Wettflug mit dem Tod (Orion 10)
Schatten. Weitere Vögel kamen durch die Zweige, flogen dicht über der Wasseroberfläche heran, griffen an.
»Wir sind verloren!« keuchte Cliff. »Was ist los?«
»Nicht nachlassen! Weitermachen!« schrie Titus.
Aus dem Augenwinkel sah Cliff, daß der Kolonist eine seltsame Taktik anwendete. Er schoß auf die Vögel, wenn sie gerade in seinen Sichtbereich kamen. Waren sie zu nahe, schlug er sie mit dem Lauf der langen Gasdruckwaffe zu Boden oder ins Wasser. Rings um den Gleiter schien der Sumpf, schien das flache Wasser zu kochen; blutiger Schaum, Federn und die goldenen Leiber der Fische vereinigten sich zu einem tödlichen, schnellen Strudel. Titus Veever kämpfte schnell und fast lautlos.
»Titus!« sagte Cliff scharf und schoß einen Vogel direkt in den aufgerissenen Rachen. Das Tier hielt mitten im Angriff inne, als sei es gegen eine Glaswand geprallt und fiel in den Strudel rund um den Gleiter.
»Ja?«
Titus warf sich halb herum, zielte mit dem Gewehr auf McLane und schoß. Keine fünf Zentimeter neben Cliffs Kopf klatschten Flügel, und die Schwungfedern schlugen ins Haar des Kommandanten. Ein angreifender Vogel war getroffen worden.
»Wir müssen fliehen!«
Titus holte aus, ließ den Kolben der Waffe kreisen und schlug in einem vernichtenden Wirbel zahlreiche Vögel aus der Luft. Die Waffe streifte fast den Kopf des Kommandanten.
»Unsinn!«
Cliff nickte, bewegte den Zeigefinger und schoß schnell zweimal hintereinander. Zwei der Raubvögel, die scheinbar sinnlos vor dem Scheinwerfer in der Luft zu tanzen schienen, fielen leblos aufs Deck zurück.
»Warum?« schrie Cliff.
Die Waffe in seiner Hand war leer.
»Wir sind hier geschützt ... he, warum schießen Sie nicht?«
Titus schoß aus der Hüfte, griff nach rechts und warf dann Cliff seine Pistole zu. Cliff fing sie aus der Luft, drehte sie um und erledigte zwei Angreifer. Dann war einige Sekunden lang Ruhe.
»Draußen sind wir im freien Gelände«, sagte Veever und sah zu, wie Cliff in fieberhafter Eile Magazin und Gasbehälter der leergeschossenen Waffe auswechselte. »Das hier habe ich auch noch nicht gekannt.«
Zwei der Vögel kamen herangeflattert und griffen augenblicklich an. Cliff erledigte einen, Titus den anderen indem er ihn mit dem Lauf der Waffe ins Wasser hieb. »Jetzt kennen wir beide die Raubvögel«, sagte Cliff.
»Sie sind wie irrsinnig«, erklärte Veever und wies nach vorn. Cliff schaute hoch.
Vor dem weißen Kreis stand noch immer die Wolke der Raubvögel. Sie sah aus wie eine Windhose; trichterförmig und drohend. Sie bestand aus Hunderten einzelner Vögel, die jetzt zu zögern schienen. Plötzlich war es still – das Schlagen und Rauschen der Schwingen in unmittelbarer Umgebung des schwimmenden Gleiters hatte aufgehört. Das Bild war noch immer drohend; die dunklen Körper vor der weißen Fläche schienen sich jetzt auf ein anderes Objekt zu konzentrieren. Titus stieg auf das Vorderteil des Sumpfgleiters und schaltete den Scheinwerfer aus, nachdem er mit dem Fuß mindestens zwanzig bewußtlose Vögel ins Wasser geschoben hatte. Überall war Blut, klebten schwarze Federn, und der Kampf unter Wasser ging weiter.
»Wahrscheinlich haben wir heute am späten Nachmittag die Fluchtdistanz unterschritten«, sagte Veever. »Sonst greifen die Vögel hin und wieder an, aber nur einzeln oder in Paaren.«
Cliff wischte sich das Blut aus dem Gesicht; er hatte mehrere tiefe Schrammen auf Stirn und neben den Ohren.
»Immerhin – das große Abenteuer«, murmelte er bissig. »Ich habe mir weniger versprochen.«
Titus lachte kurz auf und zog die halbleere Flasche Archer's tears aus der zusammengewickelten Jacke. Er spähte wachsam herum, sah nichts Gefährliches und zog den Korken aus dem Flaschenhals. Cliff räumte eine Anzahl von bewegungslosen schwarzen Vögeln aus dem Gleiter; sie waren mit ausgespannten Flügeln etwa armlang und wogen mehrere Pfund. Noch jetzt, starr und regungslos, sahen sie nichts als drohend aus. Die Krallen waren messerscharf, und die gekrümmten Schnäbel glichen tödlichen Haken.
»Freut mich, daß Sie etwas davon hatten, Cliff«, sagte Titus. »Davon können Sie auf der Erde erzählen.«
Es fiel Cliff erst jetzt auf ...
Titus, der für ihn verantwortlich war, hatte zwar um sein eigenes Leben gekämpft, hatte sich aber kaum um Cliff gekümmert. Entweder dachte er, Cliff könne sich selbst genügend wehren, oder er hatte nichts dagegen, wenn der Kommandant verletzt wurde. Die Sache wurde immer
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