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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nehmen Sie kein Angebot der USA an.«
    »Aber Sie warten darauf, daß man Sie in den Westen holt.«
    »Ich bin nicht wichtig für Rußland … aber Sie! Man wird Sie nie freigeben, eher wird man Sie liquidieren.«
    »Den ersten Versuch habe ich gestern abend erlebt.«
    »Was soll das heißen?«
    »Auf mich ist geschossen worden. Durch das Fenster. Nur Zentimeter fehlten für einen Kopfschuß.«
    »Das … das gibt es doch nicht.« Nurgai war ehrlich entsetzt. Er weiß es also nicht, dachte Frantzenow. Wer hat hier in der Stadt den Auftrag, mich zu töten? Der KGB? Traut man mir zu, daß ich Rußland heimlich verlasse, daß ich verrate, was ich weiß? Bin ich ein Unsicherheitsfaktor, weil ich für sie immer ein Rußlanddeutscher geblieben bin? Ich habe mein ganzes Können an Rußland gegeben – ist das der Dank dafür? Er sah Nurgai an, der sich nur schwer von seinem Entsetzen erholte.
    »Sie können die Kugel in der Wand meines Zimmers besichtigen«, sagte Frantzenow voll Bitterkeit. »Rußlands Dank für meine Arbeit.«
    »Außer dem Bewachungsbataillon ist niemand hier, der eine Waffe trägt.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Alle hier Beschäftigten hatten nie Gelegenheit, sich eine Waffe zu besorgen. Woher auch?«
    »Die Versorgungsflugzeuge. Es ist doch so einfach, in einer Kiste mit Milchpulver oder Nudeln eine Pistole oder ein zusammenlegbares Gewehr zu transportieren. Wird denn jede Kiste, jeder Karton, jeder Sack einzeln kontrolliert?«
    »Im Magazin, ja …«
    »Sofort?«
    »Es wird zunächst nur kontrolliert, ob die Menge mit dem Lieferschein übereinstimmt. Sie glauben nicht, was da alles passiert. Ganze Schweinehälften verschwinden spurlos …«
    »Man hat also Zeit genug, eine eingeschleuste Waffe herauszunehmen.«
    »Theoretisch ja.«
    »Und praktisch auch. Ich habe nur überlebt, weil ich beim Musikhören im Sessel nach vorn rutschte.«
    »Wozu Musik alles gut ist«, sagte Nurgai voll Sarkasmus. »jetzt läßt sie sogar eine russische Kugel vorbeisausen.« Er blickte auf die Uhr an der Wand, die neben einem Bild Lenins hing. In einer halben Stunde begann das Frühstück mit der amerikanischen Delegation. »Wollten Sie mich nur deswegen sprechen, Andrej Valentinowitsch?«
    »Nur?« fragte Frantzenow gedehnt. »Was halten denn Sie für wichtig?«
    »Die Zukunft. Alles, was Sie mir jetzt gesagt haben, war Vergangenheit. Das haben wir durchgestanden. Wissen wir aber, was in nächster Zeit sein wird? Was man mit uns an Plänen verwirklichen will? Wohin wir kommen? Wie wir unser Leben weiterführen? Geht diese Abrüstung so weiter, werden die Versuchsreihen eingestellt, gibt es keine neuen atomaren Waffensysteme mehr … wohin mit einer großen Anzahl von Atomwissenschaftlern? Daran denke ich, an das Morgen, nicht an das Gestern. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, für Sie denkt Moskau.«
    »Mit der Waffe. Das zweitemal schießt man nicht daneben. Nurgai, ich fühle mich bedroht.«
    »Ich kann Ihnen nicht helfen. Wie soll ich Ihnen helfen? Vielleicht war es ein Versehen? Wenn der Schuß nun Ihrem Besuch, diesem Tony Curlis galt?«
    »Curlis war noch nicht da. Er kam zehn Minuten später.«
    »Eine Warnung war's. Das ist die Erklärung. Jemand wollte Sie warnen, dem Amerikaner Geheimnisse anzuvertrauen.«
    »Durch einen gezielten Schuß in meinen Hinterkopf? Nein, es war ein geplanter Mord!«
    »Und was wollen Sie nun tun?«
    »Ich werde zuerst einen Brief an meine Schwester Erna schreiben. Ich werde ihr erklären, warum sie neun Jahre lang von mir nichts gehört hat. Und dann nehme ich Urlaub und fahre zu ihr.«
    »Eine rührende Familienzusammenführung. Hinein in die deutsche Gemeinschaft.«
    »Ich bin Russe, Kusma Borisowitsch!«
    »Wie lange noch? Aber glauben Sie nicht, daß das Angebot der Umsiedlung auch für Sie gilt –«
    »Warum nicht auch für mich?« Frantzenow, schon auf dem Weg zur Tür, blieb ruckartig stehen und drehte sich wieder um. »Bin ich etwa kein Deutscher?«
    »Das will ich nicht beurteilen.« Nurgai steckte die Hände in die Taschen seines Bademantels. »Für mich sind Sie ausschließlich Atomwissenschaftler. Und kein gewöhnlicher. Sie kennen alle unsere Geheimnisse. Sie sind ein Sicherheitsrisiko und – Sie sind ein Toter. Deswegen brauchen Sie sich an den Überlegungen Ihrer Landsleute gar nicht erst zu beteiligen.« Nurgai lachte kurz, aber gehässig auf. »Wahrscheinlich wissen Sie es nicht. Jetzt spaltet ein großer Streit Ihre Landsleute: Wohin? Bleiben, an

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