Wettflug mit dem Tod (Orion 10)
rätselhafter.
»Ich werde einiges zu berichten haben«, erwiderte Cliff knapp, »wenn ich lebend zurückkomme.«
Er versuchte, den Gesichtsausdruck des Kolonisten zu erkennen, aber Titus hielt seinen Kopf so, daß er im Schatten blieb.
Veever schien sich endlich entschieden zu haben.
»Machen wir, daß wir von hier fortkommen«, sagte er. »Ich traue diesen schwarzen Bestien nicht.«
Er nahm die Pistole in die Hand, lehnte die Büchse an den Sessel über der Steuerung und kletterte hinauf. Vorsichtig schob er die Zweige auseinander, ließ die zwei Turbinen anspringen und drehte den Gleiter fast auf der Stelle. Dann glitt die Kunststoffschale in den freien Wasserarm hinaus und wurde schneller. Titus Veever steuerte nach Westen.
Cliff säuberte das Boot und sah, wie ihnen ein Schwarm von Zahnfischen folgte. Überall dort, wo einer der Vögel ins Wasser schlug, bildeten sich augenblicklich Wirbel. Der Vogel wurde von den Fischen förmlich zerfetzt.
Cliff lehnte sich zurück und spähte nach links.
Vor der Mondscheibe rotierte noch immer die Wolke. Jetzt war sie kleiner und zeigte Lücken; zu viele Vögel waren dem Angriff zum Opfer gefallen. Cliff hatte flüchtig mitgezählt – es waren kaum weniger als hundert gewesen, die er und Titus erledigt hatten. Von Zeit zu Zeit, etwa in Sekundenabständen, verließen sichelförmige schwarze Silhouetten die Vogelwolke und strichen schräg nach unten ab. Sie schienen ein anderes Ziel gefunden zu haben. Waren es die Gleiter mit Sigbjörnson oder Erickson?
Eine Minute verging.
»Titus?« fragte Cliff, die Büchse quer über den Knien.
Die Stimme kam von hinten. Veever sprach jetzt entschlossener, härter – er schien in der letzten Zeit eine wichtige Entscheidung gefällt zu haben.
»Ja?«
»Was tun wir jetzt?«
»Wir suchen uns einen anderen Platz, an dem wir schlafen können«, erklärte der Tarey. »Oder wollen Sie unbedingt schon heute nacht sterben?«
Cliff grinste nicht, als er erwiderte:
»Weder heute noch in den nächsten Tagen. Wohin fahren Sie?«
»Geradeaus«, knurrte Veever. »Dort ist ein ziemlich dichter Wald, dessen Wurzeln im Wasser stehen. Vermutlich haben wir dort Ruhe.«
Cliffs Arm deutete auf den Mond und den Vogelschwarm, der immer dünner wurde. Mehr und mehr Vögel konzentrierten sich auf ein Ziel in Bodennähe. Von dort kam ein dünner, heller Schrei; es war nicht der Ruf eines Menschen.
»Was ist dort los?«
»Die Vögel jagen einen Ochsen«, murmelte Titus. »Wollen Sie zusehen?«
Cliff schüttelte den Kopf und schauderte.
»Nein. Mir reichen die hundert Biester, die uns überfallen haben.«
»Dachte ich mir.«
Der Gleiter befand sich in einem Kanal zwischen hohen Schilfmauern, an deren Rändern man die Zeichen der Flut und der Ebbe sah, helle Wasserstreifen und hängengebliebenes Schwemmgut. Außer dem Singen der beiden Turbinen und den hellen Schreien, die von links über das Schilf kamen, waren keine anderen Geräusche zu hören.
»So schreien die Ochsen«, erklärte Titus. »Sicher wird eben eine Herde von den Vögeln angegriffen.«
Cliff gab keine Antwort.
Aus einem Jagdausflug war plötzlich ein echtes Abenteuer geworden. Cliff versuchte, sich den Gesichtsausdruck Veevers in die Erinnerung zurückzurufen, als der Kolonist an seinem Kopf vorbeigeschossen und einen Vogel getroffen hatte. Hatte Titus – wenigstens einen Sekundenbruchteil lang – daran gedacht, mit einem Schuß jemanden auszuschalten, der den Tareys gefährlich werden konnte? Und wenn ja, warum lebte er, Cliff, noch? Hatte sich Titus in letzter Sekunde noch der gewissen Partnerschaft erinnert? Die Fragen wurden zahlreicher, und schwieriger zu beantworten. Die nächsten beiden Tage versprachen spannend zu werden, ausgesprochen spannend.
Etwa eine halbe Stunde später erreichten sie, ständig von den dünnen Schreien der gehetzten Rinderähnlichen begleitet, den Wald. Es war eine Ansammlung von Bäumen, deren Luftwurzeln ein bizarres Muster bildeten. Zwischen dem Wald und dem Schilf befand sich ein etwa dreißig Meter breiter Kreisring aus tückischem Sumpf, und die Fahrrinne führte in Schlangenlinien hindurch. Von seinem Hochsitz aus schaltete Veever kurz den Scheinwerfer an und leuchtete mit einigen Drehungen die Gegend aus, dann fuhr er weiter.
»Hier sind wir sicher«, erklärte er.
Cliff sicherte die Büchse und stellte sie weg. Dann zog er die langen Stiefel an und nahm ein Plastikgefäß aus einem der Vorratsfächer heraus. Er langte über Bord
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