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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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damals war er noch in Wien und Professor Frantzenow war ihm völlig gleichgültig, aber das Flüstern über seinen plötzlichen Tod hatte auch ihn erreicht, als er im Range eines Botschaftsrates die KGB-Zentrale in Finnland übernommen hatte. Aber Gerüchte bleiben eben Gerüchte, und je mehr man sie weitererzählt, um so verschleierter wird die Wahrheit. »Ich weiß nur von einem Herzinfarkt«, antwortete Denissow abweisend. »Ein Freund soll ihn tot in der Wohnung gefunden haben. Im Schlafanzug.«
    »Werde ich sein Grab in Moskau besuchen können?«
    »Sicherlich. Herr Dubrowin wird Sie hinbringen lassen. Nun verziehen Sie nicht wieder das Gesicht – jede Begleitung dient nur Ihrer Sicherheit.«
    Das Zimmer, das man Köllner in der Botschaft zuwies, war klein, aber immerhin war es keine Zelle im Keller, wie er vermutet hatte. Er hatte sogar ein eigenes Badezimmer mit bunten Frotteetüchern, sein Rasierzeug und seine Kosmetika standen auf einer gläsernen Ablage, nur seine Kleidung fehlte. Der Bademantel war das einzige, was man ihm ließ.
    »Leider kann ich Ihnen keine Nachtgespielin zur Verfügung stellen«, meinte Denissow, der ihn begleitete, voll Sarkasmus. »Darauf sind wir nicht eingerichtet. Aber ich glaube, die Ruhe wird Ihnen guttun.«
    »Werde ich eingeschlossen?«
    »Es ist bei uns nicht üblich, daß man Gäste einschließt.«
    »Ich kann mich also frei bewegen?«
    »Innerhalb der Botschaft.« Denissow fühlte sich erleichtert. Das Thema Frantzenow schien beendet zu sein. »Ich werde Ihnen Bücher bringen lassen, deutsche Illustrierte und einen Schachcomputer, gegen den ich immer verliere. Sie spielen doch Schach?«
    »Mäßig. Bestimmt nicht so gut wie Sie.«
    »Das gehört bei uns zum Leben. Es gibt kaum einen Russen, der nicht Schach spielt. Langweilen werden Sie sich nicht.«
    Und dann war Köllner allein. Er setzte sich auf das Bett, starrte gegen das Fenster und überlegte, ob er in der Nacht hinausklettern sollte. Aber wohin flüchten? Wohin ohne einen Pfennig Geld? Wohin, nackt, nur mit einem Bademantel bekleidet? Zur deutschen Botschaft? Das wäre der einzige Weg … und eine Rückkehr nach Bonn. Dort wartete schon die Staatsanwaltschaft auf ihn. War das eine Lösung?
    Er dachte an Kasachstan und an Tante Erna, an den Bauernhof, den er nie gesehen hatte, und er sagte sich, daß es vielleicht klüger wäre, nicht nach Bonn zurückzukehren, sondern auf Dubrowins Versprechen zu vertrauen, ihn nach Nowo Grodnow fliegen zu lassen.
    Er legte sich zurück, verschränkte die Arme hinter seinem Nacken und schlief bald ein.
    Bei Denissow klingelte das Telefon. Moskau. Dubrowin rief noch einmal zu dieser späten Stunde an.
    »Jakob Mironowitsch«, sagte er freundschaftlich, »ich habe die Akte Köllner noch einmal durchgelesen. Er war ein Topagent. Seine Dummheit bestand darin, daß er von Jahr zu Jahr sorgloser wurde nach dem Motto: Mich entdeckt doch keiner! Später hat er die Lage nicht mehr überblickt. Nach seiner Flucht hat man in Bonn, Köln und Essen drei unserer V-Männer verhaftet, alles Mitglieder der Russischen Handelsgesellschaft in Köln. Man mußte sie wieder freilassen, aber sie wurden als unerwünschte Personen ausgewiesen und abgeschoben. Sie sind gestern in Sankt Petersburg eingetroffen. Durch Köllners Enttarnung ist ein ganzer Ring aufgeflogen, den wir mühsam aufgebaut hatten. Hat Köllner Material bei sich gehabt?«
    »Nichts. Wir haben ihn genau untersucht.«
    »Keine Mikrofilme?«
    »Gar nichts. Er war vollkommen ›rein‹!« Denissow räusperte sich. »Nur ein Notizbuch haben wir bei ihm gefunden.«
    »Werten Sie es sofort aus, Jakob Mironowitsch!«
    »Das habe ich. Nur Telefonnummern von Frauen und deren Wünsche im Bett.«
    »Das kann ein Geheimcode sein! Schicken Sie das Tagebuch mit dem nächsten Kurier zu mir. Ich werde es in der Dechiffrierabteilung untersuchen lassen. Ich halte es für ausgeschlossen, daß ein Mann wie Köllner ohne Material herüberkommt. Schon als Einstand oder Gastgeschenk muß er etwas mitbringen. Das war's. Gute Nacht, Jakob Mironowitsch.«
    Dubrowin legte auf. Denissow schüttelte den Kopf. Diese mißtrauischen Kollegen in Moskau. Sicherheitshalber suchte er doch ein paar Telefonnummern aus dem Notizbuch heraus und wählte sie an. Viermal meldete sich eine Frau, die fünfte Nummer schwieg. Nicht jede blieb abends zu Hause. Aber er machte hinter der Eintragung ein Kreuz und nahm sich vor, sie am nächsten Morgen anzurufen. Ein Ziffer- und

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