Whisky: Mord im schottischen Schloss (German Edition)
stickige Büro. McCoinnich sah von seinen Papieren auf und rief: „Na, du untreue Tomate? Hast du das Pferd rasiert?“
Isabelle nickte und legte ihm den sorgfältig zugeklebten Briefumschlag auf den Tisch. Er steckte ihn in seine Jackentasche.
„Was wollen Sie jetzt damit tun?“
Nachdenklich bewegte er den Kopf hin und her. „Ich habe nachgedacht. Und in ein paar Bücher geschaut. Hier, “ er stieß seinen Zeigefinger auf eine Stelle in einem dicken, aufgeschlagenen Buch, „ist ein Artikel über Doping. Alle verschiedenen Stoffe, alle Darreichungsformen. Vom Auf-die-Stirn-reiben steht allerdings nichts geschrieben. Und daher werde ich morgen beim Turf-Club vorsprechen. Dafür sind die ja da. Und du? Wie geht es dir?“
„Prima.“
„Siehst blass aus.“
„Ich komme kaum noch an die Luft.“
Er nickte. „Würde mich freuen, wenn du dort Karriere machst. Ich habe dich immer für etwas Besseres gehalten.“
„Pferde pflegen ist nichts Schlechtes.“
Er grinste. „Noch einen kleinen Schluck, bevor du wieder zurückreitest?“
Sie dachte mit Schrecken an das mit Medikamenten unterdrückte Unwohlsein und schüttelte den Kopf.
So schnell sie konnte ritt sie zurück.
Im Stall wurde sie von einer ungehaltenen Camilla empfangen. „So geht das aber nicht, dass du stundenlang wegbleibst und bei niemandem hinterlässt, wo du bist. Ich musste die Gymnastikstunde ausfallen lassen, um den Gästen die Pferde zu satteln. Du weißt, wie ich das hasse.“
Isabelle grinste bei dem Gedanken, dass Camilla die Widerspenstigen satteln und aufzäumen musste. Besonders letzteres. Sie hatte den Trick noch immer nicht heraus.
„Komm’ mal mit, ich muss dir etwas erzählen.“
So gingen in die Sattelkammer, ließen aber die Tür angelehnt.
„Als du gestern Abend hier herausgegangen bist, habe ich Connaugh noch durch das Schlüsselloch beobachtet und gesehen, wie der seinem Pferd mit einem Wattebausch etwas aus einer kleinen Flasche auf die Stirn tupfte. Das habe ich meinem früheren Chef erzählt und der meinte, es sei das Sicherste, eine Probe der Haare analysieren zu lassen.“
„Ach Gott, was Connaugh mit seinem Pferd macht, ist doch ziemlich egal, oder? Ich meine, er wird es ja nicht umbringen wollen, so wie er an ihm hängt.“
Isabelle biss sich auf die Lippen. Dass mit dem Pferd etwas nicht koscher war, konnte sie nicht erzählen, ohne mit der ganzen Geschichte des vorigen Abends herauszurücken.
„Ich habe ein paar Haare abgeschnitten und sie vorhin McCoinnich gebracht. Der wird sie in London analysieren lasse.“
„So ein Aufstand? Er hat dem Pferd wahrscheinlich nur Chinaöl oder Tigerbalsam auf die Stirn getupft. Außerdem ist es seine Sache.“
„Ich bin einfach nur neugierig. Lass’ mich doch.“
Camilla seufzte. „Na gut. Heute werden wir unsere liebe Gianna los. Bist du auch ordentlich traurig?“
„Sehe ich etwa erleichtert aus?“
Beide lachten.
„Ist sie denn schon abgereist?“ fragte Isabelle.
„Ich weiß nicht. Gesehen habe ich sie noch nicht.“
„Komm, wir sehen mal nach.“
Gemeinsam gingen sie zum Hotel, stöberten im Empfang, in der Küche, beim Pool, auch in der Destille war sie nicht mehr gesehen worden.
„Wahrscheinlich ist sie schon weg.“
Sie gingen nach vorn zum Parkplatz, das Auto, was sich Gianna gekauft hatte, war verschwunden.
„Na bitte, eine Sorge weniger. Jetzt können wir endlich effizient arbeiten, ohne immer wieder Nackenschläge zu bekommen.“
KAPITEL X
Fassungslos hielt Georg die gedruckten Bilder in der Hand. Er hatte sie im Photoladen vergrößern lassen wollen, aber das war nicht nötig gewesen. Er erkannte auf dem gestochen scharfen Bild die Ex-Frau Axels mit einem Blick. Er war völlig verwirrt durch die Straßen Londons gegangen, in einem Pub gelandet und hatte sich geistesabwesend ein Lager bestellt. Immer und immer wieder holte er die Bilder aus dem Umschlag und besah sie. Dann trank er aus und nahm sich ein Taxi zu der Adresse, die er schon einmal aufgesucht hatte.
Er klingelte und hatte Glück. Die junge Frau im Souterrain war zu Hause und strahlte Georg an.
„Ach, Sie sind’s! Kann ich Ihnen noch irgendwie helfen? Hat sich etwas ergeben?“
„Ja“, murmelte Georg. „Entschuldigen Sie, dass ich Sie noch einmal stören muss, aber…“
„Kommen Sie doch herein!“
Wieder fand er sich in der Küche mit einer Tasse Tee wieder. „Unsere Pubs scheinen die Leute vom Kontinent magisch anzuziehen“, grinste die
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