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Wesen der Nacht

Wesen der Nacht

Titel: Wesen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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warmer Tag und das Wasser würde mir die verdammten Mücken von der Haut spülen. Entschlossen marschierte ich auf den Wasserfall zu. Aufspritzende Gischt benetzte meine Haut und ließ mich zusammenzucken, denn trotz des warmen Tages war das Wasser unangenehm kalt. Der Felsvorsprung, über den ich mich bewegte, war rutschig, und ich musste aufpassen, wohin ich meine Füße setzte, wenn ich nicht im See landen wollte. Da ich alle meine Aufmerksamkeit auf den Boden richtete, bemerkte ich erst spät, dass sich zwischen der von oben herabfallenden Wasserkaskade und der Felswand ein Spalt vor mir auftat. Noch drei Schritte, dann hatte ich ihn erreicht. Zwei weitere Schritte und ich befand mich auf der Rückseite des Wasserfalls in einer düsteren Höhle. Hier war der Lärm noch undurchdringlicher, das Donnern wurde von den gewölbten Felswänden aufgefangen und in unzähligen Echos zurückgeworfen. Es war dämmrig und ich hatte noch immer keine funktionierende Taschenlampe– Derek hatte seine wieder mitgenommen. Ich zog mein Handy aus der Tasche und schaltete es an. Das Licht, das vom Display abstrahlte, war alles andere als ein Suchscheinwerfer, aber besser als nichts. Zu Weihnachten würde ich mir ein Smartphone wünschen und mir als Erstes eine Taschenlampen-App darauf installieren.
    Die Höhle war so breit wie der Wasserfall, sogar noch breiter, soweit ich das beurteilen konnte, aber nur vier oder fünf Meter tief. Und sie war leer. Ich schritt sie einmal komplett ab, ohne etwas zu entdecken. Als ich die Ausbuchtung am gegenüberliegenden Ufer erreichte, wo die Höhle tiefer in den Fels führte, richteten sich die feinen Härchen an meinen Armen und in meinem Nacken auf. Es lag nicht an der Kälte und auch nicht am Luftzug, denn ich hatte keine Gänsehaut. Vielmehr fühlte es sich an, als sei die Luft elektrisch aufgeladen. Das Tor. Hier musste es sein. Doch sosehr ich mich auch bemühte, es zu finden, es blieb vor meinen Augen ebenso verborgen wie die Kiste, nach der ich suchte.
    Nachdem ich jeden Zentimeter der Höhle mehrmals abgelaufen war und sogar die Wände abgetastet und bei jedem Schritt darauf geachtet hatte, ob sich die Temperatur meines Anhängers veränderte, ließ ich das Handy sinken.
    » Cale?«, rief ich, dann erinnerte ich mich daran, dass es einen anderen Weg gab, mich ihm verständlich zu machen. Einen, bei dem ich nicht brüllen musste. Ich bin hinter dem Wasserfall und ich glaube, ich kann das Tor spüren. Aber ich kann weder das Tor noch eine Kiste sehen. Was soll ich tun?
    Du musst das Transferwort finden.
    Was für ein Transferwort?
    Das Tor ist magisch verborgen. Nur der Torwächter oder jemand von seinem Blut, der das Transferwort kennt, kann es öffnen oder überhaupt sichtbar machen.
    Was ist mit dir? Ich dachte, du bist in der Nähe des Tors.
    Vermutlich bin ich näher dran, als ich dachte. Es gibt einen Bereich im direkten Umkreis des Tors, der durch die Magie ebenfalls unsichtbar wird. Ein kleines Paralleluniversum, wenn du es so willst.
    Soll das heißen, ich könnte an derselben Stelle stehen, an der auch du bist, ohne es zu merken?
    Ich fürchte, ja.

26
    Nachdem es mir weder gelungen war, Cale zu finden, noch das Tor sichtbar zu machen, kehrte ich zum Cottage zurück. Dort angekommen, rief ich Pepper an. Noch bevor sie mir ihr Leid über langweilige Museumsbesuche klagen konnte, überschüttete ich sie mit dem, was ich heute über Cale erfahren hatte. »I ch weiß einfach nicht, ob ich ihm noch vertrauen kann«, schloss ich meinen Bericht seufzend.
    »D as ist ziemlich starker Tobak.« Pepper schwieg einen Moment, dann meinte sie: »W as sagt dein Gefühl? Hat er dich beeinflusst, nach Duirinish zu kommen?«
    Ich glaubte– hoffte–, dass er mich nicht manipuliert hatte, denn ich mochte ihn noch viel mehr, als ich es mir im Augenblick eingestehen wollte. Herauszufinden, dass er mich nur benutzt hatte, würde mir vermutlich das Herz brechen. »N ach allem, was ich von Gus weiß, dürfte das wohl nicht möglich sein.«
    »W as wirst du jetzt tun?«
    »M ir ist klar, dass ich mir nicht sicher sein kann, was ihn angeht. Aber ich kann ihn auch nicht sterben lassen, das könnte ich mir niemals verzeihen. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll.«
    »D och, das weißt du schon längst.« Im Hintergrund wurden Stimmen laut, der Hörer knackte und Pepper rief genervt: »J a, ich bin gleich da.« Dann wandte sie sich wieder an mich. »I ch muss los. Lange Nacht der Museen. Halt mich

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