Wetten, du küsst mich!
um den Schmerz und die Wut zu betäuben – so wie sein Vater es getan hatte.
Stattdessen tat er, was er immer tat. Er suchte Zuflucht in der Arbeit. Stundenlang bearbeitete er Unmengen von E-Mails und Berichte über seine zahlreichen Unternehmensbeteiligungen. Lange genug, um seine Schultern verkrampfen zu lassen. Lange genug, um das Hungergefühl übermächtig werden zu lassen. Die paar Snacks, die er sich in seinen kurzen Arbeitspausen aus der Minibar genehmigt hatte, reichten einfach nicht mehr aus. Aber er hatte keine Lust, jetzt irgendwo essen zu gehen. Gerade jetzt, wo es mit der Arbeit so gut lief.
Er nahm sein Handy und wählte die Privatnummer seiner Assistentin Dotty. Sie hatte kaum abgenommen, da bellte er auch schon los: „Rufen Sie sofort das Anwaltsbüro von Jardine an und sagen Sie den Leuten, sie sollen alles für den Geschäftsabschluss bereithalten. In der Sekunde, in der die Dreißig-Tage-Frist abgelaufen ist, will ich den Deal unter Dach und Fach haben.“ Als keine Antwort kam, fragte er: „Dotty, haben Sie mich verstanden?“
„Verstanden habe ich Sie schon“, antwortete sie. „Aber wenn es Ihnen recht ist, warte ich bis morgen früh und rufe Mrs. Jardine dann in ihrem Büro an. Denn ich vermute mal, dass sie sich um diese Zeit mit ihrer Familie gerade bettfertig macht.“
Der Sarkasmus in ihrer Stimme war ihm nicht entgangen. „So spät ist es doch noch gar nicht“, sagte er. Aber ein Blick auf die Uhr bewies ihm das Gegenteil. Es war schon nach 22 Uhr und in New York wegen der Zeitverschiebung sogar noch später. Die Stille, die folgte, war verräterisch.
„Ich weiß, Sie möchten das Geschäft so schnell wie möglich abschließen. Ich rufe Mrs. Jardines Büro gleich morgen früh an und sage es den Leuten noch mal.“
„Gut. Außerdem müssen Sie ein bisschen herumtelefonieren und herausfinden, wie weit Laura Spencer mit ihren Bemühungen ist, das Geld zusammenzubekommen. Ich weiß, dass ihre Mutter und ihr Stiefvater gerade versuchen, ihren Nachtclub in Paris umzuschulden. Finden Sie heraus, wie weit die Sache gediehen ist.“ Er wusste bereits, dass Chloe ihre Anteile ihrer Schwester überschrieben hatte und dass Laura diese und ihre eigenen Anteile als Sicherheit für einen Kredit eingesetzt hatte. Ebenso wusste er, dass sie ihre Aktien zu Bargeld gemacht und ihre Privatkonten geplündert hatte. Aber hatte Peterson ihr Geld geliehen? „Rufen Sie auch Sean Fitzpatrick von Fitzpatrick Investigations an. Er soll herausfinden, ob Matt Peterson oder seine Familie in letzter Zeit größere Geldmengen bewegt haben.“
„Sie hatten ja noch nie erwähnt, dass Ihr Stiefbruder auch etwas mit diesem Geschäft zu tun hat“, sagte Dotty. Ihre Stimme klang besorgt.
„Ich weiß es auch nicht mit Sicherheit. Aber er und diese Spencer sind eng befreundet. Ich möchte da keine bösen Überraschungen erleben.“
„Geht klar“, sagte Dotty. „Und wo ich Sie gerade am Telefon habe – was soll ich den Leuten vom Stadtpark New Orleans sagen? Ich meine bezüglich Ihrer Spende zur Restaurierung des historischen Karussells. Die Leute sind wirklich sehr dankbar und möchten am Karussell eine Gedenktafel für den Spender anbringen. Obendrein möchten sie eine Pressekonferenz geben, um die Großzügigkeit von Hawke Industries öffentlich zu machen.“
Jack zögerte einen Moment, dann dachte er zurück an den Abend im Park und wie Laura ihm erzählt hatte, dass sie zum ersten Mal mit ihrem Großvater zu dem Karussell gegangen war. „Sagen sie ihnen, auf der Tafel soll stehen, hm, warten Sie … ‚Zum Gedenken an Oliver Jordan, einen großen Hotelier der Stadt‘.“
„Und die Pressekonferenz?“
„Sagen Sie ihnen, dass ich damit noch bis nach dem Jahreswechsel warten möchte. Und dann soll das Contessa-Hotel als Spender genannt werden. Die Ansprechpartnerin dafür ist Laura Spencer.“
„Ist notiert“, sagte Dotty. „Sonst noch etwas?“
„Das wär’s“, sagte er. „Sorgen Sie nur dafür, dass unsere Leute sofort hier erscheinen und alles in Angriff nehmen, sobald die Übernahme in trockenen Tüchern ist.“
Jack legte auf, ging zum Fenster hinüber und zog die Vorhänge auf, um auf die Stadt hinunterzusehen. Den ganzen Tag über hatte es schon nach Regen ausgesehen. Nun war er gekommen und fiel sanft und gleichmäßig auf die Straßen. Die dunklen Wolken verdeckten die Sterne am Himmel. Selbst der Mond kämpfte sich nur mühsam durch Wolken und Regen. Die Straßen waren fast
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