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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John B. Keane
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gealtert als in all den Jahren zuvor, seit ich ihn kannte. Er hielt sich zwar aufrecht, schien aber leicht zu wanken. Seine Schritte verrieten ein Nachlassen der Kräfte.
    »Es geht mit ihm bergab«, flüsterte Stafford Cripps. Ich wusste, was das bedeutete. Wenn es mit jemanden bergab ging, hieß das so viel wie, sein Leben geht zu Ende, wenn auch nicht sofort oder allerdemnächst. Erste Anzeichen jedoch waren unverkennbar und nicht mehr rückgängig zu machen.
    Später am Abend wurden die Aufgaben verteilt. Ich durfte beim »Herausschaffen« mithelfen und sollte die Fuhren hin- und herlenken. Cripps würde die Soden von den Torfringeln auf den Eselskarren packen. Mr. Chamberlain aber war der Mietenbauer. Er hatte sich auf dem Gebiet einen gewissen Ruf erworben, und ihm eine weniger schwierige Aufgabe zu erteilen, wäre undenkbar gewesen.
    Der folgende Tag begann hell und klar. Es gab keinen oder nur wenig Wind, die Luft war frisch und kühl. Kein Wölkchen zeigte sich am Himmel, und es versprach ein schöner Tag zu werden. Mr. Chamberlain hatte mit seiner Vorhersage recht gehabt. Im Verlaufe des Vormittags stieg die Sonne höher, und es wurde deutlich wärmer. Jedes Mal, wenn ich den Eselskarren hochkantete und eine neue Ladung auskippte, nickte Mr. Chamberlain anerkennend, machte aber noch keine Anstalten, mit dem Aufschichten des Stapels zu beginnen. Er zeigte nur, an welcher Stelle ich den Karren auskippen sollte. Natürlich wusste er genau, wie er vorzugehen hatte. Gleich zu Beginn hatte er die Torfringel gezählt und überschlagen, wie viel Platz er brauchte, um die gesamte Torfausbeute unterzubringen. Mit gleichmäßigen Schritten maß er die Fläche ab, und um auch ganz sicher zu sein, maß er mit Fußlängen noch einmal nach. Auf diese Weise steckte er eine rechteckige Grundfläche ab, die seinen Vorstellungen entsprach. Schon in den Jahren zuvor hatte ich zugesehen, wie er Torfmieten auftürmte. Am ganzen Moor gab es keinen, der bei dieser Arbeit mit mehr Sorgfalt zu Werke ging. Diesmal schien er ganz besonders wählerisch zu sein. Jede Sode wog er in der Hand, und ab und an legte er große, wohlgeformte Torfziegel beiseite. Die würde er später in der Außenschicht verbauen.
    Wir arbeiteten emsig den ganzen Vormittag über, derweil die Septembersonne am wolkenlosen Himmel höher stieg. Grad um Grad näherte sie sich dem Zenit, und in dem Maße wuchs auch die Torfmiete. Schließlich legten wir eine Mittagspause ein, die die Brüder aufs Sorgfältigste vorbereitet hatten. Während ich mit einer Fuhre unterwegs war, hatte Mr. Chamberlain eine Feuerstelle für den Wasserkessel gebaut. Der gebogenen Tülle entströmte bereits ein steter Dampfstrahl. In ein weißes Baumwolltuch war ein tüchtiges Stück gekochter Schinken gewickelt, und in einem anderen Tuch verbarg sich mindestens ein Pfund Käse. Auch ein Laib selbstgebackenen Brots war da und ein ordentlicher Batzen Butter. Sobald der Tee genügend gezogen hatte, machten wir uns ans Essen.
    Zwischen den Bissen meinte Sir Stafford: »Frische Moorluft ist die beste Würze.«
    Ich war zu sehr mit Kauen beschäftigt und blieb lieber still.
    »Nichts geht über einfache Hausmannskost«, fuhr Sir Stafford fort. Und so redete er weiter und weiter, bis wir alle genug gegessen und getrunken hatten. Dann lehnten wir uns zurück und ließen es uns gut gehen. Das war der beste Teil des Tages. Andere Männer, die wie wir im Torfstich zu tun hatten, gesellten sich zu uns, und gemeinsam diskutierte man über die neuesten Nachrichten vom Krieg. Der Duft von Heidekraut und Geißblatt überdeckte den Schweißgeruch der Männer. Für mich war es die Stunde, die Schönheit der sonnenbeschienenen Moorlandschaft zu genießen, während die Erwachsenen von irgendwelchen wichtigen Sachen redeten. Immer wieder stiegen Lerchen von ihren Verstecken im Heidekraut auf und drehten ihre Kapriolen. Die Luft war glasklar. Den leichten Frühdunst hatte die wärmende Sonne längst aufgelöst, man konnte sehen, soweit das Auge reichte. Mittlerweile ereiferte man sich über die Stadtbewohner.
    »Ich habe gesehen, wie die das machen«, erzählte Sir Stafford. »Die raufen sich erst mal die Haare, weil sie nicht wissen, wie sie die Ringel aufstellen sollen. Halbschuhe haben sie an, als ginge es auf den Tanzboden; und wie die eine Torfschippe anpacken, die bringen sich bald um dabei.«
    Für alle unerwartet schaltete sich Mr. Chamberlain ein und bot einen seiner seltenen Beiträge zum

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