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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dann?«
    »Vielleicht besuche ich sie in Nowo Grodnow. Vielleicht. Ich bin ja jetzt nicht mehr tot. Und sonst? Ich warte.«
    »Worauf?«
    »Rußland vernichtet zwar die Atomsprengköpfe, aber nicht die gesamte Nuklearforschung. Irgendwo wird man einen Platz für mich finden.«
    »Wo Sie an einer neuen, weltbedrohenden Waffe basteln werden.«
    »Möglich, aber nicht für einen islamischen oder asiatischen Staat!«
    Sliwka hob die Schultern, als wolle er damit sagen: Überleg es dir noch einmal genau, und verließ dann das Haus. Frantzenow blickte ihm durch das Fenster nach, ging dann ins Zimmer zurück und trank sein Whiskeyglas leer. Der Ausverkauf hatte also begonnen. Russische Atomwissenschaftler wurden zu modernen Söldnern und ließen sich für viel Geld anwerben. Sie wurden in den Iran, den Irak und nach Libyen geschmuggelt, ein profitabler Menschenhandel, über den sich die entsetzte russische Regierung in Schweigen hüllte. Zu verhindern war er nicht. Plötzlich fehlte ein Experte in den Forschungsstätten von Aserbaidschan oder Kasachstan, war einfach verschwunden, und wo wollte man suchen in den Weiten der Länder? Auch ein anderer, weniger abenteuerlicher Weg stand offen: Man buchte einen normalen Flug nach Rußland oder in die Ukraine, aber wenn man in St. Petersburg oder Kiew ausgestiegen war, verloren sich alle Spuren. Von dem ukrainischen Präsidenten Leonid Krawtschuk wußte man, daß er von einer Großmacht Ukraine träumte, von einer Atommacht, der drittgrößten der Welt, und daß er den Abtransport der in seinem Land lagernden Sprengköpfe zur Vernichtung in Rußland einstellen wollte. Auch er – so mutmaßte der CIA – würde den Werbern der Mullahs aus dem Iran und dem Libyer Gaddafi wohlwollend gegenüberstehen. Dabei spielte Geld keine Rolle mehr, und die neuen russischen Staaten brauchten Geld für den eigenen Aufbau der heruntergekommenen Wirtschaft. Wie ernst die Lage war, demonstrierte auf einer islamischen Konferenz in Teheran der iranische Vizepräsident Seyyed Attoallah Mohadscherani in einer Rede. Er sagte: »Weil Israel im Besitz von Atomwaffen ist, müssen wir, die Moslems, zusammenarbeiten, um eine Atombombe zu produzieren.«
    Wer aber könnte das besser als die freiwerdenden sowjetischen Experten?
    15.000 Dollar Monatsgehalt, das man durch geschicktes Taktieren bis auf 500.000 Dollar Jahresgehalt steigern konnte – das war ein Preis, der das Gewissen beruhigte. Frantzenow schüttelte den Kopf.
    Ohne mich, dachte er. Wenn man mich wirklich nicht mehr braucht, ziehe ich mich auf eine kleine Datscha zurück, werde lesen und Bücher schreiben, mich um Kunst und Literatur kümmern, viel spazierengehen und den Wolken am Himmel nachsehen, die rein und weiß sind und nicht schwarz und schweflig gelb wie eine Atomwolke. Und ich werde sterben in dem Bewußtsein, nichts Unrechtes getan zu haben … nur meine Pflicht.
    Am späten Abend traf er mit Nurgai zusammen. Der Chef von Kirenskija war guter Laune, man saß in der Kantine zusammen, die amerikanische Kommission war unterwegs an die chinesische Grenze, um einen Blick in das rote Land der Mitte zu werfen, das bei einem Amerikaner immer noch ein wohliges Gruseln hervorrief, vor allem seit dem Massaker auf dem ›Platz des Himmlischen Friedens‹ in Peking nach dem Aufstand der Studenten.
    »Ich könnte in den Irak, Andrej Valentinowitsch«, sagte Nurgai zufrieden. »Saddam Hussein ließ mich wissen, Geld spiele keine Rolle und sei keine Frage mehr.«
    »Und Sie nehmen das Angebot an?« fragte Frantzenow und runzelte die Stirn. Der große Kommunist Nurgai, der Herr über Kirenskija, der bisher glühende Patriot, würde in ein anderes Land und zu einem irren Diktator gehen, würde sein Vaterland verraten, nur um ein paar tausend Dollar einzustecken? Was war aus Rußland geworden – »Ich nehme nicht an!« antwortete Nurgai zum Erstaunen Frantzenows. »Hatten Sie das erwartet?«
    »Nach unserem letzten Gespräch –«
    »Das war nur ein Test, Andrej Valentinowitsch.« Nurgai verzog den Mund zu einem teuflischen Lächeln. »Ich wollte erfahren, wie Sie über eine Abwerbung denken. Sie lehnten sie kategorisch ab. Das hat mir gefallen. Alle paradiesischen Bilder, die ich Ihnen vom Westen schilderte, konnten Sie nicht überzeugen.«
    »So wenig haben Sie mir vertraut?«
    »Sie sind ein Rußlanddeutscher.«
    »Verdammt! Ich bin Russe!« Frantzenow verlor die Nerven. Er hieb mit der Faust auf den Tisch. Die Teetasse schwappte über, und eine

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