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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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typisch harten Akzent eines deutschsprechenden Russen.
    »Dubrowin am Apparat.«
    Denissow nickte Köllner zu. »Sprechen Sie jetzt.«
    »Hier ist Köllner. Deckname Haase – Nummer 7/12.«
    Dubrowin schien in eine Liste zu sehen. »Aus Bonn?«
    »Ja.«
    »Mir ist bekannt, daß man Sie enttarnt hat. Wie war das möglich?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Eine unangenehme Situation, vor allem für unsere Botschaft in Bad Godesberg. Es liegt eine Beschwerde vor, die uns zwingt, eine Demarche zu verfassen. Sehr unangenehm. Sie haben sich bis nach Finnland durchschlagen können. Hat man Sie verfolgt?«
    »Ich habe nichts bemerkt. Ich bin von Berlin unter dem Namen Haase nach Helsinki geflogen, bevor die Grenzbehörden einen Hinweis bekommen haben.«
    »Und jetzt möchten Sie nach Moskau kommen.«
    »Ja.«
    »Das erwarten auch die Deutschen. Warum bleiben Sie nicht in Finnland?«
    »Ich fühle mich in Rußland sicherer.«
    »Aber in Moskau könnten Sie eher entdeckt werden als in Helsinki.«
    »Es wird doch wohl in dem Riesenreich Rußland eine Ecke geben, wo man mich nicht findet.« Köllner schoß ein Gedanke durch den Kopf, man sah es förmlich an seinem sich verändernden Gesichtsausdruck. »Wie wäre es mit Kasachstan?«
    »Was wollen Sie denn dort?«
    »Eine Tante von mir wohnt in Kasachstan. In der Nähe von Atbasar, in dem Dorf Nowo Grodnow. Sie ist verheiratet mit Wolfgang Antonowitsch Weberowsky. Einem Bauern. Dort könnte ich untertauchen.«
    »Rußlanddeutsche?« fragte Dubrowin gedehnt.
    »Ja. Aus dem ehemaligen Wolgagebiet. Stalin hat sie 1941 zwangsumgesiedelt.«
    »Sie haben Kontakt mit Weberowsky?«
    »Nur lose. Aber ich weiß, daß meine Tante mich aufnehmen wird.« Köllner atmete tief durch. »Und ich habe noch eine Adresse, an die ich mich wenden kann. Einen Onkel.«
    »In Kasachstan?«
    »Nein. In Moskau. Professor Andrej Valentinowitsch Frantzenow.«
    Einen Augenblick war es still. Denissow starrte Köllner voll Unglauben an, und auch Dubrowin in Moskau schien einen Moment sprachlos zu sein.
    »Frantzenow?« fragte er dann.
    »Ja. Der Atomwissenschaftler. Kennen Sie ihn?«
    »Das ist Ihr Onkel?«
    »Ja, der Bruder von meiner Tante Erna Weberowsky. Auch zu ihm könnte ich.«
    »Das wäre ein fatales Quartier. Frantzenow ist vor über neun Jahren gestorben. Sein Grab liegt in Moskau.«
    »Das … das wußte ich nicht.« Köllner wischte sich über die Stirn. Onkel Andrej tot. Nun war erklärbar, warum er nichts mehr von ihm gehört hatte. »Dann bleibt nur Kasachstan übrig.«
    »Ich will sehen, ob das möglich ist.« Dubrowins Stimme veränderte sich, sie wurde weniger amtlich. Außerdem sprach er jetzt russisch. »Jakob Mironowitsch?«
    »Bin hier«, antwortete Denissow sofort.
    »Behalten Sie Köllner in der Botschaft, bis genaue Weisungen von uns kommen. Er darf die Botschaft nicht verlassen.«
    »Keine Sorge. Er wird unsichtbar sein.«
    »Welchen Eindruck macht er?«
    Denissow warf wieder einen schnellen Blick auf Köllner. »Er sieht müde aus, etwas zerzaust und trägt einen unmöglichen, fleckigen Mantel. Sollen wir ihm neue Kleider kaufen?«
    »Wozu? In Kasachstan wird man ihn als elegant ansehen.« Dubrowin lachte abgehackt. Mit Kasachstan verband ihn der Gedanke an Schweiß und Dreck. Er war nie dort gewesen, aber alles, was hinter dem Ural lag, war für ihn ein wüstes Land. »Hat er kein Gepäck bei sich?«
    »Haben Sie einen Koffer bei sich?« fragte Denissow auf deutsch. Köllner nickte.
    »Eine große Reisetasche mit dem Nötigsten. Es ging ja um Minuten.«
    »Eine Reisetasche«, wiederholte Denissow auf russisch. »Er hatte keine Zeit mehr zum Packen.«
    »Dann kaufen Sie ihm ein Hemd und eine Unterhose, das genügt.« Dubrowin schien es Spaß zu machen, einen nun unwichtigen Agenten, einen Niemand, in der Luft hängen zu lassen. »Hat er Geld bei sich?«
    »Haben Sie Geld?« fragte Denissow.
    »Ja. Fünftausend DM.«
    »Fünftausend DM.«
    »In Verwahr nehmen.« Dubrowin schlug wieder einen dienstlichen Ton an. »Untersuchen Sie ihn genau. Von oben bis unten, alle Kleidungsstücke, die Reisetasche, suchen Sie nach doppelten Böden oder ins Futter genähten Banknoten. Der Botschaftsarzt soll ihn untersuchen, und auch röntgen soll er ihn. Der Magen ist ein gutes Versteck. Köllner darf auf keinen Fall Geld behalten, um sich heimlich von Helsinki absetzen zu können! Wir werden ihn so schnell wie möglich abholen.«
    »Ist er zu gefährlich für uns?«
    »Nein … zu dumm!«
    Dubrowin

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