Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wesen der Nacht

Wesen der Nacht

Titel: Wesen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
Vom Netzwerk:
ihm nicht unnötig Kraft rauben. »E r wird sterben, wenn ich ihm nicht helfe«, schloss ich, nachdem ich Pepper über Cales Lage ins Bild gesetzt hatte.
    Pepper saß stumm da. Sie nippte an ihrem Kakao. Sah mich schweigend an. Nippte noch einmal. Dann ließ sie sich mit einem »W ow!« tiefer in den Sessel sinken. »D a hast du dir einen Freund geangelt und ich erfahre es als Letzte.«
    »D u bist definitiv die Erste, der ich von Cale erzähle. Und er ist nicht mein Freund.« Oder doch? Eher ein Freund. Auch wenn meine Innereien sich auf Achterbahnfahrt begaben, sobald ich nur an ihn dachte. Aber wie konnte ich in jemanden verknallt sein, von dem ich nicht mehr als die Stimme kannte? Nein, ich kannte nicht nur seine Stimme, ich kannte ihn– aus endlosen Gesprächen seit unserer Kindheit. Trotzdem… wie sollte ich mit einem Jenseitswesen zusammen sein, das nicht einmal unsere Welt betreten durfte und dem mehrere Jahre Zwangsarbeit drohten? Einem Teil von mir schien die Antwort darauf egal zu sein, jener Teil sehnte sich danach, bei ihm zu sein und ihn endlich sehen und berühren zu können. Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf. »I ch muss etwas unternehmen, Pepper.«
    »W as ist mit deinem Dad?«
    »I ch erreiche ihn nicht. Er ist vermutlich auf einer seiner Touren.«
    »H ast du nicht gesagt, dass Cale keine Ahnung hat, wo genau er festgehalten wird? Wie willst du ihn da finden?«
    Das wusste ich selbst nicht, aber wenn ich dort war, konnte ich es zumindest versuchen, anstatt von hier aus Dads und Tricks Mailbox vollzuquatschen und sie mit E-Mails zu bombardieren, ohne je eine Antwort zu erhalten. Wenn ich in Duirinish war und Dad zurückkam, konnte ich von Angesicht zu Angesicht mit ihm sprechen. Auf diese Weise würde es mir leichter fallen, ihn dazu zu bringen, Cale zu helfen. Womöglich würde ich ihn sogar davon überzeugen können, ihn freizulassen.
    Zum Glück verstand Pepper mich. »D ann musst du nach Schottland fahren.«
    Blieb nur ein Problem. »M om reißt mir den Kopf ab, wenn ich das auch nur vorschlage. Sie hat mich noch nie zu Dad fahren lassen.«
    »S ie muss es ja nicht erfahren.«
    Das war sicher das Beste, die Sache hatte nur einen winzigen Haken. »D as ist nicht gerade ein Trip für einen Nachmittag, für den ich dich als Alibi benutzen kann.« Für das Training mit Gus mochte es funktionieren, wenn ich behauptete, mit Pepper unterwegs zu sein, aber mehrere Tage?
    »U ns fällt schon was ein.«
    »D ann hilfst du mir also? Auch wenn ich dir erst jetzt von Cale erzählt habe?«
    »A ber hallo! Wenn der Bär echt war, kann ich es kaum erwarten, zu sehen, was es hinter dem Tor noch so alles gibt.«
    »N ur, dass du nicht mitkommen kannst.«
    Ihre Miene verdüsterte sich. »W arum nicht?«
    »D u musst mir hier den Rücken freihalten.« Abgesehen davon wollte ich nicht riskieren, dass sich Pepper aus dem Staub machte, um im Jenseits nach Vampiren zu suchen. Ich wollte sie nicht in Gefahr bringen oder zulassen, dass sie sich selbst in Gefahr brachte.
    Ihre Enttäuschung legte sich überraschend schnell. »V ielleicht sollten wir die alte Tradition unserer Pyjamapartys wieder aufleben lassen.«
    Es dauerte einen Moment, bis ich verstand, worauf sie hinauswollte. Früher hatten wir öfter mal bei der einen, dann bei der anderen übernachtet. Wenn ich vorgab, zwei oder drei Nächte bei Pepper zu schlafen, damit wir bis spät in die Nacht lernen konnten, hätte ich das perfekte Alibi. Falls Mom uns mit Kontrollanrufen verfolgte, konnte Pepper behaupten, ich wäre gerade im Bad und würde zurückrufen. Dann musste sie mir nur noch Bescheid geben und ich konnte Mom anrufen und sie würde nicht einmal auf die Idee kommen, dass ich meilenweit von Islington oder überhaupt von London entfernt war.
    »P eps, das ist brillant!«
    »A ber es wird nicht funktionieren.« Peppers Begeisterung war wie weggeblasen. »D ie Klassenfahrt«, erinnerte sie mich. »Ü bermorgen fahren wir nach Edinburgh. Wir müssen das verschieben.«
    Einen Moment lang war ich am Boden zerstört, dass sich unser vermeintlich guter Plan so schnell zerschlagen hatte, dann jedoch erkannte ich, dass die Klassenfahrt ein viel besseres Alibi war. Eines, mit dem ich nicht nur ein oder zwei Nächte, sondern gleich mehrere überbrücken konnte. »D as ist sogar noch besser! Nur, dass ich nicht nach Edinburgh, sondern in die Highlands fahren werde.«
    Pepper runzelte die Stirn. »U nd wie willst du deine Mom dazu bringen, dich von der

Weitere Kostenlose Bücher