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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rollstuhl. In Karaganda gibt es ein Sanitätshaus, die können einen besorgen. Aber ohne Rubelscheinchen in der Tasche geht gar nichts. Und wenn wir hundert Jelzins hätten und hundert Reformen … da ändert sich nichts!«
    »Wolfgang wird nie einen Rollstuhl gebrauchen«, sagte Erna.
    »Wer behauptet das?«
    »Der Chefarzt.«
    »Ist er ein Wahrsager?« Kiwrin hob den Zeigefinger. »Ich sage euch: Wolfgang Antonowitsch wird in einem Rollstuhl sitzen und mit seinem Rollstuhl tanzen. Ich habe da im Fernsehen einen Film gesehen, sogar Handball haben die Rollstuhlfahrer gespielt. Einige, man hält es nicht für möglich, haben mit ihren Rollstühlen ein Wettrennen gemacht.«
    »Es kommt immer auf die Art der Lähmung an, welche Nerven zerstört sind. Es gibt eine Menge von Abstufungen.« Gottlieb schüttelte den Kopf. »Aber wenn Dr. Anissimow die Prognose stellt, daß Vater nur noch liegen kann …«
    »Jetzt quatscht er schon wie ein Mediziner!« rief Hermann. »Ich sage, es ist alles nur eine Frage der Zeit.«
    »Das sage ich auch!« Kiwrin hob wieder den Zeigefinger. »In einem Jahr rollt Wolfgang Antonowitsch durch Atbasar, und die Beljakowa schiebt den Stuhl!«
    Er lachte, wurde aber sofort still, als Erna sagte: »Wir wollen glücklich sein, wenn er die nächsten Tage überlebt. Weiter denke ich noch nicht. Dazu bleibt später noch viel Zeit.«
    Sie verließen das Krankenhaus, stiegen in den klapprigen Bus und fuhren zum deutschen Kulturzentrum und dem Büro der Organisation der Rußlanddeutschen. Bergerow wollte gerade sein Büro verlassen, als der Bus knirschend hielt. Erna klammerte sich an ihrem Sitz fest, und erst jetzt, durch diesen Ruck, schien sie an andere Dinge zu denken als an Wolferl.
    »Mein Gott!« sagte sie. »Mein Gott!«
    »Die Bremsen sind verrückt!« rief Kiwrin. »Mal packen sie und mal sagen sie gar nichts. Jetzt haben sie gepackt.«
    »Ich habe was vergessen.« Erna fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Ich habe meinen Bruder vergessen. Er ist ja auch im Krankenhaus. Ich habe ihn einfach vergessen. Ich habe nur noch an Vater gedacht.«
    »Fahren wir zurück!« sagte Hermann. »Aber sie werden uns nicht mehr hereinlassen.«
    »Nein.« Erna schüttelte den Kopf. Sie legte ihn gegen die Lehne des Sitzes. »Ich gehe heute in kein Krankenhaus mehr. Ich bin müde, ich kann nicht mehr.«
    »Wir werden Onkel Andrej morgen sehen.« Gottlieb sprang aus dem Bus. »Das ist früh genug. Seht ihr denn nicht, daß Mama jetzt Ruhe braucht?«
    Bergerow, der gerade aus dem Haus kam, blieb stehen und musterte fast entsetzt das uralte Fahrzeug. Daß so etwas überhaupt noch fahren darf, dachte er. Wer wagt es denn, sich in solch ein Ungeheuer zu setzen? Aber tatsächlich, es sind Menschen drin. Sogar Frauen.
    Er ging auf Gottlieb zu, während Kiwrin den schnaufenden Motor abstellte. Auch Heinrichinsky verließ jetzt den Bus. »Wo kommt ihr her?« fragte Bergerow auf russisch. Gottlieb blickte auf das Haus. Ein Schild in deutscher Sprache war neben der Tür befestigt. Deutsches Kulturzentrum. Der Mann war aus diesem Haus gekommen, also konnte er Deutsch.
    »Aus Atbasar«, antwortete er auf deutsch. »Genauer aus Nowo Grodnow.«
    »Nowo Grodnow!« Bergerow streckte ihm beide Hände hin. »Dann sind Sie ein Sohn von Wolfgang Antonowitsch.«
    »Ja, wir kommen gerade von meinem Vater.«
    »Es ist furchtbar.« Bergerow ging zum Bus, aus dem jetzt Erna ausstieg. Hermann stützte sie. »Frau Weberowsky? Es ist schön, daß Sie gekommen sind, den langen Weg. Und dann mit diesem schrecklichen Klapperkasten.«
    Kiwrin, noch hinter dem Steuer sitzend, zuckte wieder zusammen. »Alle beleidigen meinen Bus!« schrie er. »Treu gedient hat er uns! Ein großes Maul kann jeder haben! Leihen Sie mir einen besseren Bus, ha? Können Sie das? Nichts können Sie. Noch nicht mal ein Fahrrad haben Sie und gehen zu Fuß! Aber die Schnauze aufreißen, das können Sie!«
    »Wer ist denn das?« fragte Bergerow erstaunt. »Wo habt ihr den denn aufgesammelt?«
    »Das ist Michail Sergejewitsch Kiwrin, der Bezirkssekretär von Atbasar.« Gottlieb winkte ihm zu. »Steig aus!« Und zu Bergerow: »Ich nehme an, Sie sind der Leiter des Institutes, Herr Bergerow.«
    »Verzeihen Sie. Ich habe ganz vergessen, mich vorzustellen. Ja. Ich bin Ewald Konstantinowitsch Bergerow. Ich war von dem Bus so fasziniert, daß ich an meinen Namen nicht mehr gedacht habe.«
    »Er fängt schon wieder an!« knurrte Kiwrin.
    Bergerow drückte Erna an sich, gab

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