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Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi

Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi

Titel: Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Schlennstedt
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…«
    Das leise Klopfen an der Tür des Besprechungsraums unterbrach Veras Ausführungen. Eine junge Kollegin aus dem Sekretariat steckte den Kopf zur Tür herein und räusperte sich.
    »Jan, ein Telefonat für dich.«
    »Jetzt?«, fragte er überrascht. »Sag, dass ich zurückrufe.«
    »Es scheint aber ziemlich dringend zu sein. Kannst du nicht vielleicht doch …?«
    »Wer ist denn dran?«
    »Dein Vater.«

28
    Heinrich Meyer zu Oldinghaus starrte gedankenverloren an die mit Geweihen und Fellen verzierte Wand seines Arbeitszimmers. Der Raum besaß kein Fenster, und nur eine dezent leuchtende Lampe erfüllte ihn mit Licht. Ein wuchtiger Eichenschreibtisch und ein Drehstuhl mit Lederbezug waren die einzigen Möbelstücke.
    Erst zweimal hatte Jan einen Fuß in diesen Raum gesetzt, erinnerte er sich. Als Kind, als sein Vater vergessen hatte, abzusperren, hatte er sich stundenlang unter dem Schreibtisch versteckt und seine Eltern beinahe dazu gebracht, ihn als vermisst zu melden. Eine ordentliche Tracht Prügel war die Strafe für seinen Streich gewesen.
    Das zweite Mal lag erst ein knappes Jahr zurück, als sein Vater Jans Bruder Cord, seine Schwester Isabel und ihn selbst einbestellt hatte, um mit ihnen über die Hofnachfolge und das Erbe zu sprechen. Dieses Mal hatte er zwar keine Prügel bekommen, doch die Erinnerung an diesen Tag war ähnlich schmerzhaft.
    Dieser Raum, dieses dunkle, nach toten Tieren riechende geheime Zimmer seines Vaters, war einfach kein Ort, an dem sich Jan gerne aufhielt.
    »Was ist los mit dir, Vater?« Jan wollte endlich erfahren, weshalb er hier war. Seitdem er den Raum betreten hatte, wartete er darauf, dass sich sein Vater zu ihm umdrehte, ihn ansah und mit der Sprache herausrückte. Am Telefon hatte er geklungen, als müsse er ihm eine Todesnachricht übermitteln.
    Ganz langsam, beinahe wie ferngesteuert, löste Heinrich Meyer zu Oldinghaus seinen Blick von der Wand und wandte sich zu seinem Sohn um. Seine üblicherweise geröteten Wangen waren aschfahl, sein Blick aus den tief in den Höhlen liegenden Augen stumpf.
    »Wie siehst du denn aus?«, fragte Jan, irritiert über den Anblick seines Vaters. Trotzdem zögerte er, auf ihn zuzugehen.
    Heinrich Meyer zu Oldinghaus verzog seinen Mund zu einem gezwungenen Lachen und trat einen Schritt auf Jan zu.
    »Es tut mir leid«, sagte er schließlich leise.
    »Was tut dir leid?« Jan verstand nicht, was sein Vater von ihm wollte.
    »Alles.«
    »Wovon sprichst du denn? Ich verstehe dich nicht.«
    »Verzeih mir, dass ich all die Jahre so ein Idiot war.«
    »Was ist bloß los mit dir?«, fragte Jan besorgt. »Geht’s dir nicht gut?«
    »Nein, mir geht es wirklich nicht gut«, antwortete sein Vater schwermütig. »Die vergangenen Tage haben mir schwer zugesetzt. Ich werde es dir erzählen, Jan.«
    Heinrich Meyer zu Oldinghaus griff sich an die Stirn, als würde ihm schwarz vor Augen werden, dann fasste er sich wieder und setzte sich mühsam auf den Lederstuhl.
    »Wie du weißt, habe ich dich mehrfach darum gebeten, bei deinen Ermittlungen Rücksicht auf die Familie Winkelmann zu nehmen«, begann er zögerlich.
    »Allerdings«, antwortete Jan trocken. »Das habe ich nicht vergessen.«
    »Ich dachte, ich müsste so handeln«, entgegnete Heinrich. »Meine Angst war groß, musst du wissen.«
    »Vater, würdest du mir jetzt bitte sagen, was das hier werden soll? Warum hast du mich herbestellt? Doch wohl kaum, weil du mir sagen willst, wie sehr dir die Winkelmanns leidtun.«
    »Nein, leid tun sie mir nicht«, sagte Heinrich. »Wahrlich nicht. Nicht einmal Claus, obwohl ich schon so lange mit ihm befreundet bin. Denn auch er trägt eine Mitschuld an Frank-Walters Schicksal.«
    »Wie meinst du das?«
    Heinrich stand auf und ging langsam auf Jan zu. Unsicher blickte er seinem Sohn in die Augen.
    »Du musst etwas wissen«, sagte er leise. »Frank-Walter war nicht der leibliche Sohn von Claus Winkelmann.«
    »Das weiß ich längst.« Jan runzelte die Stirn. Ein merkwürdiger Gedanke versuchte an die Oberfläche zu gelangen. Noch weigerte er sich, ihn zuzulassen.
    »Du weißt es also«, nickte Heinrich. Er legte seine Hände auf Jans Schultern und senkte seinen Blick. Es schien so, als wolle er seine Tränen verbergen.
    »Claus hat seine Ehefrau nicht immer gut behandelt«, sagte er nach einigen Momenten des Schweigens. »Dabei war Helene eine wunderbare Frau.«
    »Was hat das mit Frank-Walter zu …?«
    »Einiges«, unterbrach Heinrich seinen Sohn. »Ich

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