Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
Aufräumen.« Winkelmann lächelte unsicher und zeigte entschuldigend auf die mit Wäsche und Einkaufstüten vollgestellte Couchgarnitur.
Jan winkte ab, er konnte seine Fragen auch im Stehen stellen. Lange wollte er sich ohnehin nicht in dieser Höhle aufhalten.
»Hat Ihnen Ihre Familie denn beim Einzug nicht geholfen?«, fragte Bettina.
Winkelmann fuhr sich mit der rechten Hand durch die schwarzen Haare. Sie machten einen ungepflegten Eindruck.
»W… w… wer denn?«, fragte er, mit einem Mal aufgeregt. »In unserer Familie denkt doch jeder nur an sich.«
Jan runzelte die Stirn. Die Unterhaltung mit Winkelmann war keine zwei Minuten alt, und schon kamen wieder die Familienkonflikte hoch. Doch bevor er tiefer in die zwischenmenschlichen Verstrickungen des Brauerei-Clans eintauchen wollte, interessierten ihn ein paar grundsätzliche Dinge.
»Ich würde gerne kurz über Ihre Rolle in der Brauerei sprechen«, begann er behutsam. »Sie sind für die Bereiche Kundenbetreuung und Eventmanagement zuständig?«
»Ja«, antwortete Winkelmann hastig. »Fr… früher war ich für die Finanzen verantwortlich. Aber mein Bruder hat das Unternehmen umstrukturiert.«
»Ein Problem für Sie?«
Winkelmann zuckte mit den Schultern, ohne etwas zu sagen. Manchmal war keine Antwort auch eine Antwort, dachte Jan.
»Die Entscheidung wurde also nicht im Familienrat besprochen?«, fragte Jan weiter.
»Nein«, sagte Winkelmann entschieden. »Entscheidungen wurden ausschließlich von meinem Vater und Bernhard getroffen.«
»Verstehe«, sagte Jan. Winkelmanns Antwort war deutlich gewesen. Gedankenverloren lehnte er sich an ein Sideboard. Im nächsten Moment purzelten mehrere leere Plastikflaschen, die auf dem hüfthohen Schrank gestanden hatten, auf den Laminatboden.
»Was haben Sie eigentlich mit dem Bereich ›Fassabfüllung‹ zu tun?«, fragte er nach einigen Sekunden des Schweigens, die er für einen kurzen Blickaustausch mit Bettina genutzt hatte.
»Weshalb fragen Sie?«
Jan stutzte. Irrte er sich oder stotterte Winkelmann mittlerweile nicht mehr?
»Wir haben mit Heiko Vorndamm gesprochen«, schaltete sich Bettina ein. »Ihrem Auszubildenden.«
»Ja, natürlich. Ich erinnere mich an das gestrige Telefonat mit ihm. Er berichtete davon, dass die Polizei zu Besuch sei. Dann waren Sie das also.«
Jan fragte sich, wie es möglich war, dass ein Mensch sein Stottern innerhalb weniger Minuten komplett ablegte.
»Ganz recht«, antwortete Bettina. »Sie haben uns untersagt, den Bereich der Fassabfüllung zu besichtigen.«
»I… i …« Winkelmanns Versuch einer Antwort scheiterte.
»Hatten Sie vor irgendetwas Angst?«, fragte sie bewusst naiv weiter.
Winkelmann wandte sich ab und verließ das Wohnzimmer wortlos in Richtung Küche. Jan sah Bettina vorwurfsvoll an. Mit ihrer Frage war sie weiter vorgeprescht, als es abgesprochen war.
»Das hätte man taktisch aber etwas klüger machen können«, raunte er und folgte Winkelmann eilig.
»Tut mir leid«, antwortete Bettina kleinlaut. »Ich dachte, wir könnten ihn auf diese Weise aus der Reserve locken.«
»Warte du hier! Ich versuche es noch mal.«
Als er die Küche betrat, stand Winkelmann vor der Spüle und ließ Wasser über seine Hände laufen. Mit einer ruckartigen Bewegung warf er sich eine Handvoll Wasser ins Gesicht, rieb sich sekundenlang die Augen und stützte sich dann mit beiden Armen auf der Arbeitsplatte ab.
»Herr Winkelmann, darf ich Sie noch einmal kurz stören?«
Winkelmann fuhr herum und sah Jan mit weit aufgerissenen Augen an.
»Meine Kollegin war da gerade vielleicht etwas zu direkt«, probierte er es vorsichtig. »Aber natürlich interessiert uns, warum wir uns die Fassabfüllung gestern nicht anschauen durften.«
»Das hat nichts mit Ihren Ermittlungen zu tun.« Plötzlich klang Winkelmann wieder ganz klar. »Die Produktion ist ein sensibler Bereich, da wird steril gearbeitet. Wenn Sie darauf bestehen, zeige ich Ihnen das Verfahren gerne.«
»Ich komme darauf zurück«, sagte Jan, erneut verwundert über Winkelmanns abrupte Wandlungen.
»Haben Sie noch weitere Fragen?«, drängte Winkelmann plötzlich. »Ich muss in die Brauerei, um zehn Uhr beginnen die Führungen.«
»Ich möchte abschließend noch einmal auf Ihre Familie zu sprechen kommen. Es hörte sich vorhin so an, als ob Ihr Verhältnis untereinander nicht sonderlich gut ist.«
Winkelmann nickte. Wieder begannen seine Augen zu flackern.
»Stimmt es, dass Ihr Bruder Bernhard für Ihre
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