Wesen der Nacht
Brainstorming mit Pepper, wenn ich einen vernünftigen Plan fassen wollte.
Wir setzten uns an denselben Tisch wie letzte Woche und bestellten heiße Schokolade und Gurkensandwiches bei Riley.
»H ast du schon einen neuen Job?«, erkundigte sich Pepper.
Sie schüttelte den Kopf. »E s macht mich ganz verrückt, aber mit der Schule und dem Job hier habe ich momentan keine Zeit, mich darum zu kümmern. Immer wenn ich zu einem Vorstellungsgespräch gehen könnte, hocke ich entweder im Unterricht oder stehe hier. Ich werde wohl warten müssen, bis der Laden hier endgültig dichtmacht, bevor ich mich ernsthaft auf die Suche machen kann.« Sie verzog das Gesicht. »W enn es blöd läuft, bedeutet das, dass ich ein paar Wochen kein Geld verdienen kann.«
Obwohl mir der Sinn so gar nicht nach Small Talk stand und Riley nun nicht gerade in einer existenziellen Krise steckte, sondern einfach nur auf eine Reise sparte, tat sie mir leid. Ich kannte nicht viele Leute, die so hart dafür gekämpft hätten, ihren Trip selbst zu bezahlen, den sie sich locker von ihrem Daddy hätten finanzieren lassen können. »I ch drücke dir die Daumen, dass du schnell etwas findest.«
»D anke.«
Sobald sie die Tassen und Teller mit unserer Bestellung bei uns abgeladen und uns wieder allein gelassen hatte, sah Pepper mich an. »O kay, wo drückt der Schuh?«
»B in ich so leicht zu durchschauen?«
»D u rutschst schon den ganzen Tag auf deinem Stuhl hin und her, und dann schleppst du uns in einen Laden, der Tentakelmom-abhörsicher ist«, erwiderte sie ungerührt. »M acht sie Stress?«
Ich schüttelte den Kopf. Dann zuckte ich die Schultern. »J edenfalls nicht mehr als sonst. Es ist… da gibt es etwas, von dem ich dir bis jetzt noch nichts erzählt habe.«
Pepper fuhr entrüstet auf. »D u hast Geheimnisse vor mir!«
Ich wollte mich schon rechtfertigen, als ich ihr Grinsen sah und begriff, dass sie mich nur aufzog. Seufzend sank ich ein Stück tiefer in den abgewetzten Sessel. »I rgendwie hast du gar nicht so unrecht«, gestand ich, fügte aber schnell hinzu: »A ber nur, weil ich nicht wusste, wie ich darüber sprechen sollte.«
»W ie spricht man mit seiner besten Freundin über Dinge? Mund auf und raus damit! Also los! Spuck es aus, Munroe!«
»D u weißt doch, dass ich, bevor wir damals nach London gekommen sind, ein paar Wochen in dieser Anstalt war.« Natürlich wusste sie das, weshalb ich eine Antwort gar nicht erst abwartete. »D ie Stimme, die ich damals hörte… alle dachten, ich wäre verrückt und hätte Schizophrenie oder einen psychotischen Schub oder so etwas.« Manchmal fiel es mir selbst schwer, mich nach all den Jahren an die genaue Diagnose zu erinnern, genau genommen wollte ich es auch gar nicht. »A lso, es hat sich herausgestellt, dass ich nicht verrückt bin. Und auch sonst nicht krank. Diese Stimme kam aus dem Jenseits.«
»D u kannst Geister hören?«, platzte Pepper so laut heraus, dass die Leute vom Nebentisch sich nach uns umdrehten.
»Q uatsch, natürlich nicht«, sagte ich schnell und deutlich genug, dass auch unsere Zuhörer es verstehen konnten, bevor ich meine Stimme wieder dämpfte. »D as andere Jenseits. Das hinter dem Tor.«
»S timmt. Dumm von mir.« Dann wurden ihre Augen groß. »D u meinst, so ein Dämon hat damals Kontakt zu dir aufgenommen?«
»K ein Dämon. Ein Geistwandler.« Ich beschrieb ihr, was Cale mir über seine Fähigkeiten erzählt hatte und wie ich mich damals mit ihm unterhalten und angefreundet hatte. Diesen Teil meiner Vergangenheit kannte sie nicht. Pepper war meine beste Freundin, doch es gab Dinge, die waren einfach zu schmerzhaft, um darüber zu sprechen, selbst mit ihr. Deshalb hatte ich ihr nur von der Stimme und meinem Aufenthalt in der Anstalt erzählt, aber nicht davon, dass wir Freunde gewesen waren und wie sehr ich Cale vermisst hatte. »I n der Nacht nach dem Überfall war die Stimme plötzlich wieder da. Ich dachte erst, ich würde durchdrehen und habe versucht, sie zu verdrängen und mir nichts anmerken zu lassen. Aber dann erfuhr ich vom Jenseits, und plötzlich wurde mir klar, dass ich vollkommen in Ordnung bin. Mir hat nie etwas gefehlt.«
In knappen Sätzen berichtete ich davon, wie ich mich mit Cale unterhalten und ihn immer besser kennengelernt hatte. Sobald ich an ihn dachte, schlug mein Herz schneller, und ich verspürte den unwiderstehlichen Drang, sofort mit ihm zu sprechen. Doch abgesehen davon, dass ich dazu lieber alleine war, wollte ich
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