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When the Music's Over

When the Music's Over

Titel: When the Music's Over Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
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war Faizul mitten in der Arbeit. »Ali, könntest du –«
    »Ich brauche mehr Licht.« Die übliche alte Beschwerde des Kameramannes.
    »Ich will aber diese Authentizität.«
    Faizul fand, dass sie jetzt furchtbar überspannt klang, und sie hasste sich dafür. Und sie hasste sich noch mehr, als sie sah, wie ein kleines Lächeln in Brads Mundwinkeln aufzuckte. Und dann wurde sie auch noch wütend auf sich. Wann würde sie endlich aufhören, wie ein verliebter Teenie auf jede seiner Reaktionen zu achten? Sie wusste, würde sie jetzt den Mund aufmachen, würde sie zu allem Überfluss dumm daherreden und womöglich über eben diese dummen Worte stolpern. Welches blöde Programm lief da bloß in ihr ab? Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. Ja, toll, jetzt las er womöglich noch ihre Gedanken.
    »Nimm den Lichtverstärker«, schlug Brad vor. »Die Körnung fliegt in der digitalen Nachbearbeitung eh raus.«
    »Danke für den Hinweis, Boss.«
    Faizul lachte laut auf. Was wäre der Job ohne Brads und Alis kleine Wortgefechte?

    Und dann wurde es auf einmal ernst. Auf ein Zeichen ihrer Anführerin griffen die Tunnel-Soldaten zu ihren Waffen. Worte waren jetzt nicht mehr nötig, zu oft schon waren sie in dieser Situation gewesen: den letzten Minuten vor einem Einsatz. In loser Formation tauchten sie in die Unterwelt Berlins ab. Das VID-Team folgte zögernd, aber als sie merkten, dass sie dabei waren, den Anschluss an die Gruppe zu verlieren, passten sie ihre Schritte denen der Tunnel-Soldaten an.
    Faizul spürte, wie ihr Herz bis zum Hals schlug – ihr war übel. »Das ist nur die Dunkelheit und die schlechte Luft«, redete sie sich gut zu, sie würde doch jetzt nicht schlappmachen, wo die größte Story ihrer Laufbahn direkt vor ihr lag.
    Doch erst mal lagen die verrosteten Schienen der U-Bahn vor ihnen. Die Gruppe bestieg eine Draisine, und von da an näherten sie sich ihrem Ziel viel schneller, als Faizul lieb war. Als sie unterhalb des Pladelu waren, stiegen sie aus und gingen durch einen der zahlreichen Geheimtunnel weiter.
    Am Ausstiegspunkt verteilte Sunshine die Ohrstöpsel. Jetzt konnten sie sich nur noch durch Zeichen verständigen. Ein eher symbolischer Schutz gegen das »Stumme Dröhnen«, jene Schwingungen im Infraschallbereich, die den Puls beschleunigten, Angstzustände erzeugten und nach einer gewissen Zeit zum Kollaps führten. Sie hatten ungefähr hundert Sekunden Zeit, ehe die Vibrationswellen ihre Körperzellen zerstören würden. Hundert Sekunden, um das Schiff der verfluchten Vierfinger zu sprengen.
    Doch sie kamen gar nicht erst auf das Flugfeld. Eine Straßensperre der Stadtmiliz und schlechtes Material sollten ihnen zum Verhängnis werden. Dreisatz hatte keine Chance, ihre Show abzuziehen. Hilflos musste sie mit ansehen, wie die Tunnel-Soldaten ins Kreuzfeuer genommen wurden. Sunshine signalisierte »Rückzug«, und vergeblich nach Deckung suchend hetzten sie durch die Straßen. Johlend und schießend folgte ihnen die Miliz, so viel Spaß hatten die schon lange nicht mehr gehabt. Auf echte, blutende, schreiende, bewegliche Ziele zu ballern, dafür machten sie schließlich den Job.
    Und dann wurde Bingo getroffen. Dreisatz sah, wie der Hacker-Typ sich über ihn beugte. »Komm schon«, sie zerrte an seinem Arm, »wir müssen weiter.«
    Doch wohin sollten sie sich wenden? Bingo hatte sie vorhin erst durch ein Abrisshaus geführt und durch einen versteckten Einstieg in dessen Hinterhof in den Untergrund. Bingo konnte sämtliche Einstiege zu U-Bahnschächten, Kanalisation und Geheimtunneln der Stadt wie eine Landkarte vor seinem inneren Auge abrufen. Doch nun war Bingo tot.

    »Was sollen wir nur tun?« Danuta klang zaghaft und vorwurfsvoll zugleich.
    Sunshine fuhr zusammen. Für einen kurzen Augenblick war sie versucht, »Was fragt ihr mich?« zu schreien, doch der Augenblick verging. Sie war verantwortlich, sie traf die Entscheidungen.
    »Sie wissen, dass wir hier sind. Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten«, Sunshine hob die Hand und zählte ab, »keine von beiden ist besonders gut, und ich möchte, dass ihr euch genau überlegt, was ihr als Nächstes tun wollt.«
    Die Tunnel-Soldaten starrten sie überrascht an. Sie sollten entscheiden? Aus den Augenwinkeln sah Sunshine, wie die Kamera die Gruppe abfuhr. Genau, heute Nacht würde in Berlin Geschichte geschrieben werden.
    »Sie wissen, dass wir hier sind, und uns auszuräuchern wird diesen Typen ein Festessen sein. Endlich können sie einmal

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