hexe oder einem Magier begegnet. Nur solchen, die behaupten, es zu sein. Aber bisher hat keiner von ihnen…« Sie zuckte die Schultern. »I ch weiß auch nicht… Feuerbälle geworfen oder mir Warzen an die Nase gehext. Das ist doch alles nur New-Age-Kram und ein bisschen heidnischer Glaube.«
    Ihre Worte verletzten mich. »D achtest du wirklich, ich würde mir das alles ausdenken?«
    »N ein, aber dass du vielleicht in dem einen oder anderen Punkt ein bisschen übertreibst. Zum Beispiel bei der Sache mit dem Gestaltwandeln.«
    »E r ist ein Tierwandler«, korrigierte ich, in der Hoffnung, ein wenig Zeit zu gewinnen, um meine Wut und Enttäuschung zu überwinden. Erfolglos. »D u hast mir also auch nicht geglaubt, dass mein Vater ein Tor zu einer Parallelwelt bewacht und dafür sorgt, dass diese Wesen nicht hier einfallen können?«
    Pepper wand sich unter meinem Blick. »N a ja«, sagte sie gedehnt. »D as Tor könnte zum Beispiel eine Art Metapher sein. Das ganze Jenseits könnte eine Metapher sein!«
    Ich blinzelte. »W ofür?«
    »D as Böse in uns.« Wieder zuckte sie die Schultern. Eine Geste, in die sie sich gerne rettete, wenn sie nicht mehr weiter wusste. »S erena, ich dachte wirklich… Oh Mann, Scheiße! Ich weiß eigentlich gar nicht mehr, was ich dachte. Jedenfalls nicht, dass dieses Jenseits realer sein könnte als irgendwelche Geschichten über Zauberer.«
    »Z auberer, die existieren«, knallte ich ihr vor den Latz.
    »D ie angeblich existieren.«
    Ich sah sie stumm an.
    Pepper riss die Augen auf. »D u meinst, die gibt es auch?«
    »S ie beziehen ihre Kraft aus dem Jenseits.« Zumindest die meisten von ihnen. Einige wurden aber auch mit Magie im Blut geboren. So hatte Gus es mir erklärt.
    »O h.«
    Dieses kleine, sinnlose Wort, drückte alles aus, was Pepper in diesem Augenblick empfand. Und es ließ mich begreifen, wie schwer die Existenz einer anderen Welt zu schlucken sein musste und wie viel ich von Pepper verlangt hatte, als ich genau das einfach vorausgesetzt hatte. Schlagartig verrauchte meine Wut und löste sich vollends in nichts auf, als Pepper dann auch noch fragte: »U nd, wie war das Training mit diesem… Bär von einem Mann?«
    Einen Moment lang sahen wir uns nur an, dann brachen wir in Gelächter aus.
    »G us hat mich ganz schön auf Trab gehalten«, sagte ich, nachdem wir uns wieder beruhigt hatten. »W enn Mom je herausfindet, was ich hier treibe, würde sie im Viereck springen.«
    »H ast du etwa schon wieder einen Anfall von schlechtem Gewissen?«
    »V ielleicht ein bisschen. Aber sie lässt mir auch keine Wahl.«
    Wir verließen die Halle und machten uns auf den Weg zu mir nach Hause. Erst jetzt fiel mir auf, dass auch Pepper Sportklamotten trug. Als Alibi, wie sie mir verriet. Wenn wir beide so bei mir zu Hause aufkreuzten, würde meine Mom ganz sicher nicht daran zweifeln, dass wir gemeinsam unterwegs gewesen waren. Yoga war unsere Ausrede des Tages.
    Tatsächlich wirkte Peppers bloße Anwesenheit Wunder. Sobald Mom uns zusammen sah, hielt sie ihre Paranoia hinter Schloss und Riegel. Pepper zu sehen, schien sie zu beruhigen und ihre Sorge zu dämpfen. Auch wenn ich bezweifelte, dass wir zu zweit bessere Chancen gegen die Typen gehabt hätten, die mich überfallen hatten. Ich war froh um mein Training und den Elektroschocker.
    Wir zogen uns in eine ruhige Ecke des Gartens zurück, wo Mom uns vom Haus aus nicht hören konnte, und ich erzählte Pepper erst einmal alles, was ich während der letzten Woche noch über das Jenseits erfahren hatte. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie wenig Zeit wir tatsächlich miteinander verbracht hatten. Für gewöhnlich trafen wir uns noch nach ihrer Arbeit, doch nach dem Training war ich meistens so geschafft, dass ich es nicht mehr fertiggebracht hätte, in die Stadt zu fahren. Die Zeit, die ich unter anderen Umständen mit ihr am Telefon verbracht hätte, nutzte ich für meine Gespräche mit Cale. Ich hatte Pepper immer noch nichts von ihm erzählt. Dabei wollte

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