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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Wolga oder in die Bundesrepublik. Ihre Nationalhymne Einigkeit und Recht und Freiheit … wird zur Frage. Die Einigkeit ist schon weg! Und Recht? Ihre deutschen Behörden sitzen da mit roten Köpfen und winden sich wie ein Wurm. Aber keiner spricht die Wahrheit aus: Bleibt da, wo ihr seid. Oder geht an die Wolga. Wir wissen ja nicht, wohin mit euch.«
    »Ich danke Ihnen, Nurgai …«
    »Wofür?«
    »Für diese Aufklärung. Wollen etwa viele nach Deutschland auswandern?«
    »Man rechnet mit Hunderttausenden. Vor der deutschen Botschaft in Moskau stehen die Antragsteller Schlange, in Alma-Ata ebenso. Überall, wo eine deutsche Behörde ist. Nur weg aus Rußland. Ich möchte wissen, warum.«
    »Vielleicht, weil es dort Menschen gibt wie Sie, Kusma Borisowitsch …«
    Frantzenow verließ die Wohnung Nurgais und kehrte in seine Wohnung zurück. Die Eingangstür stand offen, sie war aufgebrochen worden. Aber die Zimmer waren in Ordnung, nichts war durchwühlt, nichts gestohlen. Nur ein großer Zettel lag auf dem Wohnzimmertisch.
    ICH WARNE DICH, ANDREI VALENTINOWITSCH!
    Frantzenow zerknüllte den Zettel in seiner Faust und warf ihn dann gegen die Wand, unterhalb des Einschusses. Ein unbändiger Trotz, den er bisher nie gekannt hatte, ergriff ihn. Er holte Papier und Kugelschreiber, setzte sich an den Tisch und schrieb mit seiner steilen Schrift:
    »Meine liebe Schwester Erna –«
    Er schrieb deutsch … zum erstenmal seit neun Jahren. Sein letzter Brief hatte geendet: »Wenn Dein Mann nicht will, daß Du mir schreibst, dann behalte mich in guter Erinnerung. Ich werde immer für Dich da sein. Dein Bruder Andrej.«
    Jetzt wußte er es besser, und er begann seinen Brief:
    »… ich lebe noch, auch wenn ich neun Jahre lang für Dich und alle Welt tot war. Ich muß Dich um Verzeihung bitten. Aber glaube mir, meine erste Tat nach meiner Wiedergeburt ist dieser Brief an Dich.«
    Und er merkte gar nicht, wie weit er sich mit diesem Schreiben von dem früheren Frantzenow entfernte und wieder ein Andreas Frantzen wurde.

III. TEIL
    Die verschlüsselte Expreß-Nachricht des CIA, die auf Egon Kallmeiers Schreibtisch im BND landete, alarmierte ihn, als habe er einen Hinweis bekommen, der Kanzler solle ermordet werden. Er ließ sich sofort beim ›Chef‹ melden und wanderte im Vorzimmer ungeduldig hin und her, bis er vorgelassen wurde.
    »Jetzt wird das Bild klarer«, sagte er erregt und legte den CIA-Text auf den Tisch. »Da ist eine riesige Schweinerei im Gange.«
    »Wovon reden Sie, Herr Kallmeier?« fragte der Präsident. Im Augenblick verstand er dessen Erregung nicht.
    »Von dem ›Fall Köllner‹.«
    »Dem flüchtigen Spion im Auswärtigen Amt?«
    »Sie erinnern sich: Köllner hatte einen Onkel in Moskau, einen Bruder seiner Mutter. Ein international bekannter Atomwissenschaftler. Ein Genie auf seinem Gebiet. Vor neun Jahren starb er plötzlich an einem Infarkt. Seine Beerdigung war fast ein Staatsbegräbnis. Jetzt gelang es einem Agenten des CIA, das Grab zu öffnen. In dem Sarg lagen Steine …«
    Der Präsident des BND lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und nickte mehrmals. »Jetzt fehlt uns ein James Bond«, meinte er sarkastisch.
    »Es kommt noch toller.« Kallmeier holte tief Luft. »Der angeblich tote Professor Frantzenow taucht plötzlich wieder auf, in einer Forschungsstadt im Südosten Kasachstans, die Kirenskija heißen soll. Ein Offizier des CIA hat mit ihm gesprochen. Daraus können wir einwandfrei konstruieren: Ist Köllner auf der Flucht zu seinem Onkel und taucht bei ihm auf, hat Köllner über all die Jahre hinweg Kontakt mit Frantzenow gehabt. Er hat seinem Onkel die wichtigsten Nachrichten zukommen lassen.«
    »Ich denke, sein Agentenführer ist der Mann mit dem Decknamen Ludwig?«
    »Für den Alltagskram. Die dicken Dinger müssen über Frantzenow gelaufen sein.«
    »Von Bonn über Kasachstan nach Moskau? Ein riesiger Umweg.«
    »Es scheint so, als habe Frantzenow seine Kontaktstelle in Moskau nie aufgegeben. Jetzt müssen wir nur noch recherchieren, welche Rolle die Schwester in dem Familienkomplott spielt, diese Erna Weberowsky in Nowo Grodnow. Auch und schon wieder Kasachstan! Wie war der Kontakt zwischen ihr und Köllner? Haben Bruder und Schwester zusammengearbeitet? Enthielten Köllners Briefe an seine Tante verschlüsselte Meldungen aus dem Auswärtigen Amt? War hier ein Nachrichtenring aufgebaut worden? Niemand hat doch die Briefe kontrolliert, wenn ein Bürger der BRD an seine

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