Wettlauf mit dem Tod
konnte.
Die beiden Beamten, die Logan zurückgelassen hatte, drängten sich in ihren Flur. »Sie können jetzt ruhig gehen. Ich bleibe, wo ich bin«, meinte Pepper gereizt.
»Ma’am«, setzte der schlacksigere der beiden entschuldigend an, »wir sind hier, um für Ihre Sicherheit zu garantieren, und das wird bestimmt einfacher, wenn wir uns mit Ihnen in Ihrer Wohnung aufhalten.«
»Ich muss duschen.« Als wäre das momentan ihre größte Sorge, aber immerhin taugte es als Ausrede. »Ich muss mich umziehen und zu meinem Bruder fahren.«
»Detective Riske hat sich in dieser Hinsicht doch eindeutig ausgedrückt. Er wünscht, dass Sie hier auf ihn warten.«
»Seine Wünsche sind mir egal.«
Die beiden tauschten einen Blick. »Bevor in der Sache Ihres Bruders nicht alle Formalitäten abgewickelt wurden, können Sie ihn sowieso nicht sehen, und wenn Sie es dennoch versuchen, behindern Sie damit möglicherweise den Fortgang dieses Falles«, belehrte sie der kleinere der beiden.
Abgewickelt. Fall. Fast hätte sie laut aufgestöhnt. Dank Morton kannte sie sich mit den internen Abläufen des kriminellen Milieus besser aus als mit juristischen Verfahrensweisen. »Wie lange wird das denn dauern?«
»Kommt ganz darauf an. Sie bringen ihn zuerst aufs Revier, um ihn zu befragen …«
»Sie meinen wohl eher, um ihn zu verhören.«
Er ließ ihre Bemerkung unkommentiert. »Es dauert eine Weile, bis alle Formulare ausgefüllt, Fotos und Fingerabdrücke angefertigt sind und so weiter. Möglicherweise wird er danach ins Bezirksgefängnis überführt und dort festgehalten, bis entweder eine Kaution gestellt wird oder seine Verhandlung stattfindet.«
Der Schlanke fügte hinzu: »Möglicherweise kommt er direkt dorthin. Das werden wir aber erst erfahren, wenn Detective Riske wieder hier ist.«
Sie wussten also überhaupt nicht darüber Bescheid, was mit ihrem Bruder geschehen würde? War das eine Vorsichtsmaßnahme, oder waren die beiden einfach nur Polizisten niederen Ranges, denen man nichts verriet?
Eigentlich war es inzwischen vollkommen unwichtig, doch Pepper stellte die Frage trotzdem: »Heißt er wirklich Logan?«
»Wen meinen Sie damit, Ma’am?«
»Detective Riske«, erläuterte sie ungeduldig. »Lautet sein Vorname tatsächlich Logan?«
»Jawohl, Ma’am, er heißt Logan Riske.«
Wahrscheinlich hatte er seinen echten Vornamen benutzt, damit er sich nicht versehentlich verriet, während er sie verführte.
Wieder schnürte ihr das Gefühl der Demütigung die Kehle zu.
Er hatte sie für schüchtern und introvertiert gehalten, ihr aufmunternd zugelächelt, als sie ihm ihre verkorkste Vorgeschichte anvertraute, und war nachsichtig und tolerant gewesen, als sie darauf bestand, nur im Dunkeln mit ihm zu schlafen.
Er war in ihr gewesen.
Es fühlte sich an, als säße ein Elefant auf ihrer Brust, der ihr das Herz im Leib zerquetschte. Verzweifelt schlang sie die Arme um den Oberkörper und versuchte, sich zusammenzureißen.
Ihr Innerstes war wie taub. Ihr war übel. »Danke«, flüsterte sie.
Damit die beiden keinen Verdacht schöpften, bat sie sie, auf der Couch Platz zu nehmen. »Machen Sie es sich bequem. Ich mache mich derweil fertig, nur für den Fall, dass Logan sich meldet oder früher zurückkehrt als erwartet.«
Die beiden sahen sie mitleidig an. Sie hielten sie wohl für naiv und glaubten, dass sie nicht verstand, worum es ging.
Vielleicht stimmte das auch, doch das Wichtigste hatte sie begriffen: Das Gesetz und die Unterwelt waren hinter ihrem Bruder her. Wenn sie nicht sofort handelte, konnte das seinen Tod bedeuten.
»Es wird nicht lange dauern.« Damit wandte sich Pepper von ihnen ab. Es wurde höchste Zeit, alles Nötige in die Wege zu leiten.
Zuerst ging sie ins Schlafzimmer und holte aus dem Versteck in der Matratze ein Bündel Geldscheine, ein Messer, den achtunddreißiger Revolver und die Schlüssel, die sie brauchen würde. Sie verstaute allesin ihrer Handtasche, die sie daraufhin in ein Bündel Kleider wickelte. Damit verließ sie das Schlafzimmer wieder und begab sich ins Badezimmer. Auf dem Weg dorthin lächelte sie den Polizisten scheu zu.
Die beiden hatten ihr Angebot, sich zu setzen, nicht angenommen, sondern waren beide stehen geblieben – einsatzbereit, wachsam, vorsichtig. Vielleicht gehörten sie wirklich zu den guten Polizisten. Immerhin hatten sie noch nicht versucht, sie umzubringen, oder ihr einen Schlägertrupp auf den Hals gehetzt. Bisher hatten sie sie noch nicht einmal
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