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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Vielleicht züchte ich Erdbeeren oder neue Kakteenarten. Ich weiß es noch nicht.«
    »Und wovon willst du leben? Die Rubel, die du hast, werden kaum ausreichen, ein Jahr zu überstehen.«
    »Ein Jahr?« Frantzenow lachte kurz auf. »Zwei Monate bei dem jetzigen Umrechnungskurs. Ich bin ein armer Mann, Wolfgang Antonowitsch. Alle hier sind nur wohlhabend im Bereich von Kirenskija. Reich ist in Rußland noch kein Wissenschaftler geworden. Darauf spekulieren ja die Aufkäufer aus dem Orient und aus Asien. Ein praller Geldsack ist ein besseres Ruhekissen als die beste Gänsedaune.«
    Er aß die saftige Gurke und dazu noch zwei dicke Zwiebeln, trank drei Tassen Kaffee und lehnte sich dann zurück. Auch Weberowsky füllte sich den Bauch. Er fühlte sich ausgeschlafen, wohl und satt.
    »Jetzt ein Gläschen Wodka!« sagte Frantzenow und erhob sich.
    »Schon am Morgen?«
    »Eine Essiggurke und Zwiebeln am Morgen sind genug, aber sie entfalten erst ihre volle Wirksamkeit durch den Katalysator Wodka. Was trinkst du denn morgens?«
    »Heiße Milch mit Honig.«
    »Und dazu deine Sauermilch mit Beeren … mich packt das Grausen.« Frantzenow lachte, ging zum Schrank, holte die Wodkaflasche heraus und goß sich ein Gläschen ein. Weberowsky winkte dankend ab.
    »Zwei Monate reicht dein Vermögen, aber im Westen liegt das Geld auf der Straße. Du brauchst dich nur zu bücken.« Weberowsky bohrte weiter. Er ahnte, daß jedes Wort den inneren Riß in Frantzenow vergrößerte. Aus dem russischen Patrioten wurde ein nachdenklicher, noch zögernder Kritiker des eigenen Wesens.
    »Wenn ich wüßte, wie sich bei uns alles noch entwickeln wird«, meinte Frantzenow nach dem Wodka. »Wenn wir wirklich wie die Vereinigten Staaten von Amerika die Vereinigten Staaten von Rußland werden, hat es einen Sinn, zu bleiben. Aber schaffen das Jelzin und Gorbatschow? Doch zerfällt Rußland in ein Mosaik selbständiger, eigenwilliger, machtstrebender Staaten, von denen jeder seine eigene Politik betreibt, dann muß ich auswandern. Denn dann gibt es keine Kontrolle mehr über die Vernichtungsmittel der Menschheit. Dann wird nicht mehr abgerüstet, sondern noch mehr aufgerüstet, denn ein mächtiges Militär ist der Stolz dieser Staaten. Aber wer weiß, wie die Zukunft aussieht?«
    »Sieh dir Rußlands Zukunft aus der Ferne an. Das ist sicherer.«
    »Aber es ist feige.«
    »Ich habe dir schon einmal gesagt: Genaugenommen bist du ein feiger Mensch. Für dein Leben wagst du nichts. Und dabei ist dein Leben so wertvoll.«
    Vor seinem Tonband saß Boris Olegowitsch Sliwka und ließ die Finger knacken. Sein Gesicht mit der Goldbrille war wie eine Maske. »Jetzt wird es Zeit!« sagte er laut zu sich selbst. »Zur Hölle mit dir, Weberowsky! Dahin, du Satan, wo du hingehörst!«
    Und Captain Tony Curlis vom CIA sagte, ebenfalls vor seinem Tonband sitzend:
    »Gleich hat er ihn! Wenn sich Frantzenow über Moskau nach Bonn absetzt, fangen wir ihn ab. Wir regeln das schon mit der deutschen Regierung. Auf gar keinen Fall darf er mit seinem Wissen nach Frankreich. Das würde das Gleichgewicht stören. Ein atomares Europa ohne amerikanische Kontrolle muß verhindert werden. Nicht auszudenken, wenn Frantzenow für Frankreich eine neue Atombombe konstruiert, das heißt, die Grundlagen dafür schafft! Die russischen Mehrfachsprengköpfe liegen uns noch heute im Magen. Los, Weberowsky, bearbeite ihn weiter. Wir warten auf den großen Geist.«
    In seiner Wohnung räumte Frantzenow den Tisch ab und trug das Geschirr in die Küche. Weberowsky duschte sich wie gewohnt kalt, um den Kreislauf anzukurbeln.
    »Was unternehmen wir heute?« rief er durch die offene Tür, während er sich abtrocknete.
    »Viel Abwechslung gibt es hier nicht. Wir können schwimmen gehen, ich kann dir die Stadt zeigen, wir können uns in ein Café setzen, das Kino öffnet erst am Abend. Bisher hatte keiner Zeit, sich um Abwechslung zu kümmern. Wir haben gearbeitet.«
    »Und wenn wir einen Ausflug machen?«
    »Wohin? Die Gegend ist trostlos. Steppe, Felsentäler, karge Bergzüge, verkrüppelte Wälder, Dornengestrüpp – die Sonne brennt alles Grüne weg. Kirenskija lebt nur durch eine künstliche Bewässerung.«
    »Ich habe auf der Herfahrt einen kleinen See gesehen. Rundherum ein Wäldchen. Tiefblaues Wasser …«
    »Der einzige Lichtblick. Eine Oase in der Steinwüste. Aber wie kommen wir da hin? Hier gibt es keine Autos bis auf die Versorgungskolonnen. Kirenskija ist autofrei.«
    »Nicht ganz. Ich

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