Wetten, du küsst mich!
nicht direkt mit dem Hotelbetrieb zu tun hatte. „Ich wollte schon als kleines Mädchen Hotelier werden. Genauer: Ich wollte dieses Hotel leiten.“ Und dann erzählte sie einfach drauflos. Wie fasziniert sie den Geschichten ihres Großvaters gelauscht hatte, wenn er von den Hotelgästen erzählte. Wie er ihr beigebracht hatte, dass man jeden Hotelbesucher wie einen persönlichen Gast behandeln sollte. Dass die nun schon fast hundert Jahre faszinierten, in denen sich unzählige Geschichten hinter den Mauern des Contessa abgespielt hatte. Irgendwann stand sie auf und zeigte ihm ein Foto aus längst vergangenen Tagen, das an der Wand hing.
„Der ernst dreinblickende Junge ist wahrscheinlich Ihr Großvater?“, fragte er.
„Ja, und der Mann in Kostüm und Maske ist mein Urgroßvater Robert Spencer“, sagte sie und spürte Jack plötzlich hinter sich stehen. Verlegen rückte sie das Bild gerade.
„Mein Großvater liebte das Hotel. Er las mir niemals Märchen vor, sondern erzählte mir wahre Geschichten von Filmstars, gekrönten Häuptern und sogar Bankräubern, die im Contessa logierten. Ich wusste schon als Kind, dass ich solche Geschichten auch erleben wollte, um sie später meinen Kindern und Enkeln zu erzählen.“ Verträumt fuhr sie mit den Fingern über das Foto und wandte sich dann um. „Was ist mit Ihnen? Was wollten Sie mal werden, als Sie noch Kind waren?“
„Reich.“
Das sollte wohl ein Witz sein. „Nein, ernsthaft“, sagte sie. „Wollten Sie nicht auch mal Feuerwehrmann oder Cowboy werden?“
„Die verdienen nicht genug.“
Verblüfft von dieser Antwort, fragte sie: „Und wie alt waren Sie, als Sie zu dieser Erkenntnis kamen?“
„Sechs.“
Er sprach so sachlich, dass er es ernst meinen musste. Was war ihm wohl im Alter von sechs Jahren zugestoßen, dass er sich so früh ein solches Ziel gesetzt hatte? Also fragte sie: „Und warum?“
„Reichtum wirkt anziehend. Die Leute suchen Ihre Nähe. Sie sind nett zu Ihnen, weil sie wissen, Sie haben Geld und können Ihnen Geschenke kaufen oder Sie auf weite Reisen mitnehmen.“
Das klang wirklich wie die Argumentation eines Sechsjährigen. „Dass Menschen Ihre Nähe suchen, weil sie wissen, dass Sie reich sind, hört sich für mich aber gar nicht so toll an“, sagte sie. „Das ist nicht die Art von Freunden, wie ich sie mir wünschen würde.“
„Da mögen Sie recht haben“, sagte er mit leichter Bitterkeit in der Stimme. „Aber glauben Sie mir, es ist besser, als wie ein Versager behandelt zu werden, weil man kein Geld hat. Oder Sie fallen lassen und zu jemandem mit Geld überlaufen.“
An seinem kalten Blick konnte Laura ablesen, dass Jack aus eigener Erfahrung sprach. Vorsichtig entgegnete sie: „Sie kennen doch die alte Redensart, Jack: Geld ist nicht alles.“
„Doch, das ist es. Geld ist Macht. Und Macht allein zählt.“
„Aber wo bleibt dabei die Freude, die Leidenschaft?“
„Die Freude liegt im Erfolg. Und was Leidenschaft angeht, die erlebe ich mit einer Frau im Bett. Mit Ihnen hätte ich diese Leidenschaft erlebt, wenn Sie nicht weggelaufen wären.“ Er kam noch einen Schritt näher.
„Jack“, sagte sie mit brüchiger Stimme. Sie wollte widerstehen, aber ihr Herz schlug immer schneller.
„Sie können immer noch diese Frau sein, Laura“, sagte er und kam mit seinen Lippen den ihren ganz nahe. „Ich will Sie.“
Sie legte ihre Hände auf seinen Brustkorb, unschlüssig, ob sie ihn wegstoßen oder näher zu sich heranziehen sollte. Er ließ seine Hand ihren Rücken heruntergleiten und zog sie an sich. Als sie fühlte, wie erregt er war, wurde ihr ganz heiß.
„Sie brauchen nur ja zu sagen, dann gehen wir in meine Suite. Dann zeige ich Ihnen, was wahre Leidenschaft ist.“
Oh, wie verlockend das war, dachte Laura, als er ihr Kinn küsste und dann mit den Lippen weiterfuhr zu ihrem Hals. Ganz sanft spürte sie seine Zähne auf ihrer empfindlichen Haut. Es durchrieselte sie wohlig.
„Laura“, erklang plötzlich Pennys Stimme durch die Sprechanlage. „Ich habe Matt Peterson auf Leitung eins für dich.“
Erschrocken registrierte Laura, wie Jack sich binnen einer Sekunde veränderte. Die Hand, die sie eben noch zärtlich gestreichelt hatte, war plötzlich zur Faust geballt. Und sie? Eben war sie noch fast dahingeschmolzen, nun wurde ihr schlagartig wieder klar, wo sie war, was sie tat – und mit wem sie es tat. Ernüchtert machte sie sich bewusst, dass Penny oder irgendjemand anderes jederzeit hätte
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