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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Forschung beteiligt.«
    »Und deshalb mußten Sie sterben.«
    »Deshalb werde ich sterben. Welche Konsequenzen zieht Amerika daraus?«
    »Dafür bin ich nicht zuständig.« Curlis lächelte breit. »Ich bin nur ein kleiner Captain … im Dienste des CIA. Aber die Entdeckung, daß Sie noch leben, wird mir den Major einbringen.«
    »Gratuliere, Tony Curlis.« Frantzenow erhob sich abrupt. »Das war ein sehr aufschlußreiches Gespräch. Ich danke Ihnen. Nehmen Sie mir übel, wenn ich Sie jetzt verabschiede? Ich habe morgen einen anstrengenden Tag vor mir.«
    »Natürlich nicht. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Sir.« Curlis sprach jetzt englisch. »Darf ich Ihnen den Whiskey als Erinnerung hierlassen?«
    »Ich werde ihn schluckweise genießen.«
    Nach einem freundlichen Händeschütteln schloß Frantzenow hinter Curlis die Tür. Es hatte seine letzte Kraft verbraucht, so ruhig und überlegen zu tun. Jetzt löste sich alles von ihm, so wie ein Krampf nachläßt und eine unkontrollierbare Schwäche folgt. Mit schleppenden Schritten ging er zurück ins Zimmer, warf sich in den Sessel und schlug beide Hände vor das Gesicht.
    Ich bin tot … tot … tot … Eine Leiche hat für Rußland einen neuen Treibstoff für Atomraketen entwickelt. Jede Rakete ein eigenes, kleines Atomkraftwerk. Das war meine Idee. Die Idee eines mit allen Ehren Begrabenen. Weiß Nurgai von meinem offiziellen Tod? Weiß er etwa auch von dem Anschlag vor zwei Stunden? In welches tödliche Spiel haben sie mich hineingezogen? Sollte ich tot bleiben bis an mein Lebensende oder bis zur Liquidation? Es ist ja so einfach, mich umzubringen, denn mich gibt es ja nicht mehr. Man kann nur einmal sterben … und ich bin schon tot.
    Bis gegen Morgen saß er in seinem Sessel, und sein Herz zerbrach, seine Seele versteinerte, sein Ich, das einundfünfzig Jahre lang ein russischer Mensch gewesen war, veränderte sich. Erst als es über der Steppe dämmerte und der Himmel mit goldenen Flecken übersät war, ein Himmel, der nirgendwo auf der Welt so ergreifend ist wie in Kasachstan, erhob sich Frantzenow, ging zu der Ehrenurkunde, die ihn zum Mitglied der Akademie ernannte, riß sie von der Wand und zertrat sie mitsamt Rahmen und Glas. Dann ging er zum Fenster, steckte den Kopf durch die zerschossene Scheibe und schrie in den frühen Morgen hinaus:
    »Holt mich doch! Liquidiert mich! Wo bleibt der Genickschuß? Ich bin bereit. Macht endlich Schluß mit einem Toten!«
    Später schlief er zwei Stunden auf dem Sofa, duschte sich kalt, zog seinen besten Anzug an und steckte eine kleine, aufklappbare Reise-Ikone aus getriebenem Messing und eine kleine runde Kerze, von einem dünnen Metallmantel umgeben, in die Tasche.
    Er blickte auf die Wanduhr.
    Acht Uhr früh.
    Jetzt ist er aufgestanden und bereitet sich auf das Frühstück mit den amerikanischen Offizieren vor. Ich wünsche dir keinen guten Appetit. Du wirst ihn nicht haben …
    Professor Nurgai war mehr als erstaunt, als um diese frühe Zeit Frantzenow an seiner Tür klingelte. Er öffnete noch im Bademantel und war dementsprechend nicht sehr freundlich.
    »Andrej Valentinowitsch! Haben Sie eine so schlecht gehende Uhr? Ich lasse Ihnen sofort aus dem Magazin eine neue bringen. Wissen Sie, wie spät – oder früh – es wirklich ist?«
    »Ich weiß es, Kusma Borisowitsch. Ich muß Sie sprechen.«
    »Um diese Zeit?«
    »Ja, bevor Sie mit den Amerikanern am Frühstückstisch sitzen. Dann habe ich keine Gelegenheit mehr dazu.«
    »Ist es so wichtig?« Nurgais Kopf schoß vor. »Hat man Ihnen schon ein Angebot gemacht? Ist es das? Kommen Sie rein. Erlauben Sie, daß ich im Bademantel bleibe?«
    Frantzenow ging in das Wohnzimmer voraus. Nurgai zog den Gürtel enger und setzte sich an den Tisch. Frantzenow blieb stehen. Er sah sich um, erkannte, daß der Tisch am besten Platz bot, holte die Reise-Ikone aus der Tasche und klappte sie auf der Tischplatte auf. Dann holte er die Kerze hervor, zündete sie an und stellte sie vor die Ikone. Nurgai riß fassungslos die Augen auf und starrte dann Frantzenow an.
    »Was soll das, Andrej Valentinowitsch?« fragte er und schnaufte tief auf. »Ist bei Ihnen etwas nicht in Ordnung? Wie kommen Sie dazu?«
    »Wir sollten gemeinsam ein Gebet für einen Toten sprechen, Kusma Borisowitsch. Mehr nicht.«
    »Sind Sie übergeschnappt? Ein Gebet? Ich? Für einen Toten? Packen Sie doch den Kram wieder zusammen!«
    »Vor neun Jahren starb und wurde mit allen Ehren in Moskau begraben Professor

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